25. Mai 2001

Beachtliche Aktivitäten der Burzenländer

Ein Presseseminar für die verantwortlichen Herausgeber (Redakteure) der über 40 HOG-Publikationen in Deutschland wollen die Burzenländer im kommenden Herbst ausrichten. Das haben die Burzenländer Nachbarväter und Ortsvertreter auf ihrer 18. Arbeitstagung vom 18. bis 20. Mai in Neuhaus bei Crailsheim beschlossen. Einen Schwerpunkt ihrer vielseitigen Tätigkeiten bildet die Familienforschung. Christian Zaminer berichtete über die digitale Erfassung der Kronstädter Matrikelkartei von 1684 bis 1939, Hermann Schmidts legte zwei CDs als Ergebnis sehr fortgeschrittener genealogischer Forschungen in Brenndorf vor. Den sehr guten Kontakt zu den sächsischen Ansprechpartnern in den Heimatgemeinden bauen die HOG-Verantwortlichen neuerdings auch auf die politischen Gemeinden aus. Dank beachtlicher Aktivitäten gilt die HOG-Regionalgruppe Burzenland als führend innerhalb des Verbandes der Siebenbürgisch-Sächsischen Heimatortsgemeinschaften e.V. Die Jugendarbeit liegt dennoch seit einigen Jahren im Argen, bedauerte der Sprecher der Regionalgruppe Volkmar Kraus (Zeiden).
Das auf der jüngsten HOG-Tagung in Nürnberg angesprochene Vorhaben eines Presseseminars für die verantwortlichen Herausgeber (Redakteure) der über 40 HOG-Publikationen in Deutschland nimmt konkrete Konturen an. Das Seminar wird im kommenden Herbst in Neuhaus bei Crailsheim vom Verband der Siebenbürgisch-Sächsischen Heimatortsgemeinschaften e.V. unter der fachlichen Anleitung der Siebenbürgischen Zeitung veranstaltet. Die HOG-Regionalgruppe Burzenland wird das Seminar ausrichten. Organisatorische Details haben die Burzenländer Nachbarväter und Ortsvertreter auf ihrer 18. Arbeitstagung, die vom 18. bis 20. Mai ebenfalls in Neuhaus bei Crailsheim stattfand, erörtert. Das Seminar solle journalistische Grundkenntnisse vermitteln, Hilfestellung bei der Gestaltung der Heimatblätter geben und einen Erfahrungsaustausch zwischen den „HOG-Zeitungsmachern“ ermöglichen, kündigte der Initiator des Seminars, Karl-Heinz Brenndörfer, Vorsitzender der Heimatgemeinschaft Heldsdorf, an. Die Gaststätte „Neuhaus“, südöstlich von Crailsheim gelegen, in der die Burzenländer jeden Frühling zu einer Arbeitstagung zusammenkommen, bietet sowohl einen Veranstaltungsraum als auch Unterkunft und Verpflegung in gemütlichem Rahmen zu relativ günstigen Konditionen.
Einen weiteren Schwerpunkt ihrer Arbeit setzen die Burzenländer im Bereich der Familienforschung. Volkmar Kraus (Zeiden), Sprecher der HOG-Regionalgruppe Burzenland, rief die Heimatortsgemeinschaften auf, genealogisch relevante Urkunden zu sammeln und zu sichern, aber auch die Daten der heute lebenden Generationen zu erfassen, da sie bald wegen der großen geographischen Zerstreuung nur noch schwer erreichbar sein werden. Dr. Christan Zaminer bedauerte, dass die siebenbürgische Familienforschung bei der Kulturförderung nur wenig bedacht werde. Dabei hinke die siebenbürgische Genealogie jener in Deutschland gewaltig hinterher, wo viele Orte genealogisch komplett erfasst seien. In einem interessanten Referat berichtete Zaminer über die digitale Erfassung der Kronstädter Matrikeldatei von 1684 bis 1939, deren Verkartung bereits in den dreißiger Jahren begonnen hatte.
Während ein Sippen- und Familienbuch für Kronstadt und andere Burzenländer Ortschaften noch in weitem Feld liegt, konnte Hermann Schmidts, der Ortsgenealoge von Brenndorf, eine vorbildliche, weit fortgeschrittene Forschungsarbeit vorlegen. Er hat die kirchlichen Geburten-, Heirats- und Totenmatrikeln aus der Zeit von 1718 bis 1899 sowie Urkunden wie die Bevölkerungskonskription von 1795, ein Impfverzeichnis von 1807 und vier Verzeichnisse der Pächter des Brenndörfer Kirchengrundes ausgewertet und in einer riesigen Tabelle zusammengeführt, die sowohl als Buch unter dem Titel „Genealogische Datensammlung Brenndorf, Band II. Zusammenfassung der Kerndaten aller in Brenndorf geborenen oder ehemals wohnhaften evangelischen Bürger von 1718-1899“ als auch auf CD erschienen ist. Diese und eine zweite CD mit den genealogischen Daten nach 1900 bis heute stellte Schmidts allen Burzenländer HOGs kostenlos zur Verfügung. Damit kann jeder Ahnenforscher, der Vorfahren in Brenndorf hat, problemlos die entsprechende Lücke in seinem Familienbuch schließen. Zurzeit arbeitet Hermann Schmidts zusammen mit seiner Frau Edda am Band I der „Genealogischen Datensammlung“, der die Zeit von 1368 bis 1718 umfasst.
