28. August 2024
Glaube kann Berge versetzen: Renovierte Kirche in Scharosch bei Fogarasch eingeweiht
Zwei Tage vor dem Heimattreffen am Sonntag, dem 11. August 2024, herrschte in der Jakobuskirche in Scharosch ein emsiges Treiben. Die Kirche wurde gesäubert, Teppiche wurden ausgeklopft und Kirchenbänke abgewischt.

Ansprache von Ursula Hummes

Im historischen Roman von Friedrich Wilhelm Seraphin ,Die Einwanderer' wird über die lange Wanderung vor 800 Jahren aus der Rhein-Mosel-Gegend und den angrenzenden Gebieten nach Transsilvanien berichtet, von den Gefahren, von Hunger und Durst, von der Ungewissheit, ob sie unversehrt die andere, die neue Heimat, erreichen. Vom Sterben derer unterwegs, die krank wurden oder verhungerten, von Wegelagerern, die angriffen und töteten. Von wilden Tieren. Von Streitigkeiten untereinander. Seraphin kannte die Herkunftsgebiete der Auswanderer, konnte so ihren langen Weg mit all den Beschwerlichkeiten sehr gut in einem fiktiven, geschichtlichen Roman verarbeiten. Ungefähr 1.800 Kilometer Entfernung, die Auswanderer hatten kein Handy, kein Navy, keinen Kompass, keine Landkarte. Sie richteten sich auf ihrer Reise nach den Himmelskörpern. dem Stand der Sonne und dem Polarstern, dem Mond, den Sternen. Diese waren ihre Fixpunkte, aber ganz besondere Wegemarken waren ihre Zuversicht, ihre Hoffnung, ihr Gottvertrauen, und in hohem Maße – ihr unerschütterlicher Glaube an den Schöpfer. Den Ersten der Tod, den Zweiten die Not, den Dritten das Brot. So wird es vor 800 Jahren auch vielen Einwanderern gegangen sein. Aber – als sie angekommen waren und ihren Platz zum Sesshaft werden gefunden hatten, was machten die Scharoscher? Recht bald wurde ein kleines Kirchlein errichtet, welches im Laufe der Jahrhunderte größer und zur Wehrkirche und Kirchenburg erweitert wurde, die Jakobuskirche. Die Vorfahren, unsere Vorfahren, eine ländlich, bäuerliche Gemeinschaft, keine Großverdiener, täglich hart arbeitend vom Morgen bis zum Abend auf dem Boden, den sie ihr Eigen nennen durften, oft lange eingeschlossen in der Kirchenburg, wenn Mongolen und Türken das Land überrannten. Wie haben sie das alles geschafft? Da muss es doch jemanden gegeben haben, der ihnen Kräfte verliehen hat, der ihnen das gab, was sie brauchten zur Bewältigung ihrer vielen und schweren Aufgaben in der neuen Heimat. Willen, Wollen, Ausdauer, Liebe, Hoffnung, Zuversicht und in besonderem Maße den Glauben an den einen Gott, der sie geführt und geleitet hat, dem sie im Gebet dankten, Vater unser im Himmel. Jakobus, einer der erstberufenen Jünger Jesu und der Namensgeber dieser Kirche, würde sich freuen, wenn er heute unter uns sein könnte, denn er sagt: So ist es mit dem Glauben: Wenn er keine Taten hervorbringt, so ist er tot. Was hat es für einen Wert, wenn jemand behauptet: ,Ich glaube!‘ und seine Taten bestätigen das nicht? (Jak 2, 17) Zu den mit größten Taten der Einwanderer zählten ihre Kirchenbauten, die über Jahrhunderte Bestand hatten und die zusammen eine Kirchenburgenlandschaft bilden, die es vergleichsweise sonst nirgendwo mehr auf der Welt gibt. Sie sind die nach dem Exodus der Siebenbürger Sachsen verbliebenen Zeugnisse ihrer Erbauer und Behüter über Jahrhunderte hinweg, die stummen Zeugen der frühen deutschen Ostbesiedelung durch die Einwanderer im Mittelalter. Heute sind viele Menschen nicht mehr im Glauben verankert, nicht mehr praktizierende Christen, aus welchen Gründen auch immer. Die Kirchenburg ihres Dorfes wird von vielen Sachsen nicht mehr wahrgenommen, lass ihre Fassade doch bröckeln. Deshalb können alle Spender zu Recht glücklich und froh sein, dass sie zur Rettung der Jakobuskirche beigetragen haben, tätig wurden, wie es sich Jakobus gewünscht hätte, um so das Erbe der Vorfahren zu würdigen. Im großen Werk der Weltliteratur, der Tragödie Faust von Johann Wolfgang von Goethe, sitzt der Gelehrte Dr. Heinrich Faust, ein nach Erkenntnis suchender Mensch, in seiner Studierstube, und sinniert über den Makrokosmos, über Gott und die Welt. Am Anfang war das Wort, am Anfang war die Macht? Über sein Erbe, den Besitz überhaupt, nicht unbedingt erfreut, macht er sich Gedanken, die aber dann doch zu einer positiven, bejahenden Einsicht führen, Erbe und Besitz betreffend. Du alt Geräte, das ich nicht gebraucht, du stehst nur hier, weil dich mein Vater brauchte. Du alte Rolle, du wirst angeraucht, so lang an diesem Pult die trübe Lampe schmauchte. Weit besser hätt ich doch mein Weniges verprasst, als mit dem Wenigen belastet hier zu schwitzen! Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen. Was man nicht nützt, ist eine schwere Last, nur was der Augenblick erschafft, das kann er nützen. Im Falle der Jakobuskirche ist den Scharoschern eine schwere Last genommen. Durch die Sanierung haben sie sich zum Erbe der Vorfahren bekannt, der Kirche, die für sie mental einem Erwerb und Besitz dieses Erbes gleichkommen könnte. Nutzen wir dieses Erbe. Seit 2016 bis heute war ein langer Weg. Wir sind ihn gemeinsam gegangen. Ist der Weg hier zu Ende? Kirche, Burghüterhaus, Speckturm, Gemeindesaal, Schule, insgesamt ein Ensemble, das Potenzial hat und ausbaufähig ist. Die sanierte Kirche, auch der gepflegte Friedhof, wird mittlerweile gelobt. Und Jakobus würde bestimmt sagen: Ihr habt alles richtig gemacht! Ihr habt alles gut gemacht!“

