24. Januar 2021

Eine unverkennbare siebenbürgische Persönlichkeit: Nachruf auf den Pfarrer und Theologen Wolfgang Rehner

"Meine Hilfe kommt von dem Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat." (Psalm 121,2) - Beim Lesen dieses Psalms in der Hausandacht am Altjahrsabend (31. Dezember) 2020 ist Stadtpfarrer i. R. Wolfgang Hermann Rehner vom Herrn über Leben und Tod ganz unerwartet abberufen worden. Mit dem untenstehenden Nachruf gedenken wir in Dankbarkeit seines vielfältigen, segensreichen Wirkens in unserer Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien als Pfarrer, Stadtpfarrer und Dozent, in zahlreichen Tätigkeiten auf landeskirchlicher Ebene sowie im Archiv des Begegnungs- und Kulturzentrums Friedrich Teutsch in Hermannstadt. Seiner trauernden Witwe Gertrud, seinen fünf Kindern und deren Familien sowie allen weiteren Familienangehörigen sprechen wir unser herzliches Beileid aus. Möge unser auferstandener, lebendiger Herr ihm die verheißene Hilfe zuteil werden lassen und ihm Freude, Frieden und Leben in seinem ewigen Reich schenken. In dieser Hoffnung möge Er alle trauernden Hinterbliebenen trösten und in ihrem Glauben stärken und aufrichten. Im Namen des Landeskonsistoriums der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien Bischof Reinhart Guib und im Namen der Gemeinschaft Evangelischer Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben im Diakonischen Werk der EKD – Hilfskomitee Vorstandsvorsitzender Prof. Dr. Berthold Köber.
Stadtpfarrer i.R. Wolfgang Rehner bei der Arbeit ...
Stadtpfarrer i.R. Wolfgang Rehner bei der Arbeit im Friedrich-Teutsch-Haus in Hermannstadt. Foto: Martin Eichler
Wolfgang Hermann Rehner wurde am 13. April 1936 in Wolkendorf bei Kronstadt als viertes Kind des späteren Rektors des Lehrerseminars, Dr. Hermann Rehner, und der Hermine Herma geb. Schöppel aus Graz geboren. Ab 1947 besuchte er das Pädagogische Lyzeum. Dort lernte er in der Pfarrerstochter Gertrud Knall seine zukünftige Frau kennen. Das Theologiestudium begann er 1954 in Klausenburg am Protestantisch-Theologischen Institut, dessen evangelisch-deutscher Zweig 1955 nach Hermannstadt verlegt wurde.

Nach Abschluss des Studiums 1958 heirateten Wolfgang und Gertrud geb. Knall 1959. Ihnen wurden die Kinder Gertrud (1960), Wolfgang (1962), Maria (1963), Martin (1968) und Johannes (1970) geboren. Sein Vikariat führte ihn nach Großpold. Sein erstes Pfarramt war Gergeschdorf. 1964 wurde er zu Vertretungsdiensten als Dozent für Religionsgeschichte und Altes Testament an das Institut berufen, an dem er studiert hatte. Diesen Dienst nahm er zum Teil parallel zum Pfarramt und drei Jahre lang hauptamtlich bis 1972 wahr.
Pfarrer Wolfgang Rehner als junger Großpolder ...
Pfarrer Wolfgang Rehner als junger Großpolder Pfarrer (li.) mit Vikar (Name nicht eruierbar) und einer Gruppe konfirmierter Mädchen in Landlertracht nach dem Gottesdienst (um 1970). Foto: Johann Klusch
1968 wurde er nach Großpold gewählt. Diese Gemeinde mit 1.600 Gemeindegliedern hatte große geistliche Erwartungen an ihren Pfarrer. Da war ein intensiver kirchlicher Unterricht zu gestalten. Stolze Presbyter, Kirchenväter und Kuratoren, "Adjuvanten" für Festlichkeiten und Trauermusik bei jedem Begräbnis; die Bibelstunden, Frühgottesdienst und Vesper in der Fastenzeit, das Passionsoratorium "Leiden nach dem Evangelisten Matthäus" im Stile von Heinrich Schütz jeden Gründonnerstag und Karfreitag aufgeboten. 18 Nachbarschaften, Bruder- und Schwesternschaften. Die auf Pfarrer Scherg aus Kronstadt zurückgehende Sonntagschule. Fromme Frauen, die regelmäßige meist nach dem Evangelischen Tagzeitenbuch gefeierte Andachten brauchten.

