16. Juli 2023

Vielfalt ein großes Thema bei den Kulturtagen der Aussiedler in Nürnberg

"Die Tage der deutschen Kulturvielfalt organisieren die Aussiedler in Nürnberg zusammen mit dem Haus der Heimat jährlich seit 1986 als Aussiedlerkulturtage. Sie bieten der Bevölkerung insgesamt Gelegenheit, diesen Zweig deutscher Kultur näher kennenzulernen. Das ist wichtig, weil dadurch auch das Bewusstsein für die Leistungen in den Herkunftsgebieten geschärft wird. Dieses Potenzial sollte man europäisch sinnvoll nutzen und zu einem Bindeglied der europäischen Einigung werden lassen!“ Mit diesen Worten eröffnete Werner Henning, der Vorsitzende des Hauses der Heimat (HdH) Nürnberg und CSU-Stadtrat, am Freitag, den 19. Mai, im HdH das dreitägige Fest, wonach Christoph Krusel, der Vorsitzende der Landsmannschaft der Oberschlesier Nürnberg, die zahlreichen Ehrengäste begrüßte.
Gruppenbild bei den Tagen der Deutschen ...
Gruppenbild bei den Tagen der Deutschen Kulturvielfalt in Nürnberg. Foto: Franz Hof
Musikalisch umrahmt durch Familie Deistler von der Egerländer Gmoi, die u.a. traditionelle Weisen aus der Oberpfalz an der Gitarre (Ingrid), dem Dudelsack (Gerald) und an der vom Großvater als Gesellenstück produzierten Geige (Irmgard) aufführte, nach einer Videobotschaft des Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder, der es gut findet, wenn die Aussiedler in Deutschland ihre Wurzeln nicht aufgeben, sprachen einige Ehrengäste aus der Politik. Die Schriftstellerin und Historikerin Dr. Sabine Weigand, MdL, Bündnis 90/Die Grünen beleuchtete ausführlich den Begriff Heimat und schloss mit: „Eine neue Heimat muss man sich erst erschließen, erarbeiten, erleben. Wer sie findet, ist glücklich. Das geht aber nur, wenn die Gesellschaft offen ist und sich nicht speist aus der Herabwürdigung des Fremden.“ Ihr Kollege aus dem Bereich der Grünen, Bezirksrat Daniel Arnold, in Vertretung des Bezirkstagspräsidenten von Mittelfranken, erwähnte das Motto der EU „In Vielfalt geeint“, weil man dann spürt, wo man dazugehört. Er zeigte am Beispiel von „Der Fiedler auf dem Dach“, wie man auch in der Musik die Heimat weitertragen kann. Diana Liberova, Nürnberger SPD-Stadträtin, formulierte die „Vielfalt des Deutschseins“ und dass Deutschland so stark sei, wie es die Vielfalt anerkenne. Sie schloss mit: „Auch der Bezug zur Heimat kann sich ändern. Heute kann ich mich mehr mit der Ukraine identifizieren, wo meine Großeltern herkommen, nicht mit Russland, wo ich aufgewachsen bin.“

Katrin Weber M.A., Leiterin der Trachtenforschungs- und -beratungsstelle im Kulturhaus des Bezirks Mittelfranken, präsentierte im Vortrag „Heimat im Gepäck – wie aus einer Idee ein Buch wurde“ den Werdegang ihres Buches, das sich auf Zeitzeugenbefragungen stützt, und referierte zum Begriff Erinnerung. Im Saal hing eine Bilderausstellung mit Egerländer Trachten um 1900 von Gustav Zindel und im Seminarraum, wo das Büfett serviert wurde, hatte Margarita Zippel eine Bilderausstellung des von Tatjana Schneider geleiteten HdH-Malkurses Colorit mit dem Titel „Kunst ist, was bleibt.“ arrangiert.

Die Verbindung zum nächsten Tag, an dem vier Kunstworkshops mit Kindern und Jugendlichen im HdH stattfinden sollten, machte die beeindruckende Aufführung des Prologs von „Die Suche nach dem Blauen Glücksvogel“, ein von der Theaterpädagogin und Regisseurin Alevtina Miller als experimentelle Arbeit mit Kindern und Jugendlichen gewagtes Projekt. Beim gemütlichen Beisammensein mit oberschlesischen, von Alice Krusel zubereiteten Spezialitäten wie z.B. der Suppe Żur oder dem Eintopf Bigos gab es also viel Stoff für interessante Gespräche.

