7. November 2016

Hundertjährige Alida Tellmann im Siebenbürgerheim Rimsting

Die Jubilarin Alida Tellmann, die heute im Siebenbürgerheim Rimsting am Chiemsee wohnt, ist eine Vertreterin der Generation, die zwei Weltkriege, Deportation in die damalige Sowjetunion, kommunistische Diktatur, Zwangsevakuierung und letztlich die Auswanderung in die Bundesrepublik erlebt hat.
Aber der Reihe nach: Alida Zita Tellmann, geborene Einschenk, wurde am 1. November 1916 als viertes von acht Kindern (Orgelpfeifen) geboren. Ihr Vater war der in Siebenbürgen bekannte Orgelbauer Karl Einschenk (1867-1951), der Gründer der Musikinstrumentenwerkstatt in der Schwarzgasse in Kronstadt. Die Firma wird vom Enkel des Firmengründers, Arnulf Einschenk, weitergeführt und konnte in diesem Jahr ihr 120. Jubiläum feiern. Ihre Mutter war Friederike Einschenk, geborene Rothenbeck.

Ihr Geburtstag fiel auf einen Tag, an dem die Kämpfe um Kronstadt im Herbst 1916 voll entbrannt waren. Der Kanonendonner deutete von ihrer Geburt an auf ein ereignisreiches Leben und so sollte es auch werden. Nach Abschluss der Schule kam sie ins väterliche Geschäft, um „Musikinstrumente zu verkaufen“. Im Juli 1936 heiratete sie Reinhold Tellmann, aus der Tuchfabrikantenfamilie Tellmann. Aus der Ehe entsprangen drei Kinder, Rolf (1937), Erika (1940) und Hannelore (1942) sowie sieben Enkel und neun Urenkel.
Die hundertjährige Alida Tellmann in Rimsting. ...
Die hundertjährige Alida Tellmann in Rimsting. Foto: W. Philippi
Das Familienglück währte leider nicht lange, denn im Herbst 1944 wurde ihr Mann Reinhold verhaftet und ins Lager nach Târgu Jiu gebracht. Der nächste Schicksalsschlag ließ nicht lange auf sich warten, denn im Januar 1945 wurde Alida von ihren Kindern weggeholt und, wie rund 30000 andere Siebenbürger Sachsen, zur Zwangsarbeit in die damalige Sowjetunion deportiert. Auch ihr Mann wurde, aus dem rumänischen Lager weg, nach Russland deportiert. Sie wussten nichts voneinander. Die schweren Jahre der Deportation haben beide irgendwie überstanden. Schon 1952 folgte der nächste Schlag, die Zwangsevakuierung aus Kronstadt nach Elisabethstadt, wo das Ehepaar bis zur Umsiedlung nach Deutschland im Jahr 1977 lebte. Erst in Deutschland kam das Leben der Jubilarin in ruhigere Gewässer. Sie entdeckte im Alter von 60 Jahren die Malerei. Wer kennt nicht die unzähligen Ölbilder, bemalten Teller und Kacheln mit siebenbürgischen Motiven, die heute die Wohnungen vieler Landsleute in der ganzen Welt schmücken? Alida Tellmann fertigte außerdem künstlerisch gebastelte Briefumschläge an, liebevoll bemalte Karten und andere Gegenstände, die anlässlich der 60-Jahr-Feier des Siebenbürgerheims Rimsting im Jahr 2013 ausgestellt wurden.

Vor 21 Jahren, im August 1995, starb ihr Mann Reinhold in Wolfratshausen. Trotz der vielen erlittenen Schicksalsschläge hat Alida dieses hohe Alter erreicht und wir wünschen ihr zum 100. Geburtstag alles nur erdenklich Gute und noch eine gute Zeit im Siebenbürgerheim Rimsting am Chiemsee, wo die Jubilarin seit Januar 2010 ihren Lebensabend verbringt.

Werner Philippi, Hilfsverein der Siebenbürger Sachsen „Stephan Ludwig Roth“ e.V.

Schlagwörter: Jubilarin, Rimsting, Siebenbürgerheim

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