4. Oktober 2023

Leserecho: So lasst uns diskutieren!

Ein Identitätsproblem haben wir nicht. Das sei gleich vorweggesagt: Wo immer wir Siebenbürger Sachsen in dieser Welt leben, sind wir uns fast ausnahmslos unserer Identität bewusst, sowohl als Einzelpersonen wie auch in unserer Gesamtheit, mit unseren Eigentümlichkeiten, die uns von anderen Entitäten oder Individuen unterscheiden. Wir stellen unsere Gemeinschaft und was uns ausmacht, mächtig unter Beweis: Wir sprechen Deutsch und pflegen diese Sprache – schon seit Jahrhunderten. Wir müssen auch keinen „Sprachkampf“ mehr führen. (Oder sollten wir das doch tun, um der gegenwärtigen Sprachverhunzung entgegenzuwirken?). Wir sind eine deutsche Volksgruppe, wie Franken, Friesen oder Bayern. Wir führen vorzeigbare, Gemeinschaft und Brauchtum pflegende Aktionen durch, worum uns so viele beneiden. Unsere kulturellen Äußerungen und Einrichtungen, allen voran Schloss Horneck, sind markant und zeugen von Substanz. Wir haben zu Pfingsten unseren 73. Heimattag in Dinkelsbühl freudig-strahlend begangen. Die Veranstaltung wurde in der 12000 Einwohner zählenden Stadt von ca. 20000 Siebenbürgern besucht, ob aktiv und Programm gestaltend oder nur um mitzuerleben und dabei zu sein. Sie alle haben dazu beigetragen, unserer Identität Ausdruck zu verleihen. 2700 Trachtenträger haben durch ihren Habit gezeigt, wer und was sie sind – wenn das kein Identitätsbewusstsein, keine Identitätsbezeugung war! Beeindruckend! Doch was ist, wenn diese, in der ­Gemeinschaft nach innen und außen gelebten Bekundungen bröckeln? Bröckeln, weil die im Verband der Siebenbürger Sachsen organisierten Mitglieder immer weniger werden, weil unsere finanziellen Mittel dadurch schrumpfen? Es ist vor allem der eingetragene Verein der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, also unser Verband, der dem Zwecke dient, sich „der Förderung und Fürsorge für die Siebenbürger Sachsen und ihrer kulturellen und sozialen Belange“ einzusetzen, die Gemeinschaft zu pflegen, das kulturelle Erbe zu bewahren etc. Das ist nur realisierbar, wenn der Verband lebendig bleibt, dank seiner hohen Mitgliederzahl.

Wir haben also ein Mitgliederproblem, das sich, wenn ungelöst, ausweiten und auch den Verband mit seinen hehren Zielsetzungen schwächen wird. Das ist eine Erkenntnis, derer sich alle ehrenamtlich tätigen Amtsträger, auf allen Gliederungsebenen völlig bewusst sind und auch schon deutliche Schritte getan haben, um Abhilfe zu schaffen. Diese Ansätze müssen immerwährend in unserem Fokus stehen. Und es sind neue, kreative und vor allem professionelle Formen der Mitgliederwerbung vonnöten. Es ist nun mal so: Auch ein Verein, in unserem Fall unser Verband, muss wie ein Wirtschaftsunternehmen geführt werden. Dazu gehört, um erfolgreich zu sein, ein Management mit einem guten Marketing. Zum Marketing-Mix gehört eben auch die Werbung. Das ist in unserer Bundesgeschäftsstelle und auch auf anderen Ebenen durchaus bekannt und wird auch teilweise beherzigt. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass auch mit kleinem Budget erfolgreiches Marketing, also auch Mitgliederwerbung, betrieben werden kann. Es muss nur auf eigene Bedürfnisse zugeschnitten sein. Ein ausgefeiltes Konzept ist unerlässlich. Dazu gehören: klar und eindeutig formulierte Ziele, dahin führende Strategien (d.h. Grundsatzentscheidungen), und festgelegte, überprüfbare Aktionen. Erwiesenermaßen ist das Denken in Aktionen wenig hilfreich. Erst wenn man weiß, wohin man will, macht man sich auf den Weg. Also definiert man erst das Ziel.

Das klingt theoretisch, ist aber umsetzbar, wenn die Bereitschaft dazu da ist. Auch wenn es utopisch anmuten sollte, ich kann mir vorstellen, dass wir innerhalb eines Jahres die heutige Anzahl zahlender Neumitglieder im Verband um 30% bis 40% erhöhen können. Es würde dazu beitragen, dass der Mitgliedsbeitrag gar nicht erhöht werden muss, womit auch die Gefahr, dass einige ihre Mitgliedschaft kündigen, gebannt wäre. Wenn wir wieder mehr Mitglieder zählen, werden wir mehr Möglichkeiten haben, uns zu entfalten und zu „bleiwen wåt mer sen“. Ein starker Verband muss zu unserem Selbstverständnis als Gemeinschaft gehören. Das trägt zum Erhalt unserer Identität bei. Das Thema ist gegeben, zu dessen Erörterung unser Bundesvorsitzender Rainer Lehni aufgerufen hat. So lasst uns allen Ernstes diskutieren! Doch nicht zu lange! Es muss alsbald der zweite Schritt folgen: Handeln.

Dietmar-Udo Zey

Schlagwörter: Identitätsdiskussion, Gemeinschaft, Leserecho

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Neueste Kommentare

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