Vier Paläste gab es am Samstag im Haus der Heimat, jeder Raum gut gefüllt mit emsig arbeitenden und musizierenden jungen Menschen: Palast der Natur, der Nacht, der Glückseligkeit und der Lieder. Nach zwei Stunden trafen sich die Aktiven aus den Kunstworkshops mit ihren Werken im Palast der Zukunft, um das Geheimnis des Blauen Glücksvogels zu erfahren. Alle, auch die Eltern der Kleinsten, ließen sich mitreißen in die Geschichten, die das Wasser, das Feuer, das Brot, die instrumentalen Klänge und Lieder der Kinder erzählten. Regisseurin Alevtina Miller und die vier Workshopleiterinnen freuten sich über das gelungene Projekt, die Projekt-Theatergruppe bekam den verdienten Applaus und alle Hungrigen zum Abschluss einen Imbiss.

Der Sonntag stand im Zeichen der Trachten und Blasmusik. Oberbürgermeister Marcus König, der Schirmherr der Kulturtage, besuchte zusammen mit den Gästen des Kulturtages die Andacht, die Pfarrer Dr. Karsten Junk von der Pfarrei Hl. Edith Stein in der Kirche Hl. Dreifaltigkeit in Langwasser zusammen mit Trachtenträgern der verschiedenen Landsmannschaften gestaltete. Nachher war die Trachtenschau vor der Kirche, begleitet von der Blaskapelle „Blechklang“ unter der Leitung von Hans Eichinger, eine Augenweide, wie Karl Freller, MdL, CSU, in seinem Grußwort sagte. Der Landtagsvizepräsident, der seit 41 Jahren im Landesparlament ist, wirbt eindringlich für Demokratie, „weil nur diese eine Chance für alle ist, die neu gekommen sind“. Verena Osgyan, MdL, Bündnis 90/Die Grünen sprach von Einheit in der Vielfalt und betonte, dass wir Aussiedler „einen Schatz haben, den wir mitbringen: Traditionen und Menschen mit viel Erfahrung mit Vielfalt!“ Das Gruppenfoto der Ehrengäste, darunter auch Werner Henning, der Vorsitzende des Hauses der Heimat, mit den Trachtenträgern zeigt auch die Vielfalt der Trachten, die Heimatvertriebene und Aussiedler mitbringen. Die Auftritte der Sing- und Tanzgruppen im angenehmen Sonnenschein eines wolkenlosen Frühlingshimmels verbreiteten Feststimmung und gute Laune: die Singgruppe der Oberschlesier (Leitung Alice Krusel), Siebenbürgische Tanzgruppe Nürnberg (Leitung Annekatrin Streifert und Rosi Bartel), Singgruppe der Egerländer Gmoi (Leitung Roland Gössl und Ingrid Deistler), Kindertanzgruppe der Russlanddeutschen Fürth „Schmetterlinge“ (Leitung Elena Borisova), der Chor der Sprachschüler HdH (Leitung Tatjana Gettich), die Tanzgruppe der Egerländer Gmoi (Leitung Erich Bartsch und Gabi Rohowski), die Tanzgruppe Haus der Heimat (Leitung Franz Hof), der Chor der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland Fürth „Sonnenklänge“ (Leitung Arkadij Pevtsov), die Tanzschule Franz Hof „Surprise“ und die Singgruppe Haus der Heimat „Volksquelle remixed“ (Leitung Oxana Jurk). Die Auftritte wurden charmant moderiert von Leonie Vetter. Nach dem gemeinsamen Singen der Volkslieder „Wahre Freundschaft“ und „Kein schöner Land“ wurde an einzelnen Tischen auch später noch gesungen. Ansonsten lauschte man den Klängen der Blasmusik oder tanzte dazu.

Die Landsmannschaft der Oberschlesier hatte die Organisation dieses Sonntags inne und die zahlreichen engagierten Helfer führten das Fest zum Erfolg. Beim Abschied klang vielen noch sehr angenehm in den Ohren, was Oberbürgermeister Marcus König in seinem Grußwort herausgearbeitet hatte: die Bitte, unsere „von den Heimatvertriebenen und Aussiedlern mitgebrachte vielfältige Kultur auch weiterhin sichtbar zu machen, denn wir alle sind Nürnberg!“

Der Dank für diese drei Festtage gebührt ganz vielen Menschen: den Helfer/innen, den Organisator/innen, Ehrengästen, Trachtenträger/innen, Sänger/innen und Tänzer/innen, den Bläsern und den beherbergenden Institutionen. Diese gepflegte Gemeinschaft stärkt die einzelnen Glieder und wird selbst durch die einzelnen Glieder gespeist, gestärkt, getragen.

Doris Hutter

Schlagwörter: Nürnberg, Aussiedler, Kulturtage, Nürnberg, Henning

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