5. August 2009

Siebenbürgisch-sächsische Kultur nicht totschweigen

Eine Delegation parlamentarischer Berater aus Bukarest besuchte am 22. Juli die Bundesgeschäftsstelle des Verbandes in München. In Begleitung einer Vertreterin der Hanns-Seidel-Stiftung wollten die meist jungen politischen Berater mehrerer Fraktionen und Mandatsträger des Bukarester Parlamentes den Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland und die Sorgen und Nöte seiner Mitglieder kennen lernen.
Als allgemeines Problem in Rumänien thematisierten die Gesprächsteilnehmer zuerst die Korruption, die sowohl auf höchster Ebene als auch in den örtlichen Verwaltungen nicht genügend bekämpft werde. Das größte Problem, das die Mitglieder des Verbandes in ihren Beziehungen zu Rumänien beschäftige, sei die Rückgabe des enteigneten Vermögens, erklärte der Bundes- und Föderationsvorsitzende Dr. Bernd Fabritius. Dem Verband bereite die aktuelle rechtliche Entwicklung auf diesem Gebiet und die Anwendung bestehender Gesetze Sorge. Die Behördenpraxis auf kommunaler Ebene sei mangelhaft und gebe Anlass zu vielerlei Ärgernissen, betonte der Bundesvorsitzende.

Als weiteres Problem sprach er das kulturelle Erbe der Siebenbürger Sachsen an, das in Rumänien nicht ausreichend geschützt werde. So werde z. B. in einer von der nationalen Tourismusagentur Rumäniens herausgegeben Publikation die Geschichte der Siebenbürger Sachsen und deren Existenz in Siebenbürgen einfach verschwiegen. Auch weitere Beispiele ähnlicher Leugnung und Geschichtsklitterung wurden erörtert. Nach Ansicht von Fabritius sollte ein gesundes Nationalbewusstsein die Existenz anderer Ethnien ertragen. Das harmonische Miteinander in Rumänien sei ein Schatz, auf den man aufbauen könne. Er appellierte an die Verantwortungsträger in Rumänien, die Existenz der Siebenbürger Sachsen in Rumänien nicht totzuschweigen, sondern als Teil der Landesgeschichte zu verstehen.
Bundesvorsitzender Dr. Bernd Fabritius (3. von ...
Bundesvorsitzender Dr. Bernd Fabritius (3. von links) und Bundesgeschäftsführer Erhard Graeff (2. von links) im Gespräch mit den parlamentarischen Beratern aus Rumänien im Sitzungssaal der Bundesgeschäftsstelle. Foto: Siegbert Bruss
Regierungsberaterin Monica Presecan berichtete von mehreren Bildbänden zu den siebenbürgisch-sächsischen Kirchenburgen, die das Departement für Internethnische Beziehungen in Bukarest herausgegeben habe oder plane, gerade um auf das deutsche Kulturerbe aufmerksam zu machen. Auch würden die weitaus meisten ihrer Landsleute die Auswanderung der Siebenbürger Sachsen zutiefst bedauern. Sie bot an, derartigen bedauerlichen Entwicklungen entgegenzuwirken, wenn solche ihrem Departement gemeldet würden.

Rückkehr nach Siebenbürgen unwahrscheinlich

Auf die von einem Teilnehmer geäußerte Frage, ob die Siebenbürger Sachsen wieder nach Rumänien zurückkehren würden, äußerte Dr. Bernd Fabritius einige Bedenken. Zwar werde es in Einzelfällen zu Rückwanderungen kommen, eine allgemeine Rückkehr sei jedoch nicht wahrscheinlich. Die Siebenbürger Sachsen seien in ihrer neuen Heimat gut integriert, hier hätten sie im Laufe vergangener Jahrzehnte Wurzeln geschlagen. Das Rad der Geschichte ließe sich wohl leider nicht zurückdrehen. Zudem würde eine massenweise Rückwanderung zu erheblichen wirtschaftlichen und sozialen Problemen in den Städten und Dörfern führen, die früher von Siebenbürger Sachsen, heute jedoch mehrheitlich oder nur noch von Rumänen bewohnt würden. Der gangbare Weg sei vielmehr ein anderer: „In einem vereinten Europa verlieren die Grenzen und der jeweilige Wohnort an Bedeutung. Deshalb wollen wir die grenzüberschreitende Identität der Siebenbürger Sachsen fördern. Es kommt heute nicht mehr darauf an, ob wir Siebenbürger Sachsen in Hermannstadt, in Kronstadt, in München, in Gummersbach oder gar in Kitchener, in Youngstown wohnen. Wichtig ist, dass wir gemeinsam die Probleme angehen, die uns betreffen“, erklärte Dr. Fabritius.

Dr. Bernd Fabritius und Bundesgeschäftsführer Erhard Graeff stellten den Verband und die weltweite Föderation der Siebenbürger Sachsen vor. Der Verband pflege traditionell einen konstruktiven Dialog mit dem Herkunftsland und nehme eine aktive Brückenfunktion in den deutsch-rumänischen Beziehungen wahr, in welcher auch kritische Fragen einer Lösung im Konsens zugeführt werden könnten. Es wurde vereinbart, einen engen Kontakt zu pflegen, wenn Problemlösung dieses erforderlich mache.

Die Delegation parlamentarischer Berater aus Bukarest knüpfte vom 20. bis 23. Juli erste Kontakte zum Bayerischen Landtag und der Staatskanzlei in München. Ziel des Besuches war auch ein Informationsaustausch, um die Arbeit und Aufgaben bayerischer Parlamentarier kennenzulernen. Die Delegationsreise wurde von Luise Schifter-Popescu, stellvertretende Projektleiterin der Hanns-Seidel-Stiftung in Bukarest, betreut. Die Delegationsteilnehmer sind hauptsächlich in den Bereichen Außenbeziehungen und Minderheitenpolitik tätig.

S. B.

Schlagwörter: deutsch-rumänische Beziehungen

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