23. Februar 2011

Neue DVD: "Die gute alte Zeit im Unterwald"

Eine gewisse Nostalgie ist schon im Titel „gute alte Zeit“ unverkennbar. Das hat etwas mit „Schade, dass sie vorbei ist!“ zu tun. Es war tatsächlich eine andere, im Rückblick vieler eine wirklich gute alte Zeit, eine Zeit, der man auch deutlich nachtrauert, was in der neuen von Günter Czernetzky herausgegebenen DVD „Die gute alte Zeit im Unterwald“ schonungslos preisgegeben wird. Und all das von rumänischen Filmemachern, vorwiegend von Studenten der Fakultät für Journalistik der „Lucian Blaga“ Universität in Hermannstadt.
Czernetzkys Zusammenarbeit mit diesen jungen Menschen ist in vielerlei Hinsicht ein großer Gewinn: Die Kurzfilme sind Kunstwerke, die neuen Erkenntnisse junger Rumänen über „die gute alte Zeit“, als Sachsen in siebenbürgischen Orten noch tonangebend waren, sind wirkungsvoll und leisten einen gewichtigen Beitrag zur Weitergabe des sächsischen Kulturguts an unsere Nachfolger in Siebenbürgen.
Alle Kurzfilme der neuen DVD sind sehenswert – auch wenn von jedem Zuschauer (leider) erwartet wird, Rumänisch zu verstehen. Schon deren aussagekräftige Titel machen neugierig: „Der Afrika-Binder aus Mühlbach“ von Angela Zaporojan, „Die Bräute von Urwegen“ von Maria Minchevici, „Kitsch in Kelling“ von Emilia Robescu, „Das ‚Verlangen’ in Dobring“ von Andrei Ciufudean, „Die Bojaren von Gießhübel“ von Ioana Bruma, „Bußd geht vor die Hunde“ von Andreea Man, „Reußmarkt lässt grüßen!“ von Maria-Teodora Secul, „Die Papierfabrik in Petersdorf" von Cristina Stan, „Wer’s glaubt, wird selig... in Broos!“ von Veronica Vitoroi oder „Als die Großpolder Männer noch sangen...“ von Adelina Solomia. Hinzu kommen noch im Bonus-Filmteil: „Die Mahnung von Kelling“, „Viehmarkt in Großpold“ und „Beerdigung in Großpold“ aus dem Film „Wunden“ von Günter Czernetzky (1993), „Kirchenburg Reußmarkt“ von Alex Mihăilescu und Dragoș Tudor, und Bettina Schubert liest siebenbürgische Märchen („Der Aschenputtel“ und „Armut gilt nichts, Reichtum ist Verstand“ – hier hätte man Bettina Schubert auch gern gesehen). Dazwischen eine Diashow von Gergeschdorf aus dem Heimatbuch Gergeschdorf von Thomas Nägler und Michael Stefani, deren Rolle hier unklar bleibt. Die Filme scheuen sich nicht, neben allgemein weniger bekannten großen Leistungen (etwa zur Spitzenstellung der sächsischen Pharmazie in Mühlbach, zum nach wie vor imposanten sächsischen Kirchenbau im Unterwald, zur renommierten Papierfabrik in Petersdorf („Am fost mândri să fim Petreșteni!“ – „Wir waren stolz, Petersdorfer zu sein!“) oder zu dem weitbekannten Großpolder Männergesangsverein) auch Schmerzhaftes festzuhalten: etwa das aktuelle Roma-Problem in Broos, den Verfall architektonischer Kulturgüter, z.B. Bußd: „orga bisericii e mută, vandalizată și nefuncțională” – „Die Kirchenorgel ist stumm, vandalisiert, funktioniert nicht mehr.” Bußd: „ nimeni nu mai are interes în protejarea acestui patrimoniu valoros al Transilvaniei” – „niemand ist daran interessiert, dieses wertvolle Kulturgut Siebenbürgens zu schützen”.

Symptomatisch (auch) für die ehemals deutschen Orte des Unterwaldes sind die Aussagen von Adolf Hutter und Michael Fleischer aus Reußmarkt: „Inzwischen hat der Niedergang dieser schönen Ortschaft begonnen. Die meisten Jüngeren sind in ihr Mutterland Deutschland gezogen. Die wenigen Sachsen, die noch in Reußmarkt geblieben sind, haben nur noch die Erinnerungen aus einer blühenden Epoche.“ („Puținii sași rămași în Miercurea Sibiului mai au doar amintirile rămase dintr-o epocă înfloritoare.“)

Dennoch stimmen die einzelnen Sequenzen der DVD nicht unbedingt traurig. Wohl auch weil sie geschickt und professionell erstellt wurden. Von der „guten alten Zeit“ kann man auch lernen, auch wenn der fast schon verzweifelte Ruf von Georg Krampels (von 1994 in Kelling im Film „Wunden“) „Leute, bleibt zu Hause!!!“ längst verhallt ist. Ein Letztes: Lieber Günter, bitte künftig als notwendigen Service auch deutsche Untertitel einsetzen, wenn rumänisch gesprochen wird. Die DVD kann zum Preis 15 Euro, zuzüglich Porto, bei Bettina Schubert, Fritschestraße 77, 10585 Berlin, E-Mail: rubicongbr [ät] gmx.de, Telefon: (0179) 1176456 (für Sonderfälle), bestellt werden. Die DVD ist mittlerweile auch mit deutschen und rumänischen Untertiteln erhältlich.

Horst Göbbel

Schlagwörter: Rezension, DVD, Unterwald

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