Sein Herz schlug für die Jugendarbeit

Das Herz des neuen Pfarrers aber schlug ganz besonders für die Jugendarbeit. Die Botschaft des christlichen Glaubens fand offene Ohren. Das aber missfiel Partei und Geheimdienst. Auch wenn die Jugendarbeit der Kirche nicht ausdrücklich verboten war, so spielte sie sich doch in einer Grauzone ab. Wer sie zu verantworten hatte, musste mit Schikanen und Schlimmerem rechnen. Was den Großpoldern und nachher den Hermannstädtern ebenso in lebendiger Erinnerung bleibt, ist: „Das ewige Licht“, ein wiederholt aufgeführtes Krippenspiel, das die Geburt Christi als die Erfüllung der großen Gottesverheißung eindrücklich in Szene setzte.
Nahm sich für ein kleines Schwätzchen immer gerne ...
Nahm sich für ein kleines Schwätzchen immer gerne Zeit: Wolfgang Rehner in der Bibliothek des Friedrich-Teutsch-Hauses im Gespräch mit einer ehemaligen Nachbarin und seinem Schwager, Prof. Dr. Hermann Pitters (rechts) im Mai 2016. Foto: Konrad Klein
Als Hermannstädter Stadtpfarrer von 1976 bis 1993 war er mit nicht wenigen Aufgaben, zumal in der Zeit der Revolution und danach, befasst. Aber die Jugendarbeit blieb sein Herzensanliegen. Viele Ausflüge in die Karpaten mit Selbstverpflegung über mehrere Tage wurden organisiert, wo Jugendliche aus der ganzen Landeskirche zur „Rüstzeit“ zusammenkamen, miteinander sangen, spielten, in der Bibel asen und gemeinsam beteten.

Aus dem Hermannstädter Stadtpfarramt ging er nach Sächsisch-Regen und betreute die dortige Gemeinde samt Umland sowie die Diasporagemeinden in der Bukowina, weil er es nicht gut fand, dass mit der Aufgabe kirchlichen Dienstes in extremer Diasporasituation vor allem junge Pfarrer, meist Berufsanfänger, betraut wurden. Auch stammten seine Vorfahren aus jener Gegend.

Von 1974-1994 war er Mitglied des Landeskonsistoriums, lange Jahre Mitglied im Exekutivkomitee des Lutherischen Weltbundes und im Kuratorium des Ökumenischen Forschungsinstituts Straßburg. Im Lutherjahr 2017 wurde ihm seitens des Siebenbürgerforums und der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien die Honterusmedaille als Anerkennung seines Dienstes für Kirche und Gemeinschaft verliehen.

Der friedlich nach dem Gottesdienst der Jahresschlussvesper am 31. Dezember 2020 zu Hause Heimgegangene hinterlässt gewiss eine schmerzhafte Lücke, nicht nur im „Begegnungs- und Kulturzentrum Friedrich Teutsch“, wo er zuletzt als Bibliothekar und Archivar mit großem Verantwortungsbewusstsein zugange war, sondern auch und besonders für seine Ehefrau, der er in Treue verbunden blieb, für seine 5 Kinder, 12 Enkel- und 6 Urenkelkinder.
Nie ein Kind von Traurigkeit: Stadtpfarrer i. R. ...
Nie ein Kind von Traurigkeit: Stadtpfarrer i. R. Wolfgang Rehner als ehrenamtlicher Mitarbeiter des Friedrich-Teutsch-Hauses war die Seele der dortigen Bibliothek (2011). Foto: Konrad Klein
Eine unverkennbare siebenbürgische Persönlichkeit, ein freundlicher, hingebungsvoller Pfarrer und ein sehr engagierter Träger der Evangelischen Kirche ist heimgegangen. Das ewige Licht, das einst den Morgen anbrechen lassen wird, der keinen Abend mehr kennt, das er in seinem kirchlichen Dienst angekündigt hat, leuchte ihm!

Pfarrer i.R. Samuel Piringer, ehemaliger Mitarbeiter der Jugendarbeit in Großpold

Dieser Nachruf erschien zuerst in der Beilage "Kirche und Heimat", Siebenbürgische Zeitung, Folge 1 vom 20. Januar 2021, Seite 13

Schlagwörter: Kultur, Theologe, Pfarrer, Jugendarbeit, Kirche und Heimat, Hermannstadt, Teutsch-Haus, EKR, Wolkendorf, Großpold, Sächsisch-Regen

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