3. Dezember 2012

Leitfaden zur Restaurierung siebenbürgisch-sächsischer Bauernhäuser

Die geschlossenen historischen Dorfstrukturen in Südsiebenbürgen sind in Gefahr. Neubauten, Umbauten und Verfall verändern die über lange Zeit bewahrten harmonischen Dorfbilder. Besonders deutlich wird diese Entwicklung in den Ortschaften entlang der Nationalstraßen und größeren Städte, aber auch in den abgelegeneren Dörfern halten moderne Baumaterialien Einzug bzw. die Verwahrlosung, da es die Einwohner wegzieht.
Ein entschiedener Verfechter traditionellen Bauens und behutsamen Sanierens ist der Architekt Jan Hülsemann, der sich seit einem Jahrzehnt intensiv mit der bäuerlichen Architektur in Siebenbürgen – hauptsächlich mit der sächsischen – beschäftigt. In zahlreichen Restaurierungsprojekten, viele davon für den Mihai-Eminescu-Trust (MET), hat er eine Vielzahl von Bauformen und Bauschäden dokumentiert, die er jetzt in seinem jüngst erschienenen Buch „Das sächsische Bauernhaus in Siebenbürgen. Was wie machen an alten Häusern“ veröffentlichte. Dieses richtet sich an alle, die sich mit dem Bauen im Bestand im ländlichen Siebenbürgen beschäftigen, also in erster Linie an Architekten, Planer, Bauleiter und Handwerker, aber auch Bauherren, Selbstbauer und Laien.
Ein Jahrzehnt Erfahrung bei der Restaurierung ...
Ein Jahrzehnt Erfahrung bei der Restaurierung sächsischer Baudenkmäler: Architekt Jan Hülsemann bei einer Tagung des Mihai-Eminescu-Trust am 14. November in Hermannstadt. Foto: Holger Wermke
Hülsemann legt mit dem 227 Seiten starken Buch einen umfassenden Reparatur- und Restaurierungsführer für siebenbürgisch-sächsische Bauernhäuser vor. Das Buch sei der definitive Führer zum Bau und Erhalt siebenbürgischer Dorfhäuser, es liefere alle praktischen Lösungen zur Pflege, Erhalt und geeigneter Anpassung der Architektur dieses einzigartigen europäischen Schatzes, heißt es im Vorwort, das der britische Thronfolger Prinz Charles verfasst hat.

Einen Überblick über typische Bauformen gibt der Autor eingangs, wobei er auf Untersuchungen und Darstellungen von Victor Roth, Hermann Phleps oder Paul Niedermaier zurückgreift. Er habe sich bei den hauskundlichen Darstellungen bewusst auf die deutschen Siedlungen in Südsiebenbürgen konzentriert, schreibt Hülsemann im Vorwort. Jedes Bauernhaus weise trotz der ausgesprochenen Typisierung so individuelle Merkmale auf, dass man keine zwei gleichen Häuser in ganz Siebenbürgen findet. Interessant seien zudem die sächsischen Scheunenkonstruktionen, die in Westeuropa seit dem Mittelalter „ausgestorben“ sind, in Siebenbürgen aber bis in das 20. Jahrhundert errichtet wurden.
Nach der Darstellung typischer Schadensbildern folgen die praktischen Kapitel. Systematisch geht Hülsemann auf die verschiedenen Bauteile eines Hauses ein: vom Mauerwerk und Putz, über Dächer, Decken, Fußböden bis hin zu Fenstern, Türen und Treppen. Ein eigener Abschnitt ist den Scheunen gewidmet sowie der Reparatur von Holzkonstruktionen und der Gestaltung von Außenanlagen. Hülsemann zeigt daneben Möglichkeiten für Kompromisse zwischen Alt und Neu, beispielsweise, wenn es um den Einbau von modernen Küchen, Bädern, Zentralheizungen oder Wärmedämmung geht. Erschienen ist der Leitfaden im Verlag der Interessengemeinschaft Bauernhaus (IGB). Diese machte Siebenbürgen zu ihrem Schwerpunktthema der aktuellen Ausgabe ihrer Zeitschrift Der Holznagel (5/2012). Hülsemann informiert über die Bedrohungen der dörflichen Hauslandschaft.

Wer noch ein Haus besitzt in Siebenbürgen und dessen historisches Erscheinungsbild bewahren möchte, dem sei der Leitfaden von Hülsemann ans Herz gelegt. Es ist ein Fachbuch, das sich in großer Tiefe und Sachkenntnis dem Sanieren sächsischer Bauernhäuser widmet. Auch wenn der Autor teilweise sehr tief in die Baumaterie eindringt, bleibt das Buch für den Baulaien verständlich. Hülsemann macht sich die Mühe und erklärt jedes erwähnte Bauteil und Bautechniken, gibt aber auch grundlegende Informationen zu Bodenbeschaffenheit, der Wirkung von Wasser und Salzen im Mauerwerk oder der Wirkung von Belastungen in Holzverbindungen. Dazu findet der Leser auf jeder Seite des Buches Fotografien und schematische Skizzen, die das Geschriebene anschaulich illustrieren.

Herausgegeben wurde „Das sächsische Bauernhaus in Siebenbürgen. Was wie machen an alten Häusern“ (ISBN: 978-3981061895) von der Interessengemeinschaft Bauernhaus e.V. Es ist für 29,90 Euro bei der IGB oder im Buchhandel erhältlich. Eine rumänische Übersetzung erscheint Ende dieses Jahres beim MET.

HW

Das sächsische Bauernhaus in S
Jan Hülsemann
Das sächsische Bauernhaus in Siebenbürgen: Was wie machen an alten Häusern?

Interessengemeinschaft Bauernhaus
Taschenbuch
EUR 29,90
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Schlagwörter: Buch, Architektur

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