17. Oktober 2017

Rinnenfest in Schönau gefeiert

Als Hans Gärtner, Vorsitzender des HOG-Verbandes und der HOG Schönau, zum ersten Mal über Pläne berichtete, ein großes Sachsentreffen in Hermannstadt zu organisieren, war für den ganzen Vorstand schnell klar, dass wir auch in Schönau wieder ein Heimattreffen, mit dem bei unseren Jugendlichen sehr beliebten Rinnenfest, feiern wollten. Das Motto des Heimattreffens war schnell gefunden: „Ehe die Wege zuwachsen, sollte man sie denen zeigen, die sie ohne uns nicht mehr finden können.“
Somit machten sich 211 Schönauer, darunter 36 Jugendliche und elf Kinder, im August 2017 auf nach Siebenbürgen. Als Höhepunkte des großen Sachsentreffens in Hermannstadt bleiben uns der Trachtenumzug, wo wir mit 53 Teilnehmern mitgegangen sind, in bester Erinnerung und natürlich die Aufführung „Bäm Brännchen“ in malerischer Kulisse in Freck. Trotz der großen Hitze während des Umzugs war es ein Genuss, durch die schöne Altstadt zu laufen, getragen vom Beifall der Zuschauer entlang des Zuges. Und wenn der Zug mal ins Stocken kam, wurde sofort ein Schönauer Lied angestimmt. Es war einfach nur Ausdruck von Freude, bei diesem Ereignis dabei zu sein.
Geschafft: Genug Laub für die Rinnenwägen ist auf ...
Geschafft: Genug Laub für die Rinnenwägen ist auf zwei Anhängern verladen und es geht singend zurück ins Dorf. Foto: Klaus Gärtner
Am Montagnachmittag trafen dann nach und nach immer mehr Schönauer in Schönau ein. Schon beim Einbiegen in die Kirchgasse konnte man große Veränderungen erkennen. Dank der Initiative und Tatkraft unseres Pfarrers Alfred Dahinten aus Mühlbach wurde der Kirchturm renoviert – einen ganz herzlichen Dank möchte ich hiermit noch mal aussprechen, da es wirklich eine Überraschung war. Gleichzeitig hatte der Schönauer Bürgermeister Florin Marginean veranlasst, dass der Tanzplatz vor dem Kirchturm gepflastert wurde, sogar Blumenkübel schmückten den Platz.

Am Montag, dem 7. August, ab 18.00 Uhr waren wir in der Nachbargemeinde Seiden zu einem gemeinsamen Kulturabend (Kokeltaler Treffen) eingeladen. Die Bürgermeister von Seiden und Schönau hatten ein sehr schönes Kulturprogramm zusammengestellt, mit viel Gesang und verschiedenen Tänzen aller Nationalitäten. Vielen Dank für die Beiträge der Tanzgruppen aus Bulkesch und Mühlbach, die uns mit sächsischen Tänzen erfreuten. Wenn man jedoch unsere Jugendlichen befragt, hat der sagenhafte schnelle Tanz der Roma am meisten Eindruck hinterlassen.
Die fleißigen Bäckerinnen: über 300 Knaddeln ...
Die fleißigen Bäckerinnen: über 300 Knaddeln wurden gebacken. Foto Klaus Gärtner
Dienstags trafen wir uns, dem Ruf der Glocken folgend, in der Kirche in Schönau. Viele hatten erneut die mitgebrachte Tracht angezogen. Pfarrer Alfred Dahinten gestaltete den Gottesdienst sehr festlich. Lisa Gärtner und Jaqueline Melzer sangen auf eindrucksvolle Weise „Von guten Mächten geborgen“ nach Dietrich Bonhoeffer von der Empore. Vielen Dank dafür. Nach dem Gottesdienst ging man geschlossen auf den Friedhof. Es war ein sehr emotionaler Moment, gemeinsam zu singen und den Vorfahren zu danken, was unser Landsmann Daniel Theil wieder ehrfurchtsvoll übernahm. Anschließend ging jeder zu seinen Familiengräbern.

Knapp 50 Schönauer gingen abends zu Fuß von Schönau „über den Berg“ nach Bulkesch. Die Bulkescher hatten zum Tanzball mit der Musikband „Trio Saxones plus“ eingeladen, und getreu unserem Motto wollten wir unseren Jugendlichen und Kindern zeigen, wie die Großeltern früher ins Nachbardorf zur Schule oder eben auch auf Bälle gegangen sind.

