9. August 2015

Carl-Filtsch-Wettbewerb-Festival feiert 20-jähriges Jubiläum in Hermannstadt

Der Funken der Begeisterung, der Ende der 1960er Jahre bei Peter Szaunig durch Professor Hans Tobi, seines Zeichens Mathematikprofessor und Musikliebhaber in Hermannstadt, entzündet wurde, entfachte im Laufe der Jahre ein internationales Feuer. Was als regionaler Klavierwettbewerb für Kinder bis zu 16 Jahren gedacht war, feierte nun zwischen dem 6. bis 12. Juli sein 20-jähriges Jubiläum in Hermannstadt. 61 Teilnehmer aus 18 Ländern (von Kanada bis Japan) stellten sich der strengen Beurteilung der Jury, der auch in diesem Jahr Tatiana Levitina (Moskau), Daniela Andonova (Bulgarien), Boldizsár Csiky (Klausenburg, Rumänien) und die neu hinzugekommenen Vlad Dimulescu (Rumänien), die renommierte englische Pianistin Angela Brownridge und die Klavierlehrerin Nadia Preissler, die für den erkrankten Walter Krafft eingesprungen war, angehörten. Den Vorsitz hatte wie in den Vorjahren Peter Szaunig.
Die Vorarbeit für den Wettbewerb begann 1972, als Peter Szaunig im Rahmen der Rumänischen Akademie eine Monographie über Carl Filtsch mit dessen ersten acht Kompositionen in rumänischer Sprache veröffentlichte. Grundlage des Vortrags bildete das Buch Irene Andrews „About one whom Chopin loved“ (Von einem, den Chopin liebte). Im Jahre 1994 erschienen im Hinblick auf ein internationales Wettbewerb-Festival für junge Pianisten und Komponisten im Kludenbacher Gehann-Musik Verlag acht Kompositionen, die fortan als Pflichtrepertoire bis 2006 dienten, wonach sich der ursprünglich für zwei Altersstufen angedachte Wettbewerb auf drei erweiterte. Walter Krafft vom Münchener Musikseminar stand Peter Szaunig zur Seite. Es kann nicht oft genug betont werden, dass die Austragung des Carl-Filtsch-Wettbewerb-Festivals in Hermannstadt nur durch die großzügige Unterstützung langjähriger Sponsoren wie dem Kreisrat Hermannstadt, dem Bürgermeisteramt Hermannstadt, dem deutschen Generalkonsulat in Hermannstadt, dem Haus des Deutschen Ostens München, dem Münchener Musikseminar, dem Demokratischen Forum der Deutschen in Rumänien, der Siebenbürgisch-Sächsischen Stiftung München, der Heimatgemeinschaft der Deutschen aus Hermannstadt, dem Verband der Siebenbürger Sachsen sowie dem Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen möglich ist. Für eine reibungslose Organisation sorgte Ioan Bojin, der Generaldirektor der Hermannstädter Philharmonie. Krankheitsbedingt konnte einer der Initiatoren des Festivals, Walter Krafft, leider nicht anwesend sein.
Neben (von links nach rechts) Boldizsár Csiky und ...
Neben (von links nach rechts) Boldizsár Csiky und Ioan Bojin präsentiert Peter Szaunig die überarbeitete Gesamtausgabe der Klavierwerke von Carl Filtsch. Fotos: Beatrice Ungar
Es hätte wohl keinen besseren Zeitpunkt für eine Neuausgabe des Klavierwerkes Carl Filtschs geben können, als das 20. Jubiläum des Festivals. Nachdem der Pianist und Musikologe Ferdinand Gajewski weitere Kompositionen des Wunderkindes Carl Filtsch entdeckt hatte, kontaktierte Peter Szaunig ihn und gab mit seinem Einverständnis eine revidierte Jubiläumsausgabe der Noten heraus. Möglich gemacht wurde die Herausgabe der Noten durch die finanzielle Unterstützung der Gesellschaft für Deutsche Musikkultur im südöstlichen Europa, der Heimatgemeinschaft der Deutschen aus Hermannstadt und dem Department für Interethische Beziehungen im Generalsekretariat der Regierung Rumäniens durch das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien. Zur großen Freude der Teilnehmer erhielt jeder ein Gratisexemplar.

