14. Februar 2013

Die Blumenbilder von Josefine Bonfert

Für Siebenbürgen eine unbekannte Malerin am Ende des 20 Jahrhunderts ist Josefine Bonfert, die am 13. November 2012 hundert Jahre alt geworden wäre, in ihrer Heimatstadt Heltau jedoch schon gut bekannt. Ihrer frühen Liebe zur Malerei konnte sie erst im fortgeschrittenen Alter ab 60 Jahre, als sie in Rente ging, nachgehen. Zu ihrem Gedenken wird 2013 ein Büchlein mit einer Auswahl ihrer Bilder im Eigenverlag bei Erich Bonfert herausgegeben.
In der Jugend, als Teilnehmerin des Diasporaheimes von Hermannstadt, gegründet und geleitet vom Pfarrer Berthold Buchalla und seiner Gattin Katharina, konnte Josefine Bonfert ihren ersten Kontakt mit den Bildenden Künsten im Rahmen der allgemeinen religiösen, sozialen und ethischen Erziehung, die den „Diazöglingen“ im Diasporaheim des Gustav-Adolf- Vereins zuteil wurde, frönen. Katharina Buchalla, die auch liebevoll von allen „Zöglingen“ Kätchentante genannt wurde, war gleichzeitig auch ihre leibliche Tante. Frau Buchalla war eine sehr begabte, vielseitige Künstlerin; sie hatte in Deutschland Unterricht in Gesang und Malerei genommen und als Seele des Diasporaheimes war sie eine Frau mit hohen Idealen und edelsten menschlichen Eigenschaften. Sie war zu Lebenszeit für Frau Bonfert ein Vorbild, erweckte und prägte ihre Moralvorstellungen, Begabungen, Sehnsüchte.

Die Heltauer Malerin Josefine Bonfert (Aufnahme ...
Die Heltauer Malerin Josefine Bonfert (Aufnahme aus dem Jahr 1977)
Die Heirat 1937, die Geburt von vier Kindern in der Kriegszeit, die Verschleppung des Ehegatten nach Russland und die schwere Nachkriegszeit nahmen Frau Bonfert voll in Anspruch. Als Mutter von vier Kindern kam sie ihren Vorsorge- und Erziehungspflichten in beispielhafter Weise nach. Aufgrund der Deportation des Ehegatten in der Nachkriegszeit Alleinversorgerin, hatte sie nach zehn Arbeitsstunden täglich in einer Kinderkrippe am Abend noch Zeit, den Haushalt zu versorgen, einen Gemüsegarten zu unterhalten, den Kindern das Anpflanzen im Garten beizubringen, einen Ausflug ins Grüne zu unternehmen, zu Weihnachten gemeinsam zu backen und Weihnachtsschmuck zu basteln, sie deutsche Volkslieder zu lehren und ihr Familienleben in vielen Fotos festzuhalten. Ein solch intensives Arbeitsleben verdrängt eigene Wünsche und bietet keine Zeit für aufkommende Fantasien.

Nach der Heimkehr des Ehegatten aus Russland folgten zwanzig glückliche Jahre in der Heimat, in dem Kreise der nun wieder vollständigen Familie. Es waren Jahre, in denen die Kinder erwachsen und selbstständig wurden; Jahre einer Gemeinschaft in der Großfamilie und des Freundeskreises. Kein Wunder, dass sie gerade in dieser Zeit eine alte Sehnsucht der Jugend, das Malen, entdeckte. Vielleicht war es die Entlastung von jahrzehntelangem Druck der Pflichten, die ihre innersten Sehnsüchte und Wünsche zu künstlerischem Wirken in entspannter Stimmung entfalten ließ. War es ein Aufatmen der Seele nach langjährigem endlosem Bangen? War es die stille Dankbarkeit an das Leben für all die bestandenen Prüfungen? Frau Bonfert war fähig, aus erlittenen Schmerzen noch geistige und seelische Kräfte zu schöpfen. Sie schuf in einer kurzen Zeit eine beträchtliche Anzahl Ölbilder, mit denen sie Familienmitglieder und Freunde erfreute, jedoch auch viele davon zum Verkauf anbot. Es folgten tiefgreifende Einschnitte in ihrem Leben. Der Verlust des Ehegatten 1981 und der Tod ihrer Mutter im selben Jahr, die sie beide bis zum Tode pflegte, hinterließen unverkennbare Spuren in ihrem seelischen Leben. Dazu kam die Ausreise der Kinder in den Jahren 1977 bis 1983, die ihrem harmonischen Familienleben ein Ende bereitete. Ihre schönsten Jahre mit den Früchten ihres Lebens durfte sie nur kurz genießen. 1984 erfolgte ihre eigene Ausreise ohne Ehegatten nach Deutschland zu den Kindern. Ihr Werk umfasst rund 70 Ölgemälde in farbenfrohen Motiven mit realistischer Prägung. Hauptmotiv sind Garten-, Wiesen- und Sonnenblumen in Vasen, als Stillleben mit Früchten.
Josefine Bonfert: Blumenbild mit brauner Vase ...
Josefine Bonfert: Blumenbild mit brauner Vase
Oft war sie mit ihrem Gatten Viktor auf Wanderungen in der Umgebung von Heltau und fertigte Skizzen mit Stiftfarben an, die sie anschließend als Landschafts-Ölgemälde ausarbeitete. Ein beliebtes Motiv war immer auch die Kirche von Heltau von allen möglichen Seiten aus gesehen, sowie der Innenhof der Kirche mit den Wehrgängen. Wo immer ihr Heim war, pflegte Frau Bonfert auch einen schönen Blumengarten, der ihr im Überfluss farbenfrohe Motive für ihre Blumenvasen bot, dazu hatte sie eine große Sammlung Bilder berühmter Künstler, die sie inspirierten. Freude hatte sie an den Motiven der siebenbürgisch bemalten Keramik. Diese übertrug sie auf holzgeschnitzte kleine Tellerchen und Krügelchen, die nach Art der Bauernstube auf einem dazu geeigneten Holzrahmen an der Wand ausgestellt wurden. Viele dieser Rähmchen mit Tellerchen und Krügelchen schmückten die Wohnung mancher Heltauer. Unzählige gestickte und gehäkelte Deckchen verschenkte sie an die Kinder und Enkelkinder. Eine große Tischdecke mit braunem Wollgarn in siebenbürgischen Motiven ist bemerkenswert. Auch an Laubsägearbeiten und Scherenschnitten hatte sie Spaß, dazu kleidete sie ihre Kinder mit Denderl, Karnevalskostümen und der Alltagsbekleidung ein.

Zu ihrem künstlerischen Wirken ist auch ihre ethische und spirituelle Einstellung erwähnenswert. Sie war immer bereit, sich auf tiefere geistige Gespräche einzulassen und war eine gute Zuhörerin, wenn es um persönliche Nöte ging. Doch die Entwurzelung aus der Heimat hat sie nie verkraftet. Sie hat trotz einigen Versuchen keine innere Ruhe zum Malen mehr gefunden. Ihr einziges Bild und letzter Versuch, in Deutschland zu malen, wurde nicht mehr vollendet. Die neue Heimat, die Geborgenheit bieten sollte, hat sie nie voll angenommen. Eine schleichende, heimtückische Krankheit zerstörte ihr Gedächtnis und ihre Persönlichkeit und brachte sie schnell in die Pflegebedürftigkeit. 1995 starb Josefine Bonfert in ihrer neuen Heimat Deutschland. Ihre Bilder schmücken heute viele Wohnungen in der alten und neuen Heimat.

Erich Bonfert

Schlagwörter: Malerin, Heltau

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