Am Mittwoch stand das „Reiserholen“ aus dem Wald für das Rinnenfest an. Damit dieses Mal auch wirklich alle Burschen singend durch das Dorf fahren konnten, hatte der Vorstand beschlossen, zwei Rinnenwägen zu schmücken. Zwei „Rinnenväter“ waren schnell gefunden: Simon Konnerth, 17 Jahre jung, für die „jungen“ U25-Jährigen und Marco Gärtner, 28 Jahre, für die „alten“ Ü25-Jährigen Burschen. Simon Konnerth beschreibt den Nachmittag so: „Am Mittwoch ging es dann richtig los. Knapp 60 Mann auf zwei Traktoren fuhren singend in den ‚Basch‘(Wald). Dort angekommen, erwartete uns die anstrengendste Arbeit des Rinnenfestes, die für den Wagen vorgesehenen Eichen suchen, fällen und anschließend auf den Traktor laden. Als gebürtiger Stadtmensch hätte ich mir nie träumen können, dass ein paar Baumkronen zu tragen so anstrengend sein könnte … Im Dorf zurück, ging der Trip mit leckeren Knaddeln und Weintrinken zu Ende.“

Diese Knaddeln (Krapfen), es sollen über 300 gewesen sein, haben die Mädels mit den Müttern auf dem Pfarrhof gebacken. Als die Burschen Rinnenlieder singend aus dem Wald kamen, wurden diese auch wirklich blitzschnell verputzt. Gut gestärkt, wurden die Reiser von den Anhängern noch abgeladen, bevor es reichlich Abendessen, siebenbürgische kalte Spezialitäten, gab.

Für den nächsten Morgen hatte man sich aufgrund der vorhergesagten Hitze schon für 6.30 Uhr verabredet. Die Jungs und ihre Väter schmückten die Wagen mit Laub, während die Mädels und ihre Mütter die Blumenkränze und die Initialen der Rinnenväter mit Blumen banden.
Unter Anleitung der Mütter binden die Mädchen den ...
Unter Anleitung der Mütter binden die Mädchen den schönen Kranz als „Schmuck“ für den Rinnenwagen. Foto: Klaus Gärtner
Sehr erfreut waren wir über die vielen Besucher, die in unser Dorf kamen, um sich das einmalig auf der Welt stattfindende schöne Rinnenfest anzuschauen. Eine besondere Freude bereiteten uns die Gäste aus Österreich, die gleich mit einem vollen Reisebus angefahren kamen – die Trauner Blaskapelle. Nach kurzer Führung in unserer Kirche und einer kleinen Stärkung mit Kaffee und Strietzel spielte die Blaskapelle spontan ein Ständchen. Die Blaskapelle einerseits und andererseits die fröhlichen Helfer des Rinnenfestes, die mitsangen, erzeugten eine sehr ausgelassene Stimmung. O-Ton Michael Eckardt: „Es wirkte so, als sei die Welt dort noch voll in Ordnung. Ich habe die Gelassenheit genossen.“ Pünktlich zum Mittag waren beide Wagen fertig geschmückt, und jeder ließ sich die traditionelle Rindstokana schmecken. Um 14.00 Uhr stiegen die Burschen in die Wagen, zogen durchs Dorf, die traditionellen Rinnenlieder singend. Gezogen wurden die Wagen jeweils von einem Paar prächtigen Ochsen und Pferden, die extra aus dem Westgebirge (Munții Apuseni) gebracht worden waren. Auch hier nochmal ganz herzlichen Dank dem Bürgermeister und seinen Mitarbeitern, die uns bei der Beschaffung behilflich waren.

