29. Januar 2021

70 Jahre Frauenarbeit in Hessen

Im Lauf der Zeit verändert sich manches, ohne dass es von Menschenhand beeinflusst wird. Die neue Bezeichnung der siebenbürgischen Frauengruppe, die sich seit über 25 Jahren in Frankfurt trifft, ist ein Beispiel dafür. Sie nennt sich nun „Seniorinnenkreis“. Sie ist die einzige aktive Gruppe in der evangelischen Gemeinde St. Katharina. Drehen wir den Zeiger der Uhr zurück, bekommen wir Einblick in die Entstehungsgeschichte der Frauenarbeit in Hessen, die eng verbunden ist mit diesen rührigen Frauen, deren Wurzeln nicht allein in Siebenbürgen liegen.
"Eine meiner Aufgaben sehe ich in der Förderung ...
"Eine meiner Aufgaben sehe ich in der Förderung der Frauenarbeit in ganz Hessen", sagte Ursula Tobias (Mitte), als sie 2014 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet wurde (diese Zeitung berichtete). Auf dem Bild mit dem Hessischen Landtagspräsidenten Norbert Kartmann und der Vorsitzenden des Landesverbands Hessen, Ingwelde Juchum. Foto: Christoph Huppert
Schon in den ersten Jahren nach der Gründung der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen wurden Frauen in Hessen aktiv. Sie unterstützten den Landesvorstand in der Betreuung von siebenbürgischen Familien; sie trafen sich regelmäßig privat, um sich auszutauschen. Dank ihrer stetig wachsenden Zahl veränderten sich sowohl die Formen als auch die Inhalte ihrer Treffen. Die Frauen begannen sich „sinnvoll“ mit Handarbeiten zu beschäftigen, die verkauft wurden. Ein Renner waren beispielsweise Socken aus Schafswolle. Der Erlös kam der Gemeinschaft der Landsleute zu Gute, sowohl hier als auch in Siebenbürgen. In den 1970er Jahren fanden die Treffen in den Räumen des Gewerkschaftshauses in Frankfurt statt. Auf Maria Zier, die in den Nachkriegsjahren die soziale Betreuung vieler Landsleute übernommen hatte, folgten weitere verantwortliche Frauen. Sie bemühten sich ehrenamtlich um den Fortbestand der Frauenarbeit: Melitta Lukas, Hertha Henning (nach 1960 und 1989/90), Hertha Marzell, Frau Kenst (bis 1972), Hilde Kissel, Ingeborg Schliwa (bis 1991), Gertraut Salmen (ab 1991) und Ursula Tobias. (Mangels schriftlicher Unterlagen könnte die Reihe ihrer Nachfolgerinnen lückenhaft sein.) Bis Anfang der 1980er Jahre waren diese rührigen Frauen als Beisitzerinnen oder Schriftführerinnen im Landesvorstand vertreten. Sie unterstützten die Feste im Jahreslauf und die kulturellen Veranstaltungen, die von der Landesgruppe Hessen organisiert wurden. Die Frauen bereiteten die Tombola für den Fasching vor, organisierten Muttertagsfeiern, bei den Waldfesten buken sie Baumstriezel und betreuten die Kinder. Die Weihnachtsfeier bedurfte besonders zeitiger Vorbereitungen: Einstudieren des Krippenspiels mit Kindern, Weihnachtspäckchen füllen, Weihnachtsschmuck basteln und Liedtexte schreiben.

Die Frauengruppe vergrößerte sich stetig. Zu den monatlichen Treffen wurden Referenten eingeladen, es wurde gehäkelt oder gestrickt. Außerdem wurden Konzerte besucht und Ausflüge organisiert. Besonders stolz waren die Frauen, die ein festes „Zuhause“ im Gemeindehaus St. Katharina hatten, auf den Verkauf ihrer Handarbeiten und des Kleingebäcks beim Weihnachtsbasar der Gemeinde. Der Erlös wurde dem Sozialwerk für Hilfssendungen nach Siebenbürgen überwiesen. Vermutlich wurde Ende der 1980er Jahre das Referat für Frauenarbeit in Hessen als Teil des Landesvorstands eingeführt; Hertha Henning übernahm z.B. 1989 das Frauen- und Sozialreferat im Vorstand des Landesverbandes.

1992 wurde Ursula Tobias vom Landesvorstand als Referentin für die Frauenarbeit berufen. Sie führte die Organisation des Frauenkreises in Frankfurt fort und rief parallel dazu eine neue Aktivität ins Leben: die Frauentagung. Damit wollte sie eine größere Zahl der siebenbürgischen Frauen in Hessen erreichen. Zeitweise wurde sie von Ortrun Maurer unterstützt. In den Vordergrund rückten thematische Tagungen, die zeigten, dass sich die traditionelle Rolle der Frau gewandelt hatte, und die sich „an eine selbstbewusste und alle Tätigkeitsfelder sozialen und politischen Lebens abdeckende Frau wenden“. Basteln, Handarbeiten, Singen wurden Teil der Tagung, sofern es zum Thema passte. Als Beispiele seien angeführt die Tagung „Was können wir als siebenbürgische Frauen für Europa einbringen?/Österlicher Brauch in Siebenbürgen; praktisches Osterbasteln“ von 1993 sowie „Frauengestalten und Frauen gestalten“ von 1998. Zu Gast war Ulrike Holler (Journalistin) mit dem Referat „Die Frau in der Öffentlichkeit“; anschließend Seidenmalerei oder Blumengestecke binden. 2012 übernahmen Karin Scheiner und Hertha Tezel das Referat für Frauenarbeit. Die thematischen Tagungen finden jährlich statt. Daran nehmen siebenbürgische Frauen und Gäste aus ganz Hessen teil. Die Wahl der Themen orientiert sich an den Bedürfnissen der modernen Frau wie z.B. Farb- und Stilberatung, Persönlichkeitsentwicklung, Kommunikationstechniken in der Familie und im Beruf; umfasst Stadtführungen und Exkursionen zum Kennenlernen Hessens. Referate, die einen Bezug zu Siebenbürgen haben, und die Pflege sächsischen Brauchtums sind starke Magneten für eine rege Beteiligung. Exkursionen nach Gundelsheim und zu den Keramikwerkstätten der Familie Etter gehörten zum Programm. Ursula Tobias betreute weiterhin mit viel Engagement die Gruppe der Seniorinnen in Frankfurt, deren monatliche Anwesenheit im Gemeindehaus hoch geschätzt war.

Erwähnt und gewürdigt werden müssen unbedingt die Tätigkeiten der Frauen in den Kreisverbänden, wo sie als Vorsitzende, Kassiererin, Schriftführerin oder Leiterin einer Sing- oder Tanzgruppe hervorragende Arbeit leisten. Durch ihr Ehrenamt tragen sie zum Erhalt und Fortbestand der siebenbürgischen Gemeinschaft und ihrer Traditionen bei.

Karin Scheiner

Schlagwörter: Jubiläum, Hessen, Frauenarbeit, Ehrenamt, Verbandspolitik

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