14. November 2020

Schloss Horneck: Wie ist die Stiftung Siebenbürgische Bibliothek dort eingebunden?

Warum stelle ich diese Frage, ist sie nicht trivial? Anscheinend nicht, wie ich im Laufe meiner Tätigkeit für die Stiftung erkennen musste. Auf die Gefahr hin, einigen gut informierten Lesern auf die Nerven zu gehen, werde ich versuchen, für die übrigen einige Begriffe zu erläutern und Zusammenhänge aufzuzeigen. Es gibt Landsleute, die z. B. nicht wissen, warum es in unserer Gemeinschaft so viele Vereine gibt. Die Antwort ist einfach, es vereinigen sich immer Menschen, denen eine Gemeinsamkeit, ein Zweck, wichtig ist. Für Mitglieder einer Kreisgruppe ist es wichtig, nahe beieinander zu wohnen, für eine HOG, dass alle Mitglieder aus dem selben Ort stammen. Der Landeskundeverein verbindet an Wissenschaft und Forschung Interessierte miteinander, ein Förderverein setzt sich für ein bestimmtes Objekt oder eine Idee ein. Deswegen hat jeder Verein eine Satzung, in der dieser Zweck festgeschrieben ist. Es ist auch nicht jedem klar, dass ein eingetragener Verein und eine rechtsfähige Stiftung eigenständige juristische Personen sind. ­Offizielle Beziehungen, wie z.B. Verträge, Einzugsermächtigungen, Spenden, Schenkungen, Legate, Erbverträge etc. können nur mit juristischen oder physischen Personen eingegangen werden.
Der neue Lesesaal der Siebenbürgische Bibliothek ...
Der neue Lesesaal der Siebenbürgische Bibliothek auf Schloss Horneck. Foto: Ingrid Schiel
In Bezug auf die Institutionen in Gundelsheim ist Folgendes anzumerken:

• Eigentümer des Anwesens Schloss Horneck ist der eingetragene Verein „Siebenbürgisches Kulturzentrum Schloss Horneck e.V.“, verkürzt Schlossverein. Hauptgrund des Erwerbs war die Sorge um den Erhalt der darin angesiedelten, für das Selbstverständnis der Siebenbürger Sachsen in Deutschland und Österreich äußerst wichtigen Institutionen Siebenbürgische Bibliothek und Siebenbürgisches Museum.

• Ein Teil des Schlosses ist an das „Siebenbürgen-Institut an der Universität Heidelberg, Gundelsheim“, verkürzt Institut, vermietet, zum Institut gehört auch die „Siebenbürgische Bibliothek mit Archiv“, verkürzt Bibliothek. Sowohl Institut als auch Bibliothek sind keine juristischen Personen, sind demnach nicht geschäftsfähig. Träger des Instituts mit Bibliothek und damit dessen geschäftlicher Vertreter des ist der „Siebenbürgisch-Sächsische Kulturrat e.V.“, kurz Kulturrat. Die in Institut/Bibliothek beschäftigten Personen sind Angestellte des Kulturrats. Die Geschäftsführung des Instituts nimmt in Personalunion auch die des Kulturrats wahr.

• Ein anderer Teil ist an das Siebenbürgische Museum vermietet, dessen Träger der Verein „Siebenbürgisches Museum Gundelsheim e.V.“ ist.

• Ein dritter Teil des Schlosses dient als Kultur- und Begegnungsstätte, ausgestattet mit Tagungs-, Seminar- und Festräumen und einer Hotellerie. Dieser Teil des Schlosses ist verpachtet. Der Pächter verwaltet diesen Teil und stellt die Räume den interessierten Nutzern gegen Entgelt zur Verfügung. Die Erträge aus dem Pachtvertrag und die Mieten von Museum und Institut benötigt der Schlossverein für die Instandhaltung des Schlosses, als Reserve für größere Reparaturen und für Unvorhergesehenes. Das Begegnungszentrum ist für den Betrieb freigegeben, Bibliothek und Museum können besucht werden. Es liegt jetzt vor allem an uns allen, unsere hiesige Burg mit ihren Schatzkammern Bibliothek und Museum, den Veranstaltungsräumen und Hotelzimmern durch Versammlungen, Seminare, Symposien, Feste, Klassentreffen, andere Feiern, Freizeitvergnügungen, usw. mit Leben zu erfüllen.