Beide Wagen wurden von Gästen, vielen Kindern und Jugendlichen, Sachsen und Einheimische, begleitet, die nicht nur die Wagen und Wageninsassen nass spritzten, sondern - aufgrund der Hitze- auch immer wieder sich selbst. Ich fand es sehr erfreulich, wie stark sich die jetzigen Bewohner zum Gelingen des Festes einbrachten. Sie reichten den Burschen reichlich Wein und selbst gebackene Knaddeln zur Stärkung in die Wagen. Aufrichtige Freude war greifbar zu spüren. Philipp Wichmann, der noch nie in Siebenbürgen war, beschreibt das Rinnenfest so: „Selbst für die ‚Nichtsiebenbürger‘ wurde durch eine tolle und freundschaftliche Integration der Schönauer dafür gesorgt, dass jeder Teil des Rinnenfestes werden konnte … Eingeschweißte Liedtexte halfen uns sehr, waren aber mit zunehmender Übungsrunde fast überflüssig :).“
Der spannendste Moment des Rinnenfestes: Die ...
Der spannendste Moment des Rinnenfestes: Die Burschen fahren in zwei schön geschmückten Rinnenwägen singend durch das Dorf. Foto: Klaus Gärtner
Nach zwei Stunden war der Umzug vorbei, beide Wagen standen wieder auf dem Pfarrhof, die Burschen sangen und probierten den gesammelten Wein. Und es gab Gelegenheit, Erinnerungsfotos im Rinnenwagen zu machen. Inzwischen hatten sich alle Schönauer in der Kirchgasse eingefunden, viele der jetzigen Bewohner schlossen sich an und kamen in die Kirchgasse zum Feiern. Die Trauner Blaskapelle spielte zum Tanz unter dem Turm auf. Die DJ-Aufgaben übernahmen zu späterer Stunde Simon und sein Papa Horst Konnerth. Es wurde bis in die frühen Morgenstunden gefeiert.

Am Freitag traf man sich in der Früh wieder auf dem Pfarrhof zum Aufräumen und Wagen abschmücken, bevor die meisten aus Schönau abreisten, um Siebenbürgen zu erkunden.

Die vielen Jugendlichen bzw. Gäste, die zum ersten Mal in Schönau waren, haben ihre Sicht zum Rinnenfest kundgetan. Die vielen Berichte können hier unmöglich in voller Länge wiedergeben werden. Aber einige möchte ich doch als Fazit zitieren, zeigen sie uns doch, dass sich die Mühe lohnt und die Gemeinschaft durch solche Treffen gestärkt wird.

Eckhard Renken: „Mein erstes Mal beim Rinnenfest in Schönau war gleichzeitig aufregend und bewegend … bewegend, weil ich hier in Schönau sehen und spüren konnte, dass die siebenbürgische Kultur auch mehr als 25 Jahre nach der Auswanderung noch (!) lebt. Alle waren mit großer Begeisterung und Freude dabei. Nicht nur die so zahlreichen zurückgekehrten Schönauerinnen und Schönauer, sondern insbesondere auch die vielen jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Sie geben die Hoffnung, dass zumindest Teile der siebenbürgischen Bräuche und Traditionen, vielleicht auch ihre Mentalität und Weltsicht erhalten bleiben. Wunderschön, wie die beiden Wagen geschmückt waren und herrlich die Gesänge der oft sehr jungen Mitfahrer. Der Umzug war ein Erlebnis und Spaß.“

Fabian: „Jeder war lustig eingestimmt und begeistert bei der Sache! Trotz oder gerade wegen der mit dem Rinnenfest verbundenen Anstrengung war es ein unglaubliches Fest mit super Leuten, bei dem ich mir öfter dachte: ‚So muss es früher gewesen sein‘.“
Auf dem Feld sind die Quellen leider alle ...
Auf dem Feld sind die Quellen leider alle ausgetrocknet. Deswegen haben wir unsere Rinne auf dem Pfarrhof als "Showrinne" aufgebaut. Sehr zur Freude aller Gäste- hier kam schön gekühlter Wein statt Wasser durch den Hahn! Foto: Werner Konnerth
Rainer: „Das Rinnenfest in Schönau ist ein einzigartiges Ereignis, an dem ich jeder Zeit wieder teilnehmen würde, wenn sich die Chance dazu ergibt. Ich hätte nicht erwartet, dass die Einwohner dieses Fest noch genauso zelebrieren wie die Siebenbürger Sachsen. Die Freundlichkeit und Gastfreundschaft der Bürger fand ich bemerkenswert.“

Jaqueline Melzer: „Es waren ein paar wirklich sehr schöne Tage in Schönau, wo man auch als Gast integriert und willkommen geheißen wurde. Ich bin sehr froh, dabei gewesen zu sein und diese einzigartige Rinnenfest, die dazugehörigen Lieder und die Kokeltaler Kultur und Landschaft kennen gelernt zu haben. Vielen lieben Dank an die Organisatoren für die Mühe, ein so tolles Fest zu veranstalten, und auch an alle Schönauer für die Gastfreundschaft!“

Es bleibt uns die Erinnerung an ein schönes Fest und der Dank an die jetzigen Bewohner von Schönau, die uns das Gefühl gaben, willkommen zu sein und dass auch ein gemeinsames Feiern möglich ist.

Monika Konnerth

Schlagwörter: Schönau, Rinnenfest, Brauchtum, Heimattreffen

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