Der Schriftsteller und Publizist Hans Bergel hielt während der Tagung in Neuhaus einen kenntnisreichen Vortrag über siebenbürgisch-sächsische Persönlichkeiten des 15. und 16. Jahrhunderts, von denen erstaunliche viele auf der Höhe ihrer Zeit, des Renaissancehumanismus, agierten. Der Vortrag war vor zwei Jahren in Bergels Essayband „Gesichter einer Landschaft“ in der Edition Wort und Welt erschienen.
Über die aktuelle Lage der rumänischen Landwirtschaft referierte Dipl.-Ing. Michael Brenndörfer, Vorsitzender der HOG Bartholomae und Mitarbeiter des Kuratoriums für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e.V. (KTBL), einer Beratungsinstitution im Bereich des Technologietransfers. Brenndörfer nimmt jährlich an der „Agraria“, der Internationalen Landwirtschafts-Messe in Klausenburg, teil und ist über die Situation in Rumänien bestens informiert. Als Schlüsselprobleme des Karpatenlandes nannte er die fehlerhafte Agrar- und Zollpolitik der Regierungen seit 1990 bezüglich der Förderung der privaten Landwirtschaft, ferner die ungeklärten Eigentumsverhältnisse, den Kapitalmangel, die schlechte Ausstattung mit Agrartechnik und den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften. Dennoch verfüge Rumänien über ein großes Potenzial und reiche natürliche Ressourcen, so dass es – wenn es zu einem späteren Zeitpunkt in die EU eintreten werde - zu den fünf größten Agrarproduzenten Europas gehören werde, sagte Brenndörfer. Darauf bauend, würden bereits viele ausländische Investoren Spekulationskäufe im Banat tätigen, wo derzeit bester Ackerboden für 300 bis 400 DM zu haben sei.
Aus den Berichten der Nachbarväter ging hervor, dass die Burzenländer Heimatortsgemeinschaften ihre in Siebenbürgen verbliebenen Landsleute nach wie vor durch gezielte Hilfssendungen unterstützen und sich finanziell in die Friedhofspflege und Instandsetzung von Gemeinschaftsbauten in den Heimatgemeinden engagieren. Der Kontakt zu den Kuratoren, Pfarrern und anderen Ansprechpartnern in den Heimatorten ist in der Regel sehr gut, einige HOGs bauen neuerdings auch Beziehungen zur politischen Gemeinde auf, um das Umfeld ihrer in der Heimat verbliebenen Landsleute zu verbessern. So berichtete Martin Brenndörfer (Bartholome), stellvertretender Vorsitzender der HOG-Regionalgruppe und Vorsitzender der landsmannschaftlichen Kreisgruppe Tuttlingen, von der Übergabe eines Feuerwehrautos der Gemeinde Immendingen im südlichen Schwarzwald an die Burzenländer Gemeinde Petersberg. Die Aktion hat in rumänischen und deutschen Medien große Beachtung gefunden.
Die Lage in den Gemeinden des Burzenlandes ist recht unterschiedlich und hängt vor allem von der Seelenzahl und der Tatsache ab, ob sich Verantwortliche finden, die das Gemeinschafts- und Kulturleben vor Ort animieren. Positives hatte zum Beispiel Kurt Sedderz, Vorsitzender der HOG Petersberg, zu berichten. Pfarrer Lothar Schullerus betreue in Petersberg 160 evangelische Seelen. Der örtliche Kirchenchor habe sich am 20. Mai am Chortreffen in Zeiden beteiligt. Das diesjährige Petersberger Burgfest, das sich ebenso wie der Waldgottesdienst im Geisterwald und das Bartholomäusfest in Kronstadt als übergemeindliches Treffen der Burzenländer Sachsen etabliert hat, findet heuer am 8. Juli statt. Aus diesem Anlass veranstaltet die HOG Petersberg vom 6. bis 15. Juli eine Siebenbürgenreise mit 50 Personen. Ebenfalls in Petersberg wird am 18. und 19. August ein Treffen der Burzenländer Blaskapellen organisiert, zu dem auch die Siebenbürger Blaskapelle Nürnberg eingeladen wurde. Den Umständen entsprechend gut stehen auch Orte wie Zeiden (480 evangelische Seelen), Bartholomae (247), Tartlau (162), Honigberg (138), Heldsdorf (137), Neustadt (135), Nußbach (122), Wolkendorf (118) da, während das Gemeinschaftsleben in den Diasporagemeinden Marienburg (52) oder Schirkanyen (31) nur noch sehr eingeschränkt funktioniert.
