22. August 2008

Der Rattenfänger von Hameln und Siebenbürgen

Glaubt man der Sage „Der Rattenfänger von Hameln“, so stammen einige Siebenbürger von Kindern aus Hameln ab, die ein Rattenfänger im Jahr 1284 entführt hatte. Der Rattenfänger von Hameln ist seit Jahrhunderten Wahrzeichen und Touristenmagnet der Stadt Hameln.
Im Jahre 1284 ließ sich zu Hameln ein wunderlicher Mann sehen, heißt es in den „Deut­schen Sagen“ der Brüder Grimm. Er hatte einen Rock von vielfarbigem, buntem Tuch an und gab sich für einen Rattenfänger aus, indem er versprach, gegen ein gewisses Geld die Stadt von allen Mäusen und Ratten zu befreien. Die Bürger sagten ihm diesen Lohn zu, und der Rat­tenfänger zog sein Pfeifchen heraus und pfiff. Da kamen alsbald die Ratten und Mäuse aus allen Häusern hervorgekrochen und sammelten sich um ihn herum. Als er nun meinte, es wäre keine zurückgeblieben, ging er aus der Stadt hinaus in die Weser; der ganze Haufen folgte ihm nach, stürzte ins Wasser und ertrank. Als aber die Bürger sich von ihrer Plage befreit sahen, reute sie der versprochene Lohn, und sie verweigerten ihn dem Mann, so dass dieser verbittert wegging.

Rattenfänger-Statue in Hameln. Foto: Uwe Konst ...
Rattenfänger-Statue in Hameln. Foto: Uwe Konst
Am 26. Juni kehrte er jedoch zurück in Gestalt eines Jägers, erschrecklichen Angesichts, mit einem roten, wunderlichen Hut, und ließ, während alle Welt in der Kirche versammelt war, seine Pfeife abermals in den Gas­sen ertönen. Alsbald kamen diesmal nicht Rat­ten und Mäuse, sondern Kinder, Knaben und Mägdlein vom vierten Jahre an in großer Anzahl gelaufen. Diese führte er, immer spielend, zum Ostertore hinaus in einen Berg, wo er mit ihnen verschwand. Nur zwei Kinder kehrten zurück, weil sie sich verspätet hatten; von ihnen war aber das eine blind, so dass es den Ort nicht zeigen konnte, das andere stumm, so dass es nicht erzählen konnte. Ein Knäblein war umgekehrt, seinen Rock zu holen und so dem Unglück entgangen. Einige sagten, die – laut Brüder Grimm 130 – Kinder seien in eine Höhle geführt worden und in Siebenbürgen herausgekommen.

Der historische Kern der Rattenfängersage konnte bis heute nicht mit letzter Sicherheit fest­gestellt werden. Unter den vielen Inter­pretatio­nen hat der Hinweis auf die von Nie­derdeutsch­land ausgehende Ostkolonisation den größten Wahrscheinlichkeitsgrad: Die „Kinder von Ha­meln“ sollen auswanderungswillige Hamelner Bürger gewesen sein, die von adligen Territo­rialherren zur Siedlung in Mähren, Ostpreußen, Pommern oder im Deutsch­ordensland angeworben wurden. Dabei wird davon ausgegangen, dass damals wie noch heute alle Einwohner als „Kinder der Stadt“, „Stadtkinder“ bezeichnet werden können. Die „Kinderauszugs-Sage“ wurde später mit einer „Rattenvertreibungs-Sage“ verknüpft. Diese bezieht sich mit Sicher­heit auf die in der Mühlenstadt Hameln im Mittelalter besonders bedrohliche Rattenplage und ihre mehr oder minder erfolgreiche Be­kämpfung durch wirklich professionelle „Rat­ten­fänger“ (Quelle: www.hameln.de).

In Hameln begegnet man dem Rattenfänger auf Schritt und Tritt: als Motiv mit Kinderaus­zug am Brunnen am Rathausplatz, als Glasfens­ter in der Marktkirche, als historische Inschrift am Rattenfängerhaus, als Rattenfänger-Relief am Bürgergarten und an vielen anderen Stel­len. Täglich um 13.05, 15.35, und 17.35 Uhr dreht das Rattenfänger Figuren- und Glocken­spiel am Hochzeithaus seine Runden. Um 9.35 Uhr lässt das Glockenspiel das Rattenfängerlied und um 11.35 Uhr das Weserlied erklingen.

Zu der künstlerischen Verarbeitung der Rat­tenfängersage gehört ein Rattenfänger-Frei­licht­spiel, welches bis 14. September jeden Sonntag um 12.00 Uhr auf der Hochzeitshausterrasse aufgeführt wird, das Musical „Rats“ (jeden Mitt­woch um 16.30 Uhr, bis 10. September). Für 2009 bereitet die Stadt Feiern zu 725 Jahre Rattenfängersage vor. Weitere Infos zu Hameln, dem Rattenfänger und den nach Siebenbürgen ,entführten‘ Kin­dern findet man im Internet unter http://www.hameln.de/tourismus/rattenfaenger.

Uwe Konst

Schlagwörter: Sagen

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