30. Oktober 2003

Leserecho: Den Schlüssel für die Zukunft finden

Leserecho zum Artikel Siebenbürger Sachsen im 21. Jahrhundert von Horst Göbbel und zum Leserbrief von Kunigunde Jakob in der Siebenbürgischen Zeitung, Folge 14 vom 15. September 2003.
Die vielen Fragen, die Horst Göbbel in seinem Beitrag stellt, beschäftigen mit großer Wahrscheinlichkeit eine große Anzahl unserer Landsleute. Es sind nämlich die Fragen, deren Beantwortung die Grundlagen unseres Selbstverständnisses als Siebenbürger Sachsen außerhalb Siebenbürgens betreffen. Die Schwierigkeit der Beantwortung ergibt sich zum überwiegenden Teil aus der Tatsache, dass unsere Gemeinschaft ihres mehr oder weniger abgegrenzten sozialen und territorialen Umfeldes verlustig geworden ist. Unsere Heimat ist jetzt, wie Frau Jakob richtig bemerkt, Deutschland, Österreich, USA usw., zum Teil aber auch immer noch Siebenbürgen. Aus dieser Situation ergeben sich mindestens zwei große Probleme:

- Wem gegenüber wollen wir zeigen, dass wir uns effizienter organisieren können, dass wir ein besseres Bildungssystem haben, dass wir mit der Entwicklung der Zivilisation und der Wirtschaft Schritt halten können usw.?

- Wenn einige von uns herausragende Leistungen erbringen, wie kommen diese der Allgemeinheit unserer Landsleute zugute? Bauen wir uns ein Volksbad, eine neue Straßenbahnlinie oder ein Theater? Welche Nachbarschaft oder welche Gemeinde kann sich durch die Tüchtigkeit ihrer Einwohner hervortun?

Während das erste Problem in geringem Maße noch die in Rumänien lebenden Siebenbürger Sachsen betrifft, bietet das zweite den übrigen Landsleuten Ansätze für die Bewahrung ihrer Identität als bestehende Gruppe. Beispielhaftes ist bereits in den vergangenen 50 Jahren geleistet worden. Es lohnt sich, immer wieder unseren Landsleuten vor Augen zu führen, was alles für die Gemeinschaft getan wurde, besonders für bedürftige und alte Menschen, aber auch für die Jugend: Sozialwerk, Hilfskomitee, Altenheime, Jugendförderung, um nur einiges zu nennen. Nicht vergessen darf man aber auch die vielen kulturellen Einrichtungen, die zwar der gesamten Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, jedoch besonders den Siebenbürger Sachsen einen Orientierungs- und Ankerpunkt bieten: Chöre, Tanz-, Orchester- und Theatergruppen, Sektion Karpaten des DAV, und besonders hervorzuheben das Kulturzentrum in Gundelsheim in seiner Gesamtheit.

Weshalb ich diese Auflistung mache? Um deutlich zu machen, dass nicht nostalgischer Rückblick auf Leistungen unserer Vorfahren und der Gründergeneration der Landsmannschaften unser Selbstverständnis bestimmt, sondern dass für die heutige Generation einiges getan wird. Diese Tatsache muss uns allen bekannt und bewusst werden. Hier liegt meiner Meinung nach aber auch der Schlüssel für die Zukunft. Wir müssen versuchen, unseren Mitgliedern in dieser Richtung noch mehr zu bieten, z.B. Stipendien für begabte Schüler, Studenten und Doktoranden zu ermöglichen, internationalen Schüleraustausch zu finanzieren, außer dem Sterbegeld auch andere Versicherungen über Gruppenverträge anzubieten usw., mit einem Wort, wir müssen zeigen, dass es auch aus sozialer und materieller Sicht günstig ist, Mitglied der Landsmannschaft zu sein. Das dieses Ziel zusätzlicher Anstrengungen bedarf, ist klar, darf uns aber nicht abschrecken. Nur wer ein lohnendes Ziel vor Augen hat, wird sich auch bemühen, es zu erreichen. Die Landsmannschaft vor allem versuchen, neue Ziele zu definieren, die besonders für potentielle Neumitglieder attraktiv sind. Darüber hinaus müssen Wege gefunden werden, die finanzielle Basis aller siebenbürgischen Einrichtungen massiv zu verstärken, um von staatlichen Zuwendungen - die immer unsicher sind – unabhängiger zu werden.

Zum Schluss komme ich noch einmal auf den Beitrag von Frau Jakob zurück. Wenn sie schreibt, Schluss mit der falschen Nostalgie, kann ich zustimmen, nur mit den restlichen Folgerungen nicht. Wir sind keine Heimkehrer. Wir wären sonst Bayern, Hessen Brandenburger oder sonstwas, aber keine Siebenbürger Sachsen. Und um Siebenbürger Sachsen zu bleiben, und das wollen die meisten, brauchen wir eine Vergangenheit, die in unseren Bewusstsein verankert ist und die wir uns immer in Erinnerung bringen können. Deshalb ist die Bewahrung unseres kulturellen Erbes eine unserer Hauptaufgaben, die zu fördern ein dringliches Anliegen aller Siebenbürger Sachsen sein muss, unabhängig davon, ob sie Mitglied der Landsmannschaft sind oder nicht. Ich wünsche mir deshalb, dass eine viel größere Anzahl von Landsleuten, als dieses zur Zeit der Fall ist, und vor allem junge Menschen, in die Landsmannschaft und die vielen anderen Vereine der Siebenbürger Sachsen eintreten und sowohl mit Spenden als auch anderen Zuwendungen unseren Fortbestand ermöglichen.

Hatto Scheiner, Münster-Altheim


So werden die Themen in unseren Diskussionsforen erörtert:

Siebenbürger Sachsen im 21. Jahrhundert

Schluss mit der falschen Nostalgie

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