Die Burzenländer HOGs wollen die Schriftenreihe Denkmaltopographie, die die wissenschaftlichen Ergebnisse des siebenbürgisch-sächsischen Dokumentationsprojektes festhält, durch massive Werbung und Ankäufe unterstützen. Zwei Bände sollen Kronstadt und vier weitere den anderen Ortschaften des Burzenlandes gewidmet sein. Ein erster Burzenländer Band mit den Ortschaften Zeiden, Neustadt, Wolkendorf und Schirkanyen ist für Ende dieses Jahres geplant. Die Burzenländer Ortsvertreter hatten vor einem Monat in einem Gespräch mit Dr. Christoph Machat, dem Vorsitzenden des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrates, in Nürnberg angeregt, neben den geplanten Bänden auch Sonderdrucke von den einzelnen Ortschaften herauszugeben und dank ihres günstigeren Preises in großer Stückzahl in den Heimatortsgemeinschaften zu vertreiben. Allerdings wurde bislang kein zufriedenstellendes Druckangebot gefunden. Friedrich Schuster, der das Projekt Denkmaltopographie in Gundelsheim leitet, hat die HOG-Vertreter indes aufgerufen, kurze Ortsmonographien mit bestimmten Angaben zu verfassen, die in die Bände der Denkmaltopographie eingebaut werden sollen. Die Endfassung der Schriftenreihe wird von Friedrich Schuster betreut, der auch alle nötigen Angaben statistischer, demographischer und verwaltungspolitischer Art aus dem letzten Jahrzehnt einbringt.
Thema des beliebten Burzenländer Kalenders, der von Udo Buhn (Zeiden) organisatorisch betreut wird, sind im Jahr 2002 typische Landschaften im Burzenland. Dazu liefert wieder der beliebte Hobbymaler Peter Buhn Aquarelle.
Die Burzenländer wollen ihre von Volkmar Kraus betreute Homepage www.burzenland.de, die auch Links zu den Heimatortsgemeinschaften Kronstadt, Nußbach, Schirkanyen, Weidenbach, Wolkendorf und Zeiden enthält, künftig mit mehr Aktivitäten füllen. Am Trachtenumzug des Heimattages werden sie wie stets als „Gruppe Burzenland“ teilnehmen. HOGs, die mehr als zehn Trachtenträger stellen, werden - innerhalb der kompakten Burzenländer Gruppe - mit eigenem Ortsschild aufmarschieren.
Die diesjährige Arbeitstagung in Neuhaus hat ein übriges Mal bestätigt, dass die Heimatortsgemeinschaften des Burzenlandes ein reges Vereins- und Kulturleben in Deutschland entfalten, Treffen auf Bundes- und regionaler Ebene organisieren sowie Heimatblätter und Ortschroniken herausgeben. Das Niveau der HOG-Arbeit konnte trotz Generationswechsel in einzelnen Heimatortsgemeinschaften in den letzten Jahren erhalten und sogar verbessert werden, was sicherlich auch dem fruchtbaren Wissens- und Erfahrungsaustausch im Rahmen der Regionalgruppe Burzenland zu verdanken ist.
Wenig zufriedenstellend ist jedoch die Jugendarbeit, wie Regionalgruppensprecher Volkmar Kraus in Neuhaus bedauerte. Nach mehreren Burzenländer Jugendtreffen, die in den vergangenen Jahren unter der Regie von Ulrike Lutsch, geborene Batschi, organisiert wurden, konnte seit 1999 kein Jugendsprecher der Regionalgruppe gefunden werden. Der neue Jugendreferent wäre nicht nur als Organisator für ein weiteres Burzenländer Jugendtreffen zuständig, sondern an ihm würde es auch liegen, den Erfahrungsaustausch zwischen den Jugendvertretern der einzelnen Gemeinden, die zum Teil interessante Aktivitäten auf die Beine stellen, voranzutreiben.
Ein Freizeitwochenende mit ihren Ehepartnern veranstalten die Burzenländer Ortsvertreter vom 19. bis 21. Oktober in Immendingen im südlichen Schwarzwald. Die nächste Arbeitstagung ist für den 12. bis 14. April 2002 wie gewohnt in Neuhaus geplant.

Siegbert Bruss


(Siebenbürgische Zeitung, Folge 9 vom 31. Mai 2001, Seite 4)

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