24. Februar 2023

Ein Leben im Sinne der selbstverwalteten Solidargemeinschaft: Nachruf auf Peter Pastior

„Verlässlichkeit und Umsicht sowie uneingeschränktes persönliches Engagement“, bescheinigte der Ehrenvorsitzende der Landsmannschaft Dr. Wolfgang Bonfert dem damaligen Jubilar zum 60. Geburtstag. Besser kann man die herausragenden Eigenschaften des über Jahrzehnte vielseitig für die Gemeinschaft der Siebenbürger Sachsen tätigen Mannes nicht zusammenfassen. Peter Pastior, Ehrenvorsitzender des Sozialwerks der Siebenbürger Sachsen, ist am 11. Februar 2023 im Alter von 91 Jahren in München gestorben.
Peter Pastior (2011). Foto: Laura Pastior ...
Peter Pastior (2011). Foto: Laura Pastior
Am 22. Oktober 1931 wurde er als Sohn des Zeichenlehrers Oskar Pastior in Hermannstadt geboren. Gerade mal 13 Jahre alt, musste er miterleben, wie sein vier Jahre älterer Bruder Oskar Pastior, der sich später als Dichter einen Namen machen sollte, im Januar 1945 nach Russland verschleppt wurde. Ein holpriger und schwieriger Werdegang, wie ihn leider viele junge Siebenbürger Sachsen damals in Rumänien zu bewältigen hatten, führte Peter Pastior schließlich bis hin zum Buchhalter. Seine Familie, zu der inzwischen auch seine Frau Dorothea (Dolly) sowie die beiden Söhne Ralph und Frank gehörten, gaben ihm Halt und Wärme. In einer Zeit, die keine Erfolgsperspektiven in Rumänien eröffnen konnte, reiste die Familie 1979 nach Deutschland aus.

Bereits zum 1. April 1979 begann er seine Tätigkeit als Bundesgeschäftsführer der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen. Die Tage in der Münchner Geschäftsstelle beim Sendlinger Tor werden von seinen Begleitern aus der Zeit als sehr „lang“ bezeichnet. So klingt auch die Anerkennung zu seinem zehnjährigen Dienstjubiläum für seine „erwiesene Befähigung dieses gewiss nicht leichten Amtes in der Zentralstelle der Landsmannschaft untadelig zu versehen“ nach. Dr. Wolfgang Bonfert, damals Bundesvorsitzender, überreichte ihm das goldene Ehrenwappen der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen auch als „Dank für seinen von Sachkenntnis, Fleiß und Gewissenhaftigkeit gekennzeichneten engagierten Einsatz, der in der Regel einen nur sehr späten Feierabend kennt“.

Immer und besonders nach dem erheblichen Zustrom von Neuankömmlingen infolge der Dezemberereignisse 1989 in Rumänien stand die Hilfe für die Aussiedler und die Verpflichtung für die Gemeinschaft vor seinem Privatleben.

Für die Ignoranz einiger Mitglieder der Gemeinschaft konnte er kein Verständnis aufbringen. So äußerte er sich Anfang 1989 nach einer Meldung zu einer schlecht besuchten Mitgliederhauptversammlung der Kreisgruppe München kritisch und mahnend in einem Leserbrief in der Siebenbürgischen Zeitung, Folge 1 vom 15. Januar 1989, S. 16: „Sind wir denn durch den Einfluss der Wohlstandsgesellschaft wirklich schon soweit geprägt, dass uns die Interessen unserer Gemeinschaft nichts mehr angehen? Diese Gemeinschaft, die sich letztendlich als Ganzes um die Belange unserer Landsleute hier und um die Nöte unserer Landsleute in Siebenbürgen kümmert, steht allen offen, die bereit sind, mitzumachen. Diese Fragen sollten uns zu denken geben!“

