2. November 2010

Sagenbilder der Hermannstädter Künstlerin Sieglinde Bottesch in limitierter Auflage erschienen

Ihr Kalender mit siebenbürgischen Sprichwörtern für das Jahr 1980 war für die damalige Woche (Hermannstädter Zeitung) ein Renner. Er war innerhalb weniger Wochen ausverkauft. Er sprach nicht nur ein sächsisches Publikum an. Eine aus Bukarest stammende Wahlsiebenbürgerin schickte einen begeisterten Leserbrief an die Zeitung: „Die mit Natürlichkeit und liebevoller Ironie gezeichneten Gestalten sind uns so schnell vertraut, dass wir uns fragen müssen, ob wir ihnen nicht schon begegnet sind, irgendwann einmal, als wir die Welt noch neugierig, voller Verwunderung wahrnahmen und uns noch alle Lebewesen und Dinge gleich schön und wichtig erschienen“.
Die Rede ist von Sieglinde Bottesch. Die Hermannstädter Künstlerin und Kunsterzieherin hatte 1978 damit begonnen, Sagen und Ortsgeschichten, die der aus Kerz stammende Journalist Friedrich Schuster in den 1970er Jahren noch reichlich in Siebenbürgen aufzeichnen konnte, für die Woche zu illustrieren. Ihre Linolschnitte entdeckten den oft unter schwerfälligen Formulierungen schlummernden Mutterwitz der Geschichten, dem sie so erdverbunden und archaisch wie zierlich leicht Ausdruck verleihen konnten. Die für die Zeitung angefertigten Kompositionen und Vignetten und ebenso die großen Kalenderblätter halten eine stilsichere Balance zwischen Tradition (der sogenannten Volkskunst) und ihrer künstlerischen Abstraktion im Sinne der naiven Kunst, wie sie z.B. der von ihr verehrte Paul Klee nutzte. Fast zehn Jahre lang schnitt die Grafikerin ihre unverwechselbaren Hünen und Truden, Milchhexen und Feuerdrachen, wilden Büffelstiere und musizierenden Hunde – Mythisches und Märchenhaftes aus dem sächsischen Erinnerungsschatz. Viele hundert dieser einzigartigen kleinen Kunstwerke schlummern in den vergilbenden Sammlungen der Woche und des Neuen Weg (wo die Sagenserie ab 1983 erschien). Man wünschte es sich, dass sie zusammen mit den Texten neu erscheinen könnten, um von den Kindern und Enkeln der damaligen Erlebnisgeneration entdeckt zu werden. Die Ausstellungen, die Bottesch seit ihrer Ausreise 1987 in Heilbronn, München, Ingolstadt und auch in Hermannstadt damit bestritten hat, haben gezeigt, dass die Bilder auch Kinder und Erwachsene ansprechen, die nicht mehr siebenbürgisch-sächsisch sozialisiert sind.

Sieglinde Bottesch: Wetterdrachen ...
Sieglinde Bottesch: Wetterdrachen
Ein Anfang wurde gemacht. 2008 hat der Johannis Reeg Verlag die Bilder des Woche-Kalenders als Postkarten-Kalender neu aufgelegt. Nun hat die kleine, aber feine Edition Rieger zwölf Bildgeschichten von Sieglinde Bottesch in einer limitierten Auflage von hundert handsignierten Exemplaren in einem bibliophilen Büchlein herausgegeben: Die Wetterdrachen. Siebenbürgisch-Sächsische Sagen in Bildern. Es enthält Illustrationen, die Sieglinde Bottesch in den 1980ern für eine Sagensammlung von Claus Stephani angefertigt hatte: Die Sonnenpferde. Sagen aus dem Zeckescher Land, erschienen 1983 als Kinderbuch im Bukarester Ion Creangă Verlag, auf dem damals üblichen schlechten Papier. Zwölf großformatige Bildkompositionen daraus hat die Künstlerin nun für den Neudruck aufbereitet. Die dazugehörigen Sagen hat sie mit Genehmigung des Autors auf jeweils einen prägnanten Textauszug reduziert. Da die Auflage bereits ausverkauft ist, wird eine zweite Auflage von ebenfalls nur 100 Stück derzeit vorbereitet.

Annemarie Weber


Sieglinde Bottesch: „Die Wetterdrachen. Siebenbürgisch-Sächsische Sagen in Bildern“, Edition Rieger, Karwe, 2010, 32 Seiten, Format ca. DIN A5, ISBN 978-3-941187-20-7, Preis: 10,00 Euro (+ Versandkosten 2 Euro innerhalb Deutschlands). Bestellungen bitte direkt an Sieglinde Bottesch, Max-Schott-Straße 13, 85057 Ingolstadt, Telefon: (08 41) 8 10 76; E-Mail: Sieglinde_Bottesch[ät]freenet.de.
Die Wetterdrachen
Die Wetterdrachen

Unbekannter Einband
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Schlagwörter: Rezension, Kunst, Bottesch

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