21. November 2005

Jugendkrimi zu aktueller Problematik

"Anabel und die verschwundenen Zwillinge", ein "Jugendkrimi ab 12 Jahren", ist das literarische Erstlingswerk von Anselm Roth. Im Frühsommer dieses Jahres war ein Hermannstadt-Stadtführer desselben Autors erschienen (siehe Rezension in der Siebenbürgischen Zeitung-Online ), der dadurch auffiel, dass er nicht nur die für den Alltag notwenigen Informationen vermittelte, sondern auch allfällige Tatsachen hinterfragte.
Die 14-jährige Anabel Stoica ist eine perfekt Deutsch sprechende Rumänin aus dem Dorf Rauthal/Roandola bei Großlasseln. Mit dem Schulbus fährt sie täglich nach Mediasch, wo sie die 8. Klasse der deutschen Schule besucht. In Anabels Leben spielt das Handy eine zentrale Rolle, aber genauso ihre Freundinnen und Freunde, von denen sie gerade zwei verloren hat, die nach Deutschland gezogen sind. Über Deutschland weiß Anabel allerhand, nicht aus der Schule, sondern dem Satelitten-TV. Aus dem "Dorf am Rande der Welt oder knapp dahinter" soll Anabel nun nach München gehen. Für ein Jahr, da ihre Eltern einen einjährigen Arbeitsvertrag bekommen haben.

Die Eltern wollen Geld verdienen, um sich Anlagen zur Käsezubereitung zu kaufen. Nach ihrer Ankunft in München macht Anabel sich sofort auf die Suche nach den aus Lasseln verschwundenen und angeblich in eine Kinderklinik gebrachten Zwillingen Bea und Bella. Damit packt Anselm Roth neben der Problematik der Gastarbeit von Rumänen in Deutschland auch jene der illegalen Adoptionen von Kleinkindern in sein Buch und spinnt daraus einen spannenden Krimi. Wie in einem richtigen Krimi, so geht auch Anabel dem eigentlichen Übeltäter auf den Leim: Sie wird entführt, und doch siegt das Gute. Wie in einem richtigen Krimi sind viele Situationen sehr unwahrscheinlich in ihren Komplikationen und glücklichen Fügungen und faszinieren gerade deswegen. Der völlig "unpädagogische" Roman ist spritzig und witzig geschrieben, in einer Sprache, die jungen Leuten von heute geläufig ist.

Der Autor Anselm Roth, in Hermannstadt geboren, floh mit seiner Mutter als Kind nach Deutschland, wo er Kommunikationswissenschaften, Germanistik und Philosophie studierte. Er arbeitete zeitweilig bei der "Süddeutschen Zeitung" als Redakteur, kehrte nach Hermannstadt zurück und ist nun Mitinhaber des hora-Verlags. Das 126-Seiten umfassende Buch ist auch für die weit über Zwölfjährigen interessant, weil es eine Wirklichkeit schildert, die allzu oft nicht wahrgenommen wird: den komplizierten Alltag einer Achtklässlerin, die aus Siebenbürgen nach Deutschland kommt. Ihr legt der Autor nun viele seiner Beobachtungen über Leben, Alltag, Menschen und Geschehen in Rumänien und in Deutschland in den Mund.

Hannelore Baier


Anselm Roth, "Anabel und die verschwundenen Zwillinge". hora-Verlag, Hermannstadt, 2005. ISBN 973-8226-43-0. Das Buch ist zum Preis von 9,80 Euro im Internet unter www.siebenbuerger.de/shop oder für 16 Lei beim hora-Verlag, Strada N.D. Cocea 9, 550370 Sibiu, E-Mail: roth-hoeppner@hora-verlag.ro, zu beziehen.(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 18 vom 15. November 2005, Seite 9)

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