17. Mai 2018

Reverenz für eine außerordentliche Lebensleistung: George Guțu und die Germanistik Rumäniens

Im März 1990 wurde in Bukarest die Gesellschaft der Germanisten Rumäniens (GGR) nach dem Muster der Societatea Germaniștilor din România (SGR) gegründet, die in den 1930er Jahren von Simion C. Mândrescu ins Leben gerufen, nach dem Zweiten Weltkrieg aber verboten worden war. Initiator der Neugründung war der 46-jährige, nach dem Studium in Leipzig hier auch promovierte Germanist George Guțu. Auf Beschluss der GGR kam es dann nach und nach zur Gründung von zehn Zweigestellen in den wichtigsten Hochschulzentren des Landes.
Die GGR zeichnete sich in den folgenden Jahrzehnten durch eine Reihe wichtiger Ereignisse aus; 1992 kam es auf Betreiben des ebenso einfallsreichen wie beharrlichen, 1993 zum Professor berufenen Dr. Guțu zur Gründung der „Zeitschrift der Germanisten Rumäniens“, deren Leitung der Gründer übernahm und diese für die seither erschienenen 25, oft umfangreichen Einzel- oder Doppelhefte behielt. Die Zeitschrift steht rumänischen wie ausländischen Germanisten zur Verfügung. Ebenfalls auf Dr. Guțus Betreiben wurde, nach der gewaltsamen Unterbrechung von 60 Jahren, 1994 die Tradition der „Germanisten-Kongresse Rumäniens“ wieder aufgenommen; an ihnen beteiligen sich regelmäßig angesehene ausländische Germanisten. Bisher kam es zu zehn internationalen Veranstaltungen, die Dr. Guțu mit Hilfe einiger KollegInnen und Studenten vorbereitete und durchführte.

1997 erschien dann der erste Band einer von Dr. Guțu herausgegebenen Buchreihe: „GGR-Beiträge zur Germanistik“, bis dato 36 Bände. In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Akademischen Austauschdienst erschienen seit 2001 außerdem zehn Hefte „transcarpathica. germanistisches jahrbuch Rumänien“, auch sie Ergebnis der Anstrengungen Dr. Guțus ebenso wie die Veröffentlichung des „Rumänischen Goethe-Jahrbuches“. Da an den „Kongressen der GGR“ jeweils zwischen 200 und 300 Germanisten aus mehreren Ländern teilnahmen, darunter etwa aus Japan und den USA, kam eine Reihe persönlicher Verbindungen zustande, die sich auch als professionell fruchtbar erwiesen. Es war eine gute Idee Dr. Guțus, die GGR für verdiente Deutschlehrer zu öffnen. So konnte die Gesellschaft gemeinsam mit dem Rumänischen Deutschlehrerverband u. a. für eine bessere Besoldung sowohl der Deutschlehrer als auch der Hochschullehrer eintreten. Es gelang Dr. Guțu überdies, die diplomatischen Vertreter Deutschlands, Österreichs und der Schweiz in dieser Frage zu aktivieren; erfolgreiche Gespräche mit dem zuständigen Staatssekretär und Minister waren das Ergebnis. Da Dr. Guțu 1997-2014 auch die Leitung des „Departements für deutsche Sprache und Literaturen“ innehatte, ergab sich eine reibungslose Zusammenarbeit in dieser Frage. Nicht vergessen werden soll hier, dass die GGR mit Forschungseinrichtungen und Hochschulen sowohl rumänien- als auch weltweit vernetzt ist.
Der Germanist George Guțu wurde 2014 mit dem ...
Der Germanist George Guțu wurde 2014 mit dem rumänischen Verdienstorden im Range eines Ritters ausgezeichnet. Foto: Botschaft von Rumänien in Berlin
Mit besonderer Aufmerksamkeit wurde die Zusammenarbeit des „Germanistischen Departements“ und der GGR mit dem Institut für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas (IKGS) an der Ludwig-Maximilians-Universität München betrieben; das IKGS bereichert seit 1994 die GGR-Tagungen mit einer eigenen Sektion. Intensiv blieben nach wie vor die Beziehungen zum Deutschen Akademischen Auslanddienst in Bonn, mit den Universitäten in Trier, Hamburg, München, Frankfurt/O., Sofia, Budapest, Pécs/Fünfkirchen, Rom, Neapel, Sendai (Japan), Braga (Portugal) etc. Sie sind besonders an gemeinsamen Arbeiten mit dem von Dr. Guțu in Bukarest ins Leben gerufenen Exzellenz- und Forschungszentrum „Paul Celan“ beteiligt.

Mit diesem weit über den universitären Bezirk ausgreifenden Arbeitspensum schuf sich Prof. Dr. George Guțu auch international einen hervorragenden Namen. Die rund 40 von ihm betreuten Dissertationsarbeiten und Promotionsverfahren hinzugerechnet, überdies die stattliche Liste der Titel seiner Forschungstätigkeit (www.ggr.ro/PublGutu.htm), ergibt sich das Bild eines Arbeitsbesessenen, dem in Kennerkreisen uneingeschränkter Respekt entgegengebracht wird (siehe http://www.ggr.ro/aktuGG60.htm).

„Lästige Gesundheitsstörungen“ – Guțu-Originalton – zwangen den am 16. März 1944 in der Donaustadt Galatz (Galați) geborenen Unermüdlichen zum Verzicht auf erhebliche Teile seiner Arbeitsverpflichtungen und Befugnisse. Er räumte jüngeren Kolleginnen und Kollegen den Platz und bot ihnen damit aber zugleich die Möglichkeit, sich an den von ihm vorgegebenen Maßstäben zu bewähren; über ein Vierteljahrhundert erstreckt sich seine ungewöhnliche Lehr-, Forschungs- und Verbandstätigkeit (http://www.ggr.ro/CV_07_gutu_DE.htm). Dem von pädagogischem Ethos ebenso wie von nicht erlahmendem Forschungstrieb Erfüllten sei auch von dieser Stelle aus rückhaltlos die Reverenz erwiesen, verbunden mit dem Wunsch baldmöglichster Wiederherstellung der Gesundheit, damit er nicht abgeschlossene Projekte erfolgreich dem Ende zuführen möge. Rumäniens Germanistik nach dem europäischen Schicksalsjahr 1989 ist ohne den Namen George Guțu nicht denkbar. In- wie ausländische hohe Ehrungen bezeugen die Wertschätzung.

Hans Bergel

Schlagwörter: Germanist, Germanistik, Bukarest, deutsch-rumänische Beziehungen

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