5. April 2015

Die Mitte des christlichen Glaubens: Karfreitag und Ostern im Spannungsfeld unserer Lebenswirklichkeit

Karfreitag und Ostern bilden, innen zusammengehörend, die Mitte des christlichen Glaubens und Lebens. Rational unzugänglich, nehmen Karfreitag und Ostern die Christenheit aller Zeiten in ein Nachempfinden, in dem sich die eigene Lebenswirklichkeit, im Glauben und Zweifeln, widerspiegelt. Sind es doch die bleibenden Werte wie Treue, versöhnte Gemeinschaft und verantwortungsvolle Zusammengehörigkeit, die bei uns Menschen leider viel zu oft verraten werden, was schweren Schaden in den zwischenmenschlichen Beziehungen des Alltags herbeiführt.
Die Silberlinge des Judas und die Verleugnung des Petrus finden alltäglich, in unserer sogenannten „offenen Gesellschaft“, unzählbare Vervielfältigung. Das widerspiegelt sich auch in der großen Politik. Es ist nicht nachzuvollziehen, dass in einem Europa mit christlicher Prägung wieder Panzer rollen und das Miteinander der Menschen bestimmen, wie es derzeit in der Ukraine geschieht. Es ist auch nicht zu begreifen, dass die andere Weltreligion, der Islam, eine Religion des Friedens, sich selbst auseinanderdividiert und aus unterschiedlichem Selbstverständnis einen tödlichen Kampf, auf Kosten von unschuldigen Kindern, Frauen und Männern, gegeneinander führt.

Nun feiert die Christenheit wieder Karfreitag und Ostern und ist angehalten, auch jenseits der Freude über Frühlingsblumen und farbenfrohe Symbole, über Kreuz und Auferstehung nachzudenken.
Das letzte Abendmahl. Darstellung von Simon ...
Das letzte Abendmahl. Darstellung von Simon Pictor und Benedict Moler vom alten Hermannstädter Altar, 1519. Foto: Hermann Fabini
Die Bildenden Künste haben zu allen Zeiten das Menschliche und Allzumenschliche mit bleibenden Aussagen dargestellt. So das nebenstehende Gemälde mit der Darstellung des Abendmahles. Es ist Teil des alten Hermannstädter Altars. Das Foto hat mir dankenswerterweise mein Schulfreund, Architekt Hermann Fabini aus Hermannstadt, mit entsprechend ausgesuchten Daten aus der vorhandenen Fachliteratur zugeschickt. Das Kunstwerk wurde 1519 von Simon Pictor und Benedict Moler angefertigt. Es entstand also in der Übergangszeit vom ausklingenden Mittelalter hin zur Renaissance (und Beginn der Reformation), worauf die Darstellungen und Rundbögen hinweisen. Fachleute vermuten einen Einfluss der Schule von Albrecht Dürer und Albrecht Altdorfer. Als Vorlage hat der Bericht über das Abendmahl im 26. Kapitel des Matthäus und 22. Kapitel des Lukas gedient. In Bezug auf die Anordnung der Jüngerschar ist festzustellen: Auf der linken Bildseite, mit einem leicht angedeuteten Heiligenschein, hält Jesus die linke Hand segnend über den nicht leicht zu erkennenden Lieblingsjünger Johannes, der seinen Kopf in Jesu Schoß legt. Mit erhobener Schwurhand, an der gleichen Seite, ist Petrus mit seinem Treuebekenntnis zu seinem Herrn gut erkennbar. Im Gesichtsausdruck der Jünger kommt die unterschiedliche Betroffenheit auf Jesu Aussage (Lukas 22,21) zum Ausdruck: „Doch siehe, die Hand meines Verräters ist mit mir am Tisch“. Es ist bemerkenswert, dass Judas Iskariot, mit hellem Gewand dargestellt, sich von der Tischrunde abwendet. In seiner ausgestreckten Hand hält er den Geldbeutel mit dem „Judaslohn“, womit er aus der Runde ausgegrenzt ist. Er soll die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich lenken. Das ganz Besondere an dieser Darstellung des Abendmahles ist der lang ausgestreckte Arm Jesu, der Judas das Brot reicht. Eine Geste, die deutlich machen will, dass es trotz Verleugnung und Verrat, trotz schrecklichem Kreuzesleiden, Kraft der Auferstehung Jesu von den Toten, ein neues Leben geben wird.

Das ist die Botschaft von Karfreitag und Ostern. Das erlebt die Gemeinde in der Feier des Abendmahles, zu dem alle in diesen Tagen herzlich eingeladen sind. „Damit wir Kinder würden, gingst du vom Vater aus, nahmst auf dich unsre Bürden und bautest unser Haus. Von Westen, Nord und Süden, von Morgen ohne Zahl sind Gäste nun beschieden zu deinem Abendmahl“. (Albert Knapp)

Dazu wünsche ich Ihnen, allen Kranken und Gesunden, Alten und Jungen, nachdenkliche, frohe und gesegnete Osterfeiertage.

Hermann Schuller, Dekan i.R.

Schlagwörter: Ostern, Religion

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