Die Auslosung fand am 6. Juli im Thalia-Saal, dem Austragungsort des Wettbewerbes, statt, gefolgt vom Klavierrezital des weißrussischen Pianisten Slawomir Zaranok, der beim ersten Carl-Filtsch-Wettbewerb teilgenommen und gleich vier Preise abgeräumt hatte: 2. Preis Interpretation, 1. Preis Komposition, Preis der Jeannot-Heinen Stiftung, Luxemburg, Kompositions-Preis der Klausenburger Sigismund-Toduță-Stiftung. Dass er vor Jahren all diese Preise verdient zugesprochen bekam, davon konnten sich die Zuhörer erneut überzeugen. Neben seiner eigenen Komposition „Poem“ spielte er Chopin und verzauberte das Publikum mit einer eigenen Liszt-Interpretation. Im Laufe der Jahre brachte der Carl-Filtsch-Wettbewerb immer wieder Ausnahmepianisten hervor, wie einen Frank Dupree, eine Doris Lindner und nicht zuletzt einem Dmitry Maaslev, Sieger des diesjährigen Tschaikowsky-Wettbewerbes in Moskau. Angela Brownridge, die das erste Mal in der Jury saß, war vom hohen Niveau sowie vom Bewertungssystem des Wettbewerbes begeistert.
Erster Preisträger Andrei Tcymbalistenko ...
Erster Preisträger Andrei Tcymbalistenko begeistert das Publikum.
Die beiden ersten Gruppen warteten mit keiner Überraschung auf. In der Kategorie A (bis 11 Jahre) holte den ersten Preis für Interpretation Elisabeta Nagy (Klausenburg, 10 Jahre), den zweiten Preis Georgi Borislavov Chikolov (Bulgarien, 11 Jahre), der auch den Carl-Filtsch-Preis erhielt, der dritte Preis ging an Cristina Tomescu (Craiova, 11 Jahre). Belobigungen gingen an Daria Cristiana Vacaroiu, Rumänien, 11 Jahre, und Carmina-Elena Vidrascu, Rumänien, 11 Jahre.

In der zweiten Gruppe erhielten Bogdan Marian Draganescu (Rumänien, 14 Jahre) den ersten Preis, der zweite Preis ging an Teodor Pazov (Bulgarien, 15 Jahre), den dritten Preis und auch den Carl-Filtsch-Preis erhielt Stefan Pretuleac (Rumänien, 13 Jahre) und einen dritten Preis Bianca Florentina Stanescu (Rumänien, 13). Belobigungen erhielten in dieser Kategorie Diana Voronetcaia (Republik Moldau, 15 Jahre), Fedor Davidov (Russland, 12 Jahre) und Mara Bardac (Hermannstadt, 13 Jahre), die auch den vom Rotary Club Cibinium gestifteten Preis als einzige Teilnehmerin aus Hermannstadt von Anamaria Gindila in Empfang nahm. Sebastian Solomon konnte einen 3. Preis für Komposition erspielen.

Wie schon im Vorjahr präsentierte sich die dritte Gruppe, Kategorie C (15- 31 Jahre), auf höchstem spielerischem Niveau, nur Feinheiten in der Interpretation der Pflichtstücke waren ausschlaggebend für den Sprung in die zweite Etappe, die 14 Pianisten schafften. Die Jury stand vor keiner leichten Aufgabe. Der 26-jährige Andrei Tcymbalistenko erhielt den ersten Preis und bestach durch seinen samtweichen Anschlag und seine Legati. An den Ungarn Marcell Szabo (28 Jahre) ging der zweite Preis und der dritte Preis ging ins ferne Taiwan an Kuan Ting Lin. Juhyi Sin (27 Jahre) aus Korea sicherte sich mit ihrer einfühlsamen Interpretation der Variationen in A-Dur den Carl-Filtsch-Preis. Der zweite Kompositionspreis ging an Jozef Csabay Domonkos aus Ungarn. So verteilten sich die Preise von Europa bis nach Asien. Das Wunderkind Carl Filtsch hat definitiv die Welt erobert.

Bei den Wertungsspielen herrschte wie schon so oft gähnende Leere im Saal. Schade. Klavierliteratur vom Feinsten kam auf höchstem Niveau zu Gehör. Der bekannte rumänische Komponist Nicolae Brandus, der sich in Hermannstadt auf der Durchreise befand, staunte nicht übel über das hohe Niveau der Kandidaten und das Desinteresse der Hermannstädter an diesem Wettbewerb. Versöhnlicher stimmte ein fast voller Saal trotz des schönen Wetters beim Preisträgerkonzert am Sonntag. Trotz 20-jährigem Jubiläum fand jedoch weder in der lokalen rumänischen Presse noch in der Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien dieses Ereignis Erwähnung. Es bleibt nur zu hoffen, dass der Carl-Filtsch-Wettbewerb im Sinne der beiden Initiatoren Peter Szaunig und Walter Krafft fortgeführt wird. Die nächste Austragung findet vom 4. bis 10. Juli 2016 in Hermannstadt statt.

Dagmar Dusil

Schlagwörter: Carl Filtsch, Wettbewerb, Musik, Klavier, Hermannstadt, Jubiläum

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