• Die Geschäftsstelle des Vereins „Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde e.V.“, Heidelberg, kurz AKSL oder Landeskundeverein, befindet sich ebenfalls auf Schloss Horneck. Der Arbeitskreis gestaltet die wissenschaftliche Arbeit des Siebenbürgen-Instituts im Wesentlichen durch Tagungen und Veranstaltungen, Publikationen und wissenschaftliche Projekte, fungiert aber auch als Mitveranstalter bei Tagungen zusammen mit anderen Einrichtungen. Von seinen Mitgliedern und auch anderen Personen wurden Urkunden, Dokumente, Publikationen, Bücher, Kunstgegenstände, Nachlässe etc. zusammengetragen, die dann zu den Gründungen von Bibliothek und Museum führten. Beide Institutionen sollten von Beginn an allgemein zugänglich sein und für eine professionelle Aufbewahrung der Sammlungen sorgen, was folgerichtig einen finanziellen Aufwand bedeutete.

• Formal angesiedelt sind zudem die „Stiftung Siebenbürgische Bibliothek, Gundelsheim“, kurz Stiftung, der Verein „Freunde und Förderer der Siebenbürgischen Bibliothek e.V.“ und der „Verein zur Förderung des Siebenbürgischen Museums e.V.“. Diese drei Institutionen haben keine eigenen Geschäftsstellen im Schloss, werden jedoch freundlicherweise vom Personal des Instituts und des Museums bei Bedarf unterstützt, besonders beim Übermitteln der Brief- und E-Post.

Der Verein Freunde und Förderer der Siebenbürgischen Bibliothek wurde gegründet, als die Bestände von Bibliothek und Archiv und damit auch die Kosten weiter stiegen, die öffentliche Förderung jedoch zurückging. Mit seinen Einkünften aus Mitgliedsbeiträgen, Verkauf von Doubletten und Spenden unterstützt er Bibliothek und Archiv insbesondere beim Erwerb historisch bedeutsamer Transylvanica, also Drucke, Bücher und Rara vorwiegend des 16. bis 19. Jahrhunderts, bei der Beschaffung von Material für die sichere und sachgemäße Aufbewahrung von Archivgut sowie durch Übernahme bestimmter Betriebskosten.

Um die Aufgabe der Stiftung Siebenbürgische Bibliothek in dem oben beschriebenen Geflecht von Institutionen deutlicher zu beschreiben, ist ein zeitlicher Rückblick nützlich. Zuvor aber möchte ich noch anmerken, dass intensiv darüber nachgedacht wird, wie dieses Geflecht in Zukunft vereinfacht und für die Allgemeinheit verständlicher gestaltet werden kann.

Die Bestände von Bibliothek und Archiv wuchsen schnell und mit ihnen auch der Arbeitsaufwand. Eine Geschäftsstelle und ein Bibliothekar wurden sowohl durch das Land Baden-Württemberg als auch durch Nordrhein-Westfalen, unserem Patenland, finanziert und gefördert. Beide Zuwendungen hatten eine Obergrenze. In den letzten Jahren des vergangenen Jahrhunderts, als sich eine Verringerung und sogar der Ausfall öffentlicher Förderungen abzeichnete, das Wachstum der Bibliothek und des Archivs aber weiter anhielt, musste eine neue Grundlage für die finanzielle Absicherung der Einrichtung geschaffen werden. Mit dem von Familie Dr. Roswitha und Martin Guist zur Verfügung gestellten Grundkapital wurde 1999 schließlich die Stiftung Siebenbürgische Bibliothek gegründet. In erster Linie sollte sie Finanzierungslücken ausgleichen. Nachdem das Land Nordrhein-Westfalen seine Zuwendungen jedoch komplett einstellte, muss die Stiftung ihr Ziel viel weiter stecken. Sie muss erreichen, ihre Erträge so stark zu steigern, dass sie zusammen mit der verbliebenen Förderung des Landes Baden-Württemberg und Spenden eine dauerhafte stabile finanzielle Grundlage für das Siebenbürgen-Institut mit Bibliothek und seine Angestellten schaffen kann. Das bedeutet noch viel Arbeit und wird nur mit breiter Beteiligung unserer Gemeinschaftsmitglieder gelingen. Zuversicht für die Bewältigung dieser Herausforderung können wir aus der Tatsache schöpfen, dass es auch gelang, Schloss Horneck mit seiner neuen Bestimmung in Betrieb zu nehmen. Nachdem nun unsere wissenschaftliche Einrichtung durch den Einsatz von viel Geld und Schweiß ein teils neues, teils verbessertes Zuhause erhalten hat, sollten wir auch ihren zukünftigen Bestand sichern können.

