4. November 2024
Donau-Radtour: Ziel erreicht — Zweck erfüllt
Vierzehn Frauen und neun Männer im Alter von 55 bis 72 Jahren starteten am 25. August in Bukarest/Berceni zur vierten und letzten Etappe (DRT 4) „Von der Quelle der Donau bis zur Mündung ins Schwarze Meer“. Zuerst mussten die auf dem Anhänger festgezurrten Fahrräder fahrtüchtig gemacht werden. Fachkundige Hände schraubten und drehten an Pedalen und Lenkern, um sie in die nutzbare Position zu bringen. Nachdem der Luftdruck in den Reifen überprüft wurde und die Satteltaschen am Gepäckträger befestigt worden waren, konnte das Abenteuer nach Tulcea beginnen.

Am nächsten Morgen setzten wir in Chiciu mit der Fähre ans rechte Ufer des Stroms über und radelten eine Weile im Grenzgebiet mit Bulgarien nach Ostrov, dem Zentrum eines ausgedehnten Weinanbaugebiets. Die Augen erfreuten sich am Grün der Weinberge, das von dem blauen Band der Donau und dem grauen der Asphaltstraße durchschnitten wurde. In der hügeligen Landschaft thronte weit sichtbar auf einer Anhöhe das Kloster Dervent. Die Statue des Feldherrn Decebal mit dem legendären Wolfrachen beherrschte den begrünten Innenhof. Wir erholten uns an der Quelle der Heilung (Izvorul tǎmǎduirii), die der Legende nach vom Heiligen Andreas geweiht worden war. Heute schützt eine kleine Kapelle, deren Innenwände mit biblischen Motiven bemalt sind, das kostbare Quellwasser. In ihrem Schatten verzehrten wir Köstlichkeiten wie Salami, Grammeln, Speck, Käse, Zwiebeln, Paprika, Paradeiser und Gurken. Der weiterführende Schotterweg mit Kalksteingeröll erwies sich als Bremsfalle, denn das Radl holperte von Stein zu Stein. Nach der letzten steilen Anhöhe ging es bergab durch das langgestreckte Dorf Oltina direkt an die Donau zu Nea Nicu. Hier erlebten wir echte rumänische Gastfreundschaft, denn Nea Nicu bewirtete uns mit dem Besten, was Haus und „Fluss“ hergaben. Und das in Überfülle.
Tags darauf steigerte sich der Nieselregen zu einem unangenehmen Dauerregen, der bis zum Nachmittag anhielt. Die Schotterpiste, die uns aus dem Dorf führte, stieg steil bergan, so dass manche Bio-Biker wieder mal schieben mussten. Volle Konzentration erforderte das Bergabfahren auf dem durchfurchten Weg mit losen Steinen. Kurz vor dem einsetzenden Sturzregen fanden wir in Viile Unterschlupf auf der Veranda eines geschlossenen Restaurants. Es ging zwar auf Asphalt weiter, aber der steile Anstieg danach, der Regen und der heftige Gegenwind bewirkten, dass sich die Radlertruppe bis Raşova entlang der Landstraße verteilte. Und wieder war es eine überdachte Terrasse, die uns in Raşova Schutz bot. Wir hingen die klatschnassen Sachen auf und picknickten.
Kurz vor der archäologischen Stätte Capidava brach sich die Sonne eine Schneise durch die Regenwolken und verdrängte sie bald vollständig. So konnten wir die antike Festungsanlage Capidava aus dem 2. Jahrhundert trockenen Fußes besichtigen. Sie wurde unter Kaiser Traian als strategisch wichtiger militärischer Stützpunkt direkt am Ufer erbaut. Ein weiterer Höhepunkt war der Besuch des privaten Museums in Topalu nach der Mittagsrast auf dem dortigen Spielplatz. Die Sammler Dinu und Sevasta Vintilǎ stellen darin über 200 Kunstobjekte von namhaften rumänischen Künstlern aus. Das Ortsschild von Ghindăreşti zweisprachig und mit kyrillischen Buchstaben?! Die beeindruckende russisch-orthodoxe Kirche im Blick, erzählte Herr David ausführlich über die Ansiedlung der Lipovaner.
Die beiden längsten Tagesetappen standen uns bevor: von Hârşova nach Turcoaia und von dort nach Tulcea. Es ging weiterhin bergauf und bergab auf stark befahrenen Nationalstraßen und angenehmeren Nebenstraßen. Am Vormittag begann es zu regnen, ja, in Gǎrliciu ereilte uns sogar eine Unwetterwarnung auf dem Handy. Keine trockene Faser hatten wir mehr am Leibe, als wir uns zur Mittagszeit in Pegenega auf der Terrasse des Rathauses mit Savarine, Amandine und Doboschtorte aus der nahen Konditorei verwöhnten. Manche wählten den geschotterten Dammweg nach Turcoaia, die anderen blieben der Straße treu.
Nach dem opulenten Abendessen im Hotel Troesmis, das sich in der Nähe der archäologischen Ausgrabungsstätte mit dem gleichen Namen befindet, stellte sich die Frage, wer durch das älteste Gebirge Europas, das Mǎcin-Gebirge, radeln wollte. 400 Höhenmeter mussten auf dem Pfad „Dealul cu drum“, der als Trasse für Mountainbikes ausgewiesen ist, bezwungen werden. Vierzehn wollten es wagen. Ich auch. Der Aufstieg in den Bergsattel war stellenweise so felsig, dass alle schieben mussten. Oben hatten wir einen fantastischen Rundblick über die Landschaft. Abwärts radelten wir durch dichten Mischwald auf einem schmalen Pfad, der in eine Forststraße mündete. Nachdem auch wir uns in Horia gestärkt hatten, rüsteten sich (fast) alle, die letzten 40 km bis Tulcea zu radeln. Dort endete der Donauradweg für uns. Wir hatten an sieben Tagen 470 km zurückgelegt, ertrugen Hitze, Regen, Wind und die Unannehmlichkeiten der Landstraße, überwanden insgesamt 3700 Höhenmeter und flickten etwa 15 Platten.
Ein Passagierschiff brachte uns nach Sulina an die Mündung der Donau ins Schwarze Meer. Dort erholten wir uns drei Tage lang von den Strapazen. Mit einem Boot schipperten wir durch die Kanäle zum Roten See (Lacul Roşu) und zum Biosphären Reservat Leteawald. Im Reisebus fuhren wir nach Hermannstadt, wo wir eine kompetente Stadtführung erlebten.
In Holzmengen feierten wir unbeschwert die Durchführung und den Abschluss einer grandiosen Idee: Benefiztour mit dem Radl von der „Quelle der Donau bis zur Mündung ins Schwarze Meer“. Mit welchem Zweck? Um für den Erhalt der Kirchenburg und die Renovierung des Predigerhauses in Holzmengen zu spenden. Glückwunsch allen, deren gute Laune ungebrochen bis zum letzten Tag anhielt und die sich durch ihre Teilnahme spendenfreudig zeigten. Ein herzliches Danke schön an den Organisator Robert Kerker. Er plant eine zweite Benefiztour auf dem gleichen Radweg für 2025.
Karin Scheiner
Schlagwörter: Radtour, Donau, Benefizveranstaltung, Holzmengen
13 Bewertungen:
Noch keine Kommmentare zum Artikel.
Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.