14. November 2010

Deutschordenstagung mit prominenten Rednern in Bad Kissingen

Unter dem Titel „Der Deutsche Orden im Burzenland (1211-1225)“ veranstaltete die Akademie Mitteleuropa vom 29. bis 31. Oktober in Bad Kissingen eine Vorbereitungstagung zum 800. Jahrestag der Ordensniederlassung in Siebenbürgen, der zugleich der 800. Jahrestag seit der ersten urkundlichen Erwähnung des Burzenlandes ist. Etwa 50 Teilnehmer, die meisten davon Burzenländer aus Deutschland und Siebenbürgen, trafen im „Heiligenhof“ zusammen.
Nach der Programmeinführung am Freitagabend durch den Studienleiter des Heiligenhofes, Gustav Binder, eröffnete der Schriftsteller Hans Bergel die Tagung mit einer Lesung zur „Landschaft, die mich erfand: Das Burzenland“. Er las „Eine deutsche Geschichte“ aus seinem neuen Band „Am Vorabend des Taifuns. Geschichten aus einem abenteuerlichen Leben“ (Edition Noack & Block, Berlin, 2011) sowie den Text „Der Major und die Mitternachtsglocke“, eine von neun Erzählungen, die im kommenden Frühjahr veröffentlicht werden sollen.

Hans Bergel während seiner Lesung in Bad ...
Hans Bergel während seiner Lesung in Bad Kissingen.
Der arbeitsintensive Samstag begann mit einer Zusammenfassung der acht Jahrhunderte langen Geschichte des Deutschen Ordens. Der Referent, Prof. Udo Arnold (Bonn), erklärte den Tagungsteilnehmern die Gründung des Hospitals in Akkon als Ursprung des Deutschen Ordens im Heiligen Land und die Ausbreitung dieses (nach Templern und Johannitern) dritt- größten Kreuzzugsordens am Rande christlicher Machtzentren – so u.a. im Burzenland. Nach dem Fall Akkons wurde die Zentrale des Ordens nach Preußen verlagert. Unter den Habsburgern erlebte die Ritterbruderschaft einen strukturellen Wandel, um schließlich bis in die Gegenwart als klerikaler Orden – ohne Ritter – von Priestern weitergeführt zu werden.

„Historische Quellen zur Ordensgeschichte in Siebenbürgen“ anhand von einigen der dreißig erhaltenen Urkunden deutete Prof. Harald Zimmermann (Tübingen). Die erste Urkunde, aus dem Jahre 1211, verlieh das Burzenland („terra deserta, inhabitata“) an den Deutschen Orden. Danach folgten auch Bestätigungsurkunden vom Papst, was die letztendliche Vertreibung des Ordens im Jahr 1225 aber nicht hinderte.
Udo Buhn (links) überreicht Prof. Harald ...
Udo Buhn (links) überreicht Prof. Harald Zimmermann den Burzenländer Kalender 2011. Foto: Siegbert Bruss
Eine gespannte Diskussion löste Horst Klusch (Hermannstadt) aus, der als Hobbyhistoriker seine Hypothesen zur Ansiedlung des Ordens im Karpatenbogen vorstellte, und zwar dass schon 1192 ein Deutsches Hospital in der Moldau bestanden habe, das gemeinsam mit dem Milkower Bistum, auf Anregung der päpstlichen Kurie, den Kampf gegen das Heidentum aus dem Osten führte. Laut Klusch seien die Namen „Transilvania“ und „Septem castra“ (Siebenbürgen) für unterschiedliche Gebiete benützt worden. Quellenkritisch wurden die Thesen von Prof. Arnold und Prof. Zimmermann diskutiert. Letzterer verteilte den Teilnehmern seine zusammengefassten Gegenargumente in fotokopierter Form. Er bewies z.B., dass die Karten des Mittelalters nicht relevant, weil ungenau seien und dass die von Horst Klusch erwähnte Urkunde des Bischofs Laurentius von Milkow von 1096 eine Fälschung sei. Dr. Otto Mittelstraß, Gründungsvorsitzender des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde, zeigte als Beispiel alter Kartographie eine Kopie der berühmten „mappa mundi“ aus Hereford (etwa 14. Jahrhundert), die bis dato als größte vollständig erhaltene mittelalterliche Weltkarte gilt.

