17. Dezember 2012

Dr. Dr. Walter Roth wurde 80

Wer von unserer – seiner und meiner – Generation hat nicht schon irgendwann von ihm gehört? Die meisten Hermannstädter Sachsen kennen ihn: Entweder waren sie seine Schul- oder Spielkameraden oder aber seine Patienten. Es ist „Roschu“ alias Dr. Dr. Walter Roth.
Am 11. November 1932 erblickte er in Hermannstadt das Licht der Welt als erster und einziger Sohn eines Lehrers aus Kleinscheuern, wo er seine Kindheit bis zum 10. Lebensjahr verbrachte, als sein Vater starb. Seine Mutter und er mussten zurück nach Hermannstadt. Aus dieser Zeit sind zwei „Tätigkeiten“, die die „Basis“ für seine spätere Beschäftigung sein sollten, bekannt: Er „sezierte schon als kleiner Junge Mäuse und andere Tiere“, erzählt er, und er zeichnete gern. Sein erstes Bild betitelte er: „Die Kirchenburg und die Einwohner von Kleinscheuern beim Kirchgang am Sonntag“. Dabei stellte er die sächsische Bevölkerung in „normaler Größe“ dar, nur der Pfarrer in seinem schwarzen Ornat war etwas kleiner. Als man ihn fragte, warum er diesen Unterschied gemacht habe, antwortete er, dass der Pfarrer „viel schwächer“ sei als die kräftigen sächsischen Bauern und Bäuerinnen, und außerdem habe er den Herrn Pfarrer noch nie „richtig arbeiten“ sehen.

In der Volksschule am „Hundsrücken“ lernte er einige seiner Freunde kennen, zu denen er heute noch herzliche Beziehungen pflegt. Die Jahre nach 1944 waren turbulent: Die Bruken­thalschule wurde 1948 geschlossen und es begann eine Serie von Wechseln von einer rumänischen Schule zur anderen. Roth ist stolz, „dass ich in den rumänischen Mittelschulen eine Klasse übersprungen habe und so ein Jahr vor meinen Klassenkameraden des Brukenthal 1951 das Abitur und die Aufnahmeprüfung der Medizinischen Fakultät Temeswar machen konnte“. Anfang der 60er Jahre lernte ich Walter kennen. Er war damals „Badearzt“ in Baaßen und ich „Circă Arzt“ in Wurmloch. Da beide Orte zum Raion Me­diasch gehörten, trafen wir uns einmal im Monat dort – wohin alle Ärzte der Umgebung zu einer politischen „Fortbildung“ der Partei kamen. Es stellte sich heraus, dass wir beide Hermann­städter waren. Sein fester Wohnsitz war in der Bachgasse, wo seine Mutter in einer bescheidenen Wohnung lebte. In seinem autobiographischen Buch „Gesang der Fische“ (2004) beschreibt er seine Zeit als „Landarzt“ im Delta. Jeder junge Arzt musste mindestens drei Jahre am Dorf tätig sein, bevor er sich zu einem Wettbewerb für eine Fachrichtung melden durfte. Da die Arztstellen im Delta sehr anstrengend waren, meldete sich kaum jemand freiwillig. Wer es trotzdem tat, dem wurden zwei Jahre „geschenkt“. Walter hatte das Jahr schnell überstanden und durfte in einer Stadt praktizieren.

Wir sahen uns wieder in Hermannstadt, wo ich als Allgemeinarzt des XVI. Bezirks arbeitete. Zu diesem Bezirk gehörte auch die Bachgasse, wo Walter mit seiner Mutter und nach seiner Heirat mit Ute Teutsch wohnte.

1963 wurde Walter Facharzt für Balneologie und Physikalische Therapie in Hermannstadt und Salzburg (Ocna Sibiului). Erst 1965, nach der Ausreise nach Deutschland, konnte er sich seinen Wunsch, Hautarzt zu werden, erfüllen. Bei Prof. G. Weber, Chefarzt der Dermatologischen Klinik in Nürnberg, wurde er als junger Facharzt leitender Oberarzt der Klinik für Haut- und Geschlechtskrankheiten der Städtischen Krankenanstalten. Seinen zweiten Doktortitel erwarb er 1968 an der Medizinischen Fakultät der Friedrich Alexander Universität Erlangen. Bereits als Oberarzt in Nürnberg und später als Wissenschaftlicher Assistent und Habilitant an der Universität Homburg-Saar hatte er über 20 wissenschaftliche Abhandlungen publiziert. Prof. Braun-Falco, Herausgeber des Lehrbuchs über Dermatologische Erkrankungen, lernte ihn kennen und beauftragte ihn, verschiedene Pinakothe­ken an bedeutenden Museen in Europa zu besuchen und an bekannten Bildern Hautkrankheiten zu entdecken, was Roth erfolgreich tat.

1970 eröffnete er eine Fachpraxis als Dermatologe in Rosenheim, war aber weiter unermüdlich als Wissenschaftler, Forscher, Buchautor, Maler, Zeichner und Kunstsammler tätig. In internationalen Fachkreisen wurde er bekannt, da er weltweit der erste Arzt war, der Metronidazol bei der perioralen (um den Mund) rosaceaartigen Dermatitis anwandte und diese Erkenntnisse veröffentlichte. Auf dem Internationalen Mykologischen Kongress 1972 in Wiesbaden for­derte der damals führende Mykologe Deutsch­lands, Prof. H. Rieth, den Hermannstädter auf, seine erstmals in der Praxis durchgeführten Versuche mit dem Breitspektrum-Antimykotikum vorzustellen. Roths Referat fand auch international große Beachtung.

2009 wurde er für seine herausragenden wissenschaftlichen Leistungen anlässlich einer internationalen Fachtagung in Hermannstadt von der Rumänischen Gesellschaft für Dermatologie (SRD) als Ehrenmitglied aufgenommen. Er ist der erste Siebenbürger Sachse, dem die Ehrenurkunde dieser seit 1928 bestehenden Gesellschaft „für seinen wertvollen und kontinuierlichen Beitrag zur Entwicklung von Wissenschaft und Erziehung in Dermatologie und Venerologie“, wie es in der Urkunde heißt, verliehen wurde.

Roth hat aus der Ehe mit Ute Teutsch eine Tochter und zwei Söhne. Die Tochter Carmen und Georg haben in Rumänien Medizin studiert. Der zweite Sohn Walter ist Zahnarzt in Ulm.

Dr. Roth gab mit 68 Jahren seine Kassenzulassung ab, arbeitete aber weiter privat mit Sohn Georg, den er in seiner Praxis zum Dermatologen ausgebildet hat. Heute ist Walter im wohl verdienten Ruhestand. Ich wünsche – auch im Sinne seiner Freunde, Bekannten und Patienten – das Allerbeste zu seinem 80. Möge der weitere Lebensweg durch das richtige Maß an Weisheit geprägt sein, neue Herausforderungen bieten und glückliche Momente und Begegnungen bereithalten.

Dr. Friedrich-Claus Felmerer

Schlagwörter: Arzt, Hermannstadt, Geburtstag, Porträt

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