23. September 2013

Eindrücke von den Medientagen in Berlin

In- und ausländische Publizisten, Vertreter von Minderheitenmedien aller Couleur kamen zu einem regen Erfahrungsaustausch vom 11.-13. September im Europa-Saal der Deutschen Gesellschaft in Berlin zusammen. Die Medientage, seit 2011 von der Deutschen Gesellschaft organisiert – diesmal in Zusammenarbeit mit dem Institut für Auslandsbeziehungen –, sind den deutschsprachigen Medien aus dem mittel- und südosteuropäischen Raum sowie der GUS gewidmet. Aus Rumänien kamen Hannelore Baier von der Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien, Beatrice Ungar von der Hermannstädter Zeitung und Tiberiu Stoichici von der Deutschen Sendung des Rumänischen Fernsehens TVR.
Minderheitenmedien dienen der Identitätsbildung, dem Wir-Gefühl, so die Referentin Lou Bohlen, das sei unbestritten. Meistens gründeten Exilgemeinschaften solche Medien. In dem Vortrag ging es um den „Beitrag der Minderheitenmedien zur Identitätsbildung“. Die frühere Geschäftsführerin des Zentrums für Osteuropastudien in München analysierte und definierte den sowohl schwammigen wie auch breitgefächerten Begriff der Identität. Er sei höchst abstrakt, durch die Differenz gekennzeichnet und kein Ding an sich, sondern durch seine soziale Konstituiertheit näher umschreibbar. Als konnotatives Stereotyp verwendet, erlebe er einen Boom seit den 80er Jahren. Er ginge aus dem Phänomen der Vergemeinschaftung hervor und hänge eng mit dem sozialen Kapital zusammen. Nur solange Letzteres aktuell oder potenziell vorhanden sei, bestehe die Gemeinschaft. Durch Vernetzung könnten Medien soziales Kapital produzieren und nutzbar machen. Wer diese Medien konsumiere, profitiere davon und würde selber zum Multiplikator.

Dass der Begriff der Identität jedoch bedrohlich der Ideologie nahe komme und etwas Konservatives und Beharrliches habe, betonte der Moderator Georg Aescht von der Kulturpolitischen Korrespondenz Bonn in der darauffolgenden Diskussion. Hier kam unweigerlich die Frage nach einer bundesdeutschen Identität auf und auch Bedenken, ob man diese Identitätsbildung unterstützen oder nicht vielmehr bekämpfen sollte. Schließlich – zu Ende gedacht – kam der Krieg im früheren Jugoslawien auch im Namen einer „Identität“ zustande.

Und müssten sich die Minderheitenmedien in der Bundesrepublik oder im Ausland nicht auch selber tragen? Doch dies wurde angesichts der Schwierigkeiten, mit denen auch große Tageszeitungen zu kämpfen haben, in Frage gestellt. Auch kam Kritik an der Bundesregierung zur Sprache, die sich zu wenig für solche Minderheitenmedien interessiere und somit ihre Brückenfunktion zur Mehrheitsgesellschaft nicht berücksichtige. Angesichts der prekären Lage vieler Minderheitenmedien kam aber die teils bittere Erkenntnis eines Medienvertreters zutage, dass man sich unverzichtbar machen müsse, um weiter zu bestehen.

So war der Vortrag zur Identität eine begriffliche Einordnung, die Diskussion darüber aber auch teils ernüchternd. Jedenfalls erwies sich die Veranstaltung als produktiv im Sinne des sozialen Kapitals, denn schließlich stellte sie ja einen regen Austausch und eine Vernetzung dar.

Edith Ottschofski

Schlagwörter: Medien, Südosteuropa, Tagung, Berlin

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