Der schöne Herbstnachmittag wurde genutzt, um das unweit gelegene Münnerstadt und das dortige Deutschordensschloss zu besuchen, das heute als „Henneberg-Museum“ fungiert. Die Ausstellung bezieht sich auf die Geschichte, Kultur und Naturlandschaft der Gegend, in der eine wichtige Rolle auch der Deutsche Orden gespielt hat. Die Besichtigung der Stadtpfarrkirche mit dem Magdalenenaltar von Tilman Riemenschneider schloss den Nachmittag ab.

Wie auch am ersten Tagungsabend, an dem in geselliger Runde der Film „Von Rittern und Burgen im Burzenland“ von Erwin Kraus gezeigt wurde – ein Arbeitsentwurf, zu dem die Zuschauer Ergänzungs- und Verbesserungsvorschläge machten, trafen sich die Burzenländer auch am Samstagabend in einem Seminarraum des Heiligenhofes. Die Tagung war auf Initiative der HOG-Regionalgruppe Burzenland entstanden, sprach aber Kreisgruppen, Foren und andere Organisationen an, die sich über die Geschichte informieren und das Jubiläumsjahr 2011 planen wollen. So wurden Vorschläge zur Gestaltung des Heimattages in Dinkelsbühl und des Sachsentreffens in Kronstadt erörtert. Berichte der Heimatortsgemeinschaften und der Vertreter der deutschen Minderheit in Rumänien rundeten das Tagungsprogramm ab.
Harald Roth (rechts) und Studienleiter Gustav ...
Harald Roth (rechts) und Studienleiter Gustav Binder. Fotos: Siegbert Bruss
Der Sonntag begann mit einer Andacht zum Reformationstag, gehalten von Pfarrer Dr. Peter Klein (Petersberg). Der geplante Vortrag von Balduin Herter (Mosbach) zum Thema „Neuere Erkenntnisse über die Schwarzburg (Zeiden/ Codlea/Feketehalom)“ entfiel, die Anwesenden erhielten ein gedrucktes Resümee des Vortrages.

Der Historiker Harald Roth (Potsdam) ging auf das Burzenland „im Blickpunkt europäischen Geschehens“ ein. Er sprach über das erste Stadtrecht der Burzenländer Provinz aus dem 14. Jahrhundert und den darauffolgenden Aufstieg Kronstadts zur wichtigsten Stadt der Region, die lange Zeit als uneinnehmbar galt und sogar von Herrschern der Walachei und Moldau als sicherer Zufluchtsort in Anspruch genommen wurde. Nach und nach entwickelte sich Kronstadt zur führenden Stadt der Sächsischen Nation, auch wenn die Rolle der politischen Entscheidung nur in kritischen Zeiten und nur vorübergehend ausgeübt wurde. Kronstadt war in hohem Maße eine selbstständige Stadt, was sie auch um 1600 im Widerstand gegen Bathorys Heer bewies. Um 1720 war Kronstadt mit über 17 000 Einwohnern mit Abstand die größte Stadt Ungarns, wobei das gesamte Burzenland stets große Offenheit und liberales Denken bewies. Mit den politischen Prozessen der 1950er Jahre und dem Arbeiteraufstand am 15. November 1987 rückte Kronstadt im 20. Jahrhundert erneut in den Blickpunkt europäischen Geschehens.
Prof. Dr. Udo Arnold, hervorragender Kenner der ...
Prof. Dr. Udo Arnold, hervorragender Kenner der Geschichte des Deutschen Ordens.
Der Vortrag „Zur Rezeption der Ordensgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert: Die Schlacht bei Tannenberg/Grunwald 1410 als politisches Symbol“ schlug eine Brücke über die Zeit. Prof. Arnold erläuterte die Ursprünge des eisernen Kreuzes im Symbol des Deutschen Ordens und stellte unterschiedliche polnische und deutsche Schulbuchbeschreibungen zur Schlacht von Tannenberg/Grunwald vor. In Gattungen wie Malerei (und deren Nachfolger im politischen Plakat), Roman (bzw. Film) und Denkmal wurde die Symbolik von Tannenberg auf die Gegenwart übertragen, sogar im Jahre 2008 erschien ein Zeitschrifttitelblatt dazu. Schließlich zeigt der Deutsche Orden bis heute Präsenz: Im Juli dieses Jahres, am 600. Jahrestag der Schlacht, die den Niedergang der Ordensherrschaft im Osten zur Folge hatte, nahm der 65. Hochmeister des Ordens, Dr. Bruno Platter, an der Gedenkfeier in Grunwald teil.

Christine Chiriac

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Tagung in Bad Kissingen über „Deutschen Orden im Burzenland“

Schlagwörter: Jubiläumsjahr 2011, Burzenland, Bad Kissingen

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