Die frühen 90er Jahre wurden zu einer sehr intensiven, ereignisreichen Zeit, die ihn oft nach Siebenbürgen führte; mal in Begleitung des Bundesvorstandes, mal mit der Föderationsspitze oder anderen Teilnehmern. Peter Pastior wirkte prägend mit an den Hilfsaktionen, die nach dem Umsturz in Rumänien unseren Landsleuten in Siebenbürgen die ersten Schritte in die neu angebrochene Zeit ermöglichten. Nachdem er 1994 in den verdienten Ruhestand wechselte, übernahm er ehrenamtliche Aufgaben: im November 1994 wurde er Vorsitzender des Sozialwerks und im Oktober 1995 Bundesschatzmeister des Verbandes. Ab Mitte der 90er Jahre konnte er auch den Sehnsüchten des Reisens frönen. Peter und Dolly waren oft als begeisterte Teilnehmer der von meiner Frau Dorit Kremer im Rahmen der Kreisgruppe Fürstenfeldbruck organisierten unkonventionellen Schnupper-Reisen dabei. Damals begann er sein großes Hobby, das Video-Filmen, zu pflegen. Oft erfreute er bei den Treffen zur Nachbereitung der Reisen die Gruppe mit seinen Filmchen und gab so den Anstoß zu regen Schilderungen der Einzeleindrücke. Viel zu früh wurde Peter 2001 Witwer.

Als Schatzmeister des Verbandes (bis November 2011) und Vorsitzender des Sozialwerks blieb er jedoch in ständigem Kontakt mit der Geschäftsstelle, wo er in familiärer Umgebung oft und gern als erfahrener Ansprechpartner beansprucht wurde. Umfangreiche Hilfsmaßnahmen und Projekte des Sozialwerks konnte er bis 2011 betreuen und begleiten. Die Betreuung der Bedürftigen in unserer Gemeinschaft war ihm stets ein wichtiges Anliegen. Um diese Arbeit umsetzen zu können, hat er sowohl zur Saxonia-Stiftung, der Landeskirche und dem Siebenbürgenforum als auch zu den Behörden des Bundesinnenministeriums und des Bundesverwaltungsamtes sehr gute Kontakte gepflegt.

Zu Peter Pastiors Abschied als Vorsitzender des Sozialwerks am 26. Februar 2011 schrieb Karl-Arthur Ehrmann, ehemaliger Geschäftsführer der Saxonia-Stiftung: „Die Solidargemeinschaft lebt, weil sie von Peter Pastior beseelt und durch Tat und Haltung motiviert wird.“ Die Mitglieder des Sozialwerks wählten ihn in Anerkennung seiner Leistungen und in Dankbarkeit zu ihrem Ehrenvorsitzenden. Er wünschte mir, nach gutem Zureden, viel Erfolg und ein glückliches Händchen für die übernommene Aufgabe. Als sein Nachfolger durfte ich ihn noch im selben Jahr auf seiner Abschiedsreise nach Siebenbürgen begleiten. Pragmatisch und praktisch, wie er veranlagt war, verband er seine Abschiedsgespräche mit meiner Einführung bei den Partnereinrichtungen. So durfte ich ihn auch als vielseitigen Netzwerker und allerseits geschätzten Menschen kennen lernen.

Ende 2018 fand er im Seniorenzentrum des Bayerischen Roten Kreuzes „Kieferngarten“ im Norden Münchens seinen Platz. Am Anfang hat er mit viel Enthusiasmus noch an seinen Videofilmen gebastelt und sich den zahlreichen Kontakten zu Bekannten und Freunden gewidmet, dann nahmen jedoch alters- und krankheitsbedingt die Schwierigkeiten zu.

Mit Peter Pastior verliert die Gemeinschaft der Siebenbürger Sachsen einen besonders engagierten Menschen, dessen vielseitiges Wirken in dem Gefühl der Zusammengehörigkeit in einer einzigartigen Gemeinschaft und deren Tradition verankert war.

Dr. Johann Kremer, Vorsitzender Sozialwerk der Siebenbürger Sachsen e.V.

Die Trauerfeier mit Urnenbeisetzung von Peter Pastior findet am 23. März 2023 um 13.30 Uhr auf dem Münchener Waldfriedhof, Aussegnungshalle Neuer Teil, statt. Im Sinne des Verstorbenen bittet die trauernde Familie, statt Blumen und Kränzen um eine Spende an das Sozialwerk der Siebenbürger Sachsen e.V., IBAN DE33 7025 0150 0029 1291 37, Verwendungszweck: „Zum Gedenken an Peter Pastior“.

Schlagwörter: Verbandsleben, Peter Pastior, Hermannstadt, Sozialwerk, Bundesgeschäftsstelle

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