2. September 2016

Hochzeitsglocken läuten in Martinsdorf

Nach einer Reihe von Jahren wieder in Siebenbürgen zu sein, erschließt sich einem immer ein interessantes Bild: Vertrautes und daneben auch viel ungewöhnlich Neues! Das führt dazu, die alte Heimat jeweils mit neuen Augen zu sehen. Neben dem ernüchternden mehrheitlichen Fehlen der Sachsen, neben Spuren von Verfall dann doch auch Erfreuliches. Von weitem grüßt manch herausgeputzte Altstadt oder Kirchenburg in ihrem Glanz. Und wer nach rechts oder links schaut, merkt, wie viel Gutes sich im Land getan hat. Ungewöhnlich und doch wahr, nicht für möglich gehalten noch vor knapp drei Jahrzehnten.
Am Sonntag, dem 7. August, mittags, rufen die Glocken der betagten Kirche von Martinsdorf zum Gottesdienst. Es soll diesmal kein üblicher sein, sondern verbunden mit einer Trauung. Ungewöhnlich für diese Ortschaft, in der es dergleichen zuletzt vor mehr als einem Viertaljahrhundert gab. Erfreulich, dass Conny und Daniel Hartmann sich hier trauen lassen wollen. Mit seinem Heimatdorf stark verbunden, hat er seine bayerische Braut überzeugen können, hier Hochzeit zu feiern.
Nach mehr als einem Vierteljahrhundert wurde in ...
Nach mehr als einem Vierteljahrhundert wurde in der Kirche in Martinsdorf wieder eine Ehe geschlossen. Foto: Roswitha Henning
Ungewöhnlich – und das galt auch für die Zusammensetzung der Gemeinde. Leute von überall: Einheimische und Sommersachsen, die Stadtpfarrfamilie Servatius aus der Stadt an der Kokel, die aus Mediasch gebürtige Moni mit ihrem aus Hannover stammenden Kai, Orgelbauer Wenzel aus Greifswald, Mischi aus Nürnberg, dort geboren und dennoch wunderbar sächsisch sprechend, und viele andere liebe Menschen von nah und fern, die sich an diesem Tag bei bestem Wetter zu herzlicher Gemeinschaft zusammenfanden. Zum Kirchgang und auf dem Hof von Hannitante, in dem an Tafeln gegessen, getrunken, erzählt, zum Akkordeon gesungen und bis in die Dunkelheit hinein gefeiert wurde. Ein ungewöhnlicher Tag. Ein Eintauchen ins längst Verschüttetes, das man von früher kannte. Wohltuend nicht nur für die Seele.

Zwei Menschen gaben sich in Martinsdorf das Ja-Wort. Ein anderes Pärchen hat sich dort eine Hofstelle gekauft. Andere, ehemalige Dorfbewohner entdecken ihre Heimat neu und richten ihre Häuser wieder her. Nichts für die Mehrheit. Ungewöhnlich und doch bemerkenswert. Und irgendwo richtig, denn nach wie vor haben wir aus Siebenbürgen Stammenden einen emotionalen Anspruch auf diesen Landstrich. Umso besser, wenn man etwas Festes erwirbt, das diese Verbundenheit unterstreicht.

Ein Paar schloss in Martinsdorf den Bund der Ehe, das Wagnis, ein Leben lang füreinander da zu sein und von Gott gesegnet mit guter Zukunft zu rechnen. Kann man Ähnliches für all die erhoffen, die sich zurückbesinnen und neue Brücken nach Siebenbürgen schlagen? Wer möchte das rigoros bestreiten? Die Geschichte war und ist für Überraschungen gut. Und die Zukunft stets offen. Auch für weitere Ungewöhnlichkeiten.

Horst Porkolab

Schlagwörter: Martinsdorf, Gottesdienst

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  • 06.09.2016, 16:26 Uhr von neu7bürger: Herzlichen Glückwunsch. Möge die Ehe bis zu Ihrem Tod glücklich und harmonisch sein. [weiter]

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