19. April 2011

Rudolf-Lassel-Feier in Kronstadt

Dem am 15. März 1861 in Kronstadt geborenen Komponisten, Organisten, Chordirigenten, Musikpädagogen Rudolf Lassel wurde ein abendfüllendes Programm genau am Stichtag seiner Geburt gewidmet, gestaltet von mehreren Musikformationen und Solisten. Hauptinitiator war der vielseitige Kronstädter Musiker Steffen Schlandt, der nur wenige Tage zuvor seine Dissertation an der Musikakademie von Klausenburg verteidigt hatte und nun Doktor der Musikwissenschaften ist. Seine Erfahrung in der Organisation der jährlichen Musikreihe „Diletto Musicale“ in Tartlau, der „Musica Coronenis“ in Kronstadt lässt bei Steffen Schlandt immer neue Ideen zur Gestaltung musikalischer Veranstaltungen aufkommen, die bei den Musikfreunden Anerkennung finden. So auch im Falle der Rudolf-Lassel-Feier, in der er dessen Leben und Schaffen präsentierte.
Schlandts Power-Point-Präsentation wurde von acht musikalischen Einlagen begleitet, die dem Publikum einen Teil des Werkes Rudolf Lassels in Erinnerung brachten. Die eigene vielseitige musikalische Ausbildung Steffen Schlandts kam an diesem Abend wieder zum Ausdruck: als Referent, Interpret, Chordirigent. Gefühlvoll interpretierte er am Klavier den Jugendidyll-Walzer, den Lassel mit 16 Jahren, als „lebensfroher Knabe“, komponierte.

Gruft der Familie Lassel auf dem  ...
Gruft der Familie Lassel auf dem Innerstädtischen Friedhof in Kronstadt. Foto: Schlandt
Nach dem Studium in Leipzig und kurzen Stationen als Gesanglehrer in Kronstadt und Bistritz erhält Rudolf Lassel 1887 die Organistenstelle in der Schwarzen Kirche. Zum ersten Mal belegt eine Person gleichzeitig die Stelle als Organist und Kantor. Steffen Schlandt bot Aufschluss über die Organisten und Kantoren bis zu Lassel. Zwischendurch interpretierte der Canzonetta-Jugendchor, bestehend aus Schülern der Honterusschule, „Ein kleines Lied“ mit Chorleiterin Ingeborg Acker als Solistin. Die Klavierbegleitung sicherte Steffen Schlandt, der anschließend weitere Aspekte aus dem Schaffen Lassels erörterte. Er vereinigte 1900 das Chorbuch der evangelischen Landeskirche. 1907 wurde zum ersten Mal unter seiner Leitung eine Bachkantate in Kronstadt aufgeführt. 1912 organisierte er ein Konzert zum Gedenken an die Opfer der Titanic, 1917 spielte er auf der Orgel der Schwarzen Kirche anlässlich des Besuches von Kaiser Wilhelm. Zum rumänischen Königshaus hatte er gute Beziehungen und spielte mehrmals im Schloss Peleș. Der Bachchor interpretierte gekonnt „Die Betglocke“. Rudolf Lassel hatte 1894 den Schülerkirchenchor gegründet, der unter seiner Leitung gemeinsam mit dem Männergesangverein bei verschiedenen Festlichkeiten auftrat.

In der Aula der Honterusschule folgte ein weiterer musikalischer Höhepunkt. Ein Streichquartett, bestehend aus Elena Cristian, Valentin und Oana Jeinov, Alexandra Enache, interpretierte gefühlvoll das „Quartett in B Dur“. Leider sind Werke von Lassel auch verschollen. Doch die erhaltenen zeugen von einer einfühlsamen Musikalität wie in „Amor im Pensionat“, ein Singspiel – nach einem Text von Julius Römer – für Frauenstimmen und Klavier, bei dem Eckart Schlandt die Begleitung übernahm.
Der Bachchor gestaltete die Lassel-Feier in ...
Der Bachchor gestaltete die Lassel-Feier in Kronstadt mit. Foto: Peter Simon
Dass ein Kantor Polkas, Walzer, fröhliche Musik komponiert, ist nichts Alltägliches. Doch den Tod seines Sohnes Erwin, der 1915 im Krieg gefallen war, konnte Lassel niemals überwinden. Er sah in ihm seinen Nachfolger, doch sollte es anderes kommen. Rudolf Lassel starb im Januar 1918 an den Folgen einer Lungenentzündung. Ingeborg Acker, begleitet von Steffen Schlandt am Klavier, interpretierte das Lied „Banger Abend“ von Helene Lassel, das diese ihrem Bruder Rudolf gewidmet hatte. Von ihr sind vier Lieder hinterlassen, deren Partituren durch Zufall in der Vorbereitung dieses Abends gefunden wurden. Einen krönenden Abschluss fand der Abend durch den mit dem Jugendbachchor vereinigten Bachchor, geleitet und am Klavier begleitet von Steffen Schlandt, mit den Liedern „Lass dich nur ja nichts dauern mit Trauern“ und „Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser“.

Werke von Rudolf Lassel werden weiterhin im Repertoire dieser Chorformationen zu hören sein. Wie Steffen Schlandt ankündigte, wird heuer auch ein Heft mit allen Chorwerken von Rudolf Lassel herausgebracht werden. Am C-Gebäude der Honterusschule, in dem der Komponist seine letzte Lebenszeit verbrachte, wird eine Gedenktafel enthüllt werden.

Es war ein schöner, in Erinnerung bleibender Abend, zu dessen Gelingen die gesamte Familie Schlandt wesentlich beigetragen hat, wofür sie gebührende Anerkennung verdient. Die Aula der Honterusschule bot den geeigneten Rahmen für diese Veranstaltung, dafür gilt auch der Schulleitung besonderer Dank.

Dieter Drotleff

(gekürzt aus "Karpatenrundschau" Nr. 12 vom 24. März 2011)

Schlagwörter: Kronstadt, Musiker, Chor, Gedenken

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