Bei Gründung der Stiftung waren wir voller Hoffnung, das benötigte Kapital schnell einsammeln zu können. Wir gingen davon aus, dass die meisten der etwa zweihunderttausend in Deutschland und Österreich lebenden Abkömmlingen oder Freunden Siebenbürgens sich am Aufbau des Stiftungsvermögens beteiligen würden. Dann hätte man durch regelmäßige Rücklagen auch die Preissteigerungen bewältigen können. Leider ging diese Rechnung nicht auf. Die Erträge der Stiftung bilden einen wichtigen Beitrag, den Bedarf des Kulturrats für Bibliothek und Archiv zu decken. Aber sie steigen nicht so schnell wie die laufenden Kosten. Es kam somit auch zu Entlassungen und zu prekären Arbeitsverhältnissen, die bis heute andauern. Nur eine Person im Institut hat eine volle Stelle und nur der hingebungsvolle Einsatz des Personals sichert den laufenden Betrieb. Bei Verschlechterung der Ertragslage können weitere Einsparungen bei den Personalkosten nicht ausgeschlossen werden.

Wie könnte diese ärgerliche Lage zum Besseren gewendet werden? Höhere Zinsen sind für längere Zeit nicht in Sicht, eine schnelle Verbesserung der Wirtschaftslage nach der Corona-Krise ist fraglich. Dennoch besteht berechtigte Hoffnung für das Erreichen unseres Ziels. Mehrere Faktoren unterstützen diese Ansicht. Zum einen könnte sich die Anzahl der Spender signifikant erhöhen, weil die hier sozialisierte Generation in das Alter kommt, in dem die Zugehörigkeit zu unserer Gemeinschaft eine größere Rolle spielt. Das Stiftungsvermögen könnte auch durch Vermächtnisse oder Hinterlassenschaften kinderloser Erblasser deutlich steigen. Außerdem könnten diejenigen, die sich bisher beim Um- und Ausbau des Schlosses engagierten, sich nun der Stiftung zuwenden. Bei allem Optimismus aber wird der Aufbau des benötigten Stiftungskapitals noch längere Zeit dauern. Packen wir es an! Gemeinsam sind wir stark. Viele Tropfen ergeben ein Meer.

Stiftung Siebenbürgische Bibliothek
IBAN: DE75 3846 2135 0211 0290 13


Zum Schluss möchte ich allen Unterstützern unserer Arbeit von ganzem Herzen danken. Die meisten von ihnen haben mehrmals gespendet, einige sogar regelmäßig per Dauerauftrag. Des Öfteren werden auch Feierlichkeiten für Spendensammlungen genutzt und zinslose Darlehen gewährt. Besonderen Dank verdienen die Erblasser und die Einrichter von Unterstiftungen. Nicht vergessen werden darf hier aber auch das Engagement der Kreis- und Landesgruppen unseres Verbands sowie das der Heimatortgemeinschaften und deren Verbands.

Hatto Scheiner

Schlagwörter: Schloss Horneck, Siebenbürgische Bibliothek, Stiftung Siebenbürgische Bibliothek, Organisation, Spenden

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