Der frühere Bischofsvikar Hans Klein leitete dankenswerterweise die Neuwahlen. In den Vorstand der HOG Scharosch wurden Ewald Bortmes, Jochen Bortmes, Edith Guib und Hans Krempels gewählt. Nach den Wahlen am Sonntagnachmittag besuchten wir auch den Friedhof. Ein junger Mann spielte einfühlsame Melodien für die Lebenden und Verstorbenen auf seinem Akkordeon. Im Saal spielte die Musik zum Tanz auf. Die Scharoscher ließen sich nicht lange bitten. Ein insgesamt gelungenes Heimattreffen!
Ein Dankeschön an alle Helferinnen und Helfer, aber auch ein Dank an die langjährigen Weggefährten und Mitarbeiter der Stiftung Kirchenburgen, Philipp Harfmann, Sebastian Bethge, sowie Pfarrer Dr. Johannes Klein, Kurator Reinhold Schindler, die HOG-Vorstände Ewald Bortmes und Hans Krempels. Ganz besonders möchte ich allen Scharoschern danken, die während der vielen Jahre der Zusammenarbeit immer loyal zu mir gestanden haben, die daran geglaubt haben, dass wir die Sanierung der Jakobuskirche zustande bringen.
Ursula Hummes
Schlagwörter: Scharosch, Kirchenrenovierung, Heimattreffen, Einweihung
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