22. März 2014

Aktiv, mobil und engagiert - Ursula Tobias wurde 80 Jahre alt

Am 20. März dieses Jahres vollendete Ursula Tobias, geb. Scholtes, ihr 80. Lebensjahr. Das ist an sich nichts Besonderes. Aber außergewöhnlich ist, dass die langjährige Frauenreferentin der Landesgruppe Hessen des Verbandes der Siebenbürger Sachsen noch immer unermüdlich für ihre Landsleute tätig ist.
Am 20. März 1934 in Bistritz, Nordsiebenbürgen geboren, musste sie mit ihrer Familie im September 1944 aus Siebenbürgen fliehen. Durch das Kriegsgeschehen aus wohlhabenden Verhältnissen herausgerissen, landete sie schließlich Ende 1945 in Oberbayern. Dort besuchte sie die Volksschule und Mittelschule, im Seminar im fränkischen Neuendettelsau wurde sie zur Kindergärtnerin und Hortnerin ausgebildet.

Im Ruhrpott fanden viele Siebenbürger in den Kohlebergwerken ein Auskommen. Die Familie Scholtes zog auch ins Ruhrgebiet, nach Nordrhein-Westfalen. Die junge Erzieherin erkannte die Nöte der Siebenbürger, sich im fremden, vom Krieg gezeichneten Umfeld zu bewähren. Sie besuchte die Jugendlichen nach Dienstschluss, gründete Jugendgruppen, organisierte Treffen. Es wurde gemeinsam gesungen, gebastelt, gewandert, die erste Wochenendfreizeit fand schon 1954 in der Jugendherberge in Düsseldorf-Oberkassel statt. Und das Allerwichtigste: Frau Tobias war es ein großes Anliegen, die jungen Siebenbürger darin zu bestärken, dass sie nicht mit leeren Händen nach Deutschland gekommen waren, sondern mit ihrer Verlässlichkeit, ihrer Intelligenz und ihrer Freude an der Geselligkeit einen entscheidenden Beitrag zur Bereicherung der Gesellschaft leisteten, in der sie nun lebten, ohne sich ihrer Herkunft schämen zu müssen oder das Althergebrachte zu verwerfen.
Ursula Tobias ...
Ursula Tobias
Wochenendkulturtage und Sommerfreizeiten wurden von Frau Tobias organisiert, gleichzeitig förderte sie die Öffentlichkeitsarbeit. Siebenbürgisch-sächsische Trachten wurden zusammengesucht, Tänze und Lieder einstudiert und 1955 stellte sich die erste siebenbürgische Volkstanzgruppe im Fernsehen vor: Das sind wir, wir gehören dazu! Für ihre Jugendarbeit wurde ihr 1957 die „Goldene Ehrennadel der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen“ überreicht. Und es ist mehr als ein Zufall, dass im selben Jahr das Land Nordrhein-Westfalen die Patenschaft für die Siebenbürger Sachsen übernahm, dass der Grundstein zur Siebenbürger Siedlung in Wiehl-Drabenderhöhe gelegt wurde, so dass die gewohnte Gemeinschaft aus der alten Heimat wieder aufblühte. Frau Tobias gehörte seit seiner Gründung 1952 zum „Arbeitskreis junger Siebenbürger Sachsen“. Das war ein Zusammenschluss von Schülern und Studenten, die bereit waren, aktiv Verantwortung für unsere zerstreuten Landsleute und die Bewahrung der Heimat, auch in der Fremde, zu übernehmen und darüber hinaus auch wissenschaftlich über Siebenbürgen zu forschen. Aus diesen Anfängen erwuchs der „Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde“.

Im Jahr 1957 heiratete „Fräulein Ursula Scholtes“ den Diplom-Ingenieur Heinrich Tobias. Ab 1960 wurde Frankfurt am Main der neue Lebensmittelpunkt für das junge Paar, dem zwei Töchter und ein Sohn geschenkt wurden. Als Lehrerin mit Montessori-Diplom, dem Zertifikat für Pädagogische Psychologie und Kinesiologie sowie der Lehrbefähigung für Legasthenie war Frau Tobias ab 1970 bis zu ihrem Eintritt in den Ruhestand 1999 voll berufstätig. Neben Beruf und familiären Aufgaben war sie sowohl in ihrer Kirchengemeinde „Sankt Katharinen“ im Kirchenvorstand als auch im Landesvorstand der Siebenbürger Sachsen in Hessen eingebunden, und als Frauenreferentin organisierte sie die beliebten Treffen der „hessischen“ Sächsinnen.

Bis heute leitet sie den Frauenkreis in Frankfurt, der regen Zuspruch findet. Alleinstehende Siebenbürgerinnen erfahren hier Gemeinschaft. Engen Kontakt pflegt sie auch zu dem Frauenkreis in ihrer Heimatstadt in Nordsiebenbürgen, dem sie Material für Handarbeiten vermittelt. Diese werden bei Festen der „St. Katharinen“-Gemeinde verkauft, der Erlös geht nach Bistritz.

In den letzten Jahren musste sie den Tod ihres Mannes und ihres Sohnes betrauern. Sie erfuhr Trost und Zuspruch durch ihre Familie und Freunde, ihre Enkel und Urenkel. Sie selber trifft sich gerne mit Freundinnen, nimmt das kulturelle Angebot der Stadt Frankfurt wahr, fährt zu Veranstaltungen mit siebenbürgischem Schwerpunkt nach Bad Kissingen. Die Frauentagungen werden immer noch mit ihrer Hilfe durchgeführt, sie hat ein offenes Ohr für die Belange der neuen Frauenbeauftragten. Den geliebten Garten hat sie aufgeben müssen. Aber Ursel Tobias schafft es immer noch, uns mit ihrer Energie, ihrer Ausdauer, ihrem vielseitigen Interesse am politischen und kulturellen Tagesgeschehen zu verblüffen. Und für ihre Liebe zur siebenbürgischen Gemeinschaft und dem daraus resultierenden vorbildlichem Engagement sind wir ihr sehr dankbar. Viel Glück und viel Segen zum 80. Geburtstag!

Dr. Roswitha Guist




Die Autorin war langjährige Kulturreferentin des Verbandes der Siebenbürger Sachsen, Landesgruppe Hessen.

Schlagwörter: Hessen, Frauenreferentin

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