29. Dezember 2021

Leserecho: Kurhaus auf der Hohen Rinne ging verloren

Zum Artikel „Universitätsstadt ohne eigene Universität“, erschienen in Folge 15 vom 28. September 2021, Seite 9
Rumänische Studenten erwarten Marschall Ion ...
Rumänische Studenten erwarten Marschall Ion Antonescu am 18. Juli 1943 zu einem Besuch im Bergheim Hohe Rinne. Foto: Iulian Pop, Bildarchiv: M. Dragoteanu
In ihrem Beitrag beleuchtet die bekannte Politologin Dr. Anneli Ute Gabanyi detailliert die Hintergründe, Umstände und Bedeutung des Umzugs im Jahr 1941/42 der Klausenburger ­rumänischen Universität – gegründet 1919 als „Universität Dacia Supe­rioa­ră“, umbenannt 1927 nach dem Tod des Königs in „König Ferdinand I.-Universität“ – nach Hermannstadt. Teil dieser enormen logistischen Maßnahme war die Bereitstellung der notwendigen Räumlichkeiten in Hermannstadt. In dieses Kapitel der Umsiedlung wurde der Siebenbürgische Karpatenverein (SKV) auf sehr schmerzliche Art und Weise involviert. Diese Ereignisse, die in Gabanyis Aufsatz nicht erwähnt werden, will der Autor dieses Beitrags nun dem geschätzten Leser näherbringen.

Die Sektion Hermannstadt des SKV hatte in den Jahren 1891-1896 auf der Hohen Rinne (in einer Höhe von über 1400 m) eine für die Zeit und den Karpatenraum einzigartige Kureinrichtung geschaffen. Dafür hatte die Sektion am 21. November 1891 mit der Gemeinde Großau (rumänisch Cristian) einen Pachtvertag abgeschlossen, der ihr für 50 Jahre (bis 31. Dezember 1941) das Nutzungsrecht des ca. 35 ha großen Grundstückes sicherte, zum Zweck der Errichtung einer Kuranstalt. Für die zu errichtenden Gebäude sicherte die Gemeinde kostenlos das notwendige Bauholz, alle Gebäude blieben jedoch im Besitz der Gemeinde. Baubeginn war im Frühjahr 1892. Das Kurhaus auf der Hohen Rinne, bestehend aus mehreren Gebäuden und der notwendigen Infrastruktur, wurde – nach Überwindung mancher unvorhersehbaren Widrigkeiten und dank einer einmaligen Einsatzbereitschaft physischer und finanzieller Art aller ihrer Mitglieder sowie der Unterstützung seitens der siebenbürgisch-sächsischen (und auch rumänischer) Institutionen – am 10. Juni 1894 feierlich eröffnet. Bis zur Eröffnung hatte die Anlage 90477,52 Kronen gekostet, davon wurden 48137,52 Kronen durch Spenden und der Rest durch Darlehen mit der Bürgschaft von Dr. Karl Conrad gedeckt.

Schon Jahre vor dem Auslaufen des Vertrages bemühte sich der SKV um eine Lösung zur Nutzung der Liegenschaft über das vertraglich festgelegte Datum hinaus. Die beiden Vertragspartner wurden sich – mit Einverständnis der rumänischen Tourismusbehörde – einig. „Als aber die Vertreter der Sektionsleitung am vereinbarten Lizitations-Termin – dem 26. November 1940 – in Großau erscheinen, müssen sie dort feststellen, dass die Oberbehörde – (die Präfektur) – die Lizitation verboten hatte. Die Vorsprache bei der Behörde lässt erkennen, dass man hier die Neuverpachtung an den SKV verhindern will.“

Nun muss man das politische Klima im Land im Auge behalten: Unter deutscher Mitwirkung verlor Rumänien durch den Zweiten Wiener Schiedsspruch vom 30. August 1940 einen Großteil Siebenbürgens an Ungarn. Es war nur verständlich, dass im Land eine deutschfeindliche Stimmung aufkam, in Hermannstadt gefördert durch die aus Klausenburg geflohene rumänische Bevölkerung. Unter diesen Bedingungen „wurde nach wiederholten Interventionen des SKV ein neuer Lizitationstermin auf den 3. Juli 1941 anberaumt. Bei dieser Lizitation erscheinen im Gemeindehaus in Großau unerwartet drei Vertreter der Universität Klausenburg und treiben in der Lizitation die Pachtsumme bis zu einem für die Kurhauseinnahmen unerhört hohen Preis (von 155 000 Lei Jahresmiete), dass die Vertreter des SKV nicht weiter mitbieten konnten“ (Zitate aus dem Jahrbuch 1942 des SKV). Die Universität begründete ihre Teilnahme an der Versteigerung mit dem Bedarf des Anwesens als Erholungsort der Studenten und des Lehrkörpers, um der bedrückenden Sommerhitze Hermannstadts zu entfliehen. Die Hoffnung des SKV, unter der Mitwirkung der Volksgruppe und, dank der starken reichsdeutschen Präsenz in Rumänien, die Geschehnisse zu seinen Gunsten zu beeinflussen, erwies sich als nichtig. Zum 31. Dezember 1941 musste der SKV alle Gebäude räumen und am 25. Januar 1942 erfolgte die Übergabe an die Vertreter der Universität. Im Sommer 1942 eröffnete die Klausenburger Universität in diesen Häusern auf der Hohen Rinne ihren „Căminul de Munte Păltiniș“ (Bergheim Hohe Rinne) für Studenten, die Waisen waren bzw. deren Eltern in dem an Ungarn verlorenem Gebiet lebten.

Somit war das Schicksal dieses kleinen, einmaligen, von Siebenbürger Sachsen geschaffenen Paradieses, an dessen Genuss sich alle Völker Siebenbürgens und Rumäniens erfreut hatten, besiegelt. Im Sommer konnten die Touristen zwar im vom rumänischen Touring-Club verwalteten „Touristenhaus“ Unterkunft und Verpflegung finden (SKV-Mitglieder kamen in den Genuss von Ermäßigung), im Winter aber herrschte nicht mehr der rege Betrieb wie zu SKV-Zeiten. Dies gehörte in „Universitätsstadt ohne eigene Universität“ – wenn auch nicht so detailliert – erwähnt zu werden.

Manfred Kravatzky, Bahlingen a.K.

Schlagwörter: Leserecho, Klausenburg, Universität, SKV, Geschichte

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Neueste Kommentare

  • 30.04.2023, 17:19 Uhr von Gabanyi: Vielen Dank für Ihren detaillierten Kommentar, Herr Krawatzky. Mit freundlichen Grüßen Anneli ... [weiter]

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