1. Juli 2021

Großes Kino mit jungem Siebenbürger Sachsen auf Identitätssuche: Film von Holger Gutt startet am 15. Juli in deutschen Kinos

Holger Gutt wurde 1990 in Erding geboren und wuchs im Münchner Vorort Markt Schwaben auf. Seine Eltern sind in den 80er Jahren aus Siebenbürgen nach Deutschland ausgereist. Trotz aller Liebe zur bayerischen Kultur wollte aus dem jungen Siebenbürger Sachsen kein „Bayer“ werden. Eine Lederhose anzuziehen, hätte sich für Holger Gutt wie eine Verkleidung angefühlt. 2016 begann seine intensive Suche nach seinen Wurzeln. Begleitet von einem Kamerateam, begab er sich auf Spurensuche beim Heimattag 2016 der Siebenbürger Sachsen in Dinkelsbühl, beim Weidenbacher Treffen in Rothenburg ob der Tauber und schließlich auf einer Reise nach Hermannstadt, Kronstadt und vor allem in Weidenbach, dem Heimatort seiner Eltern. Entstanden ist ein Dokumentarfilm mit faszinierenden Menschen und Bildern, der ab dem 15. Juli in deutschen Kinos zu sehen ist.
Plakat des Kinofilms von und mit Holger Gutt. ...
Plakat des Kinofilms von und mit Holger Gutt.
Der Film ist weit mehr als eine persönliche Spurensuche. Er öffnet für jeden Zuschauer den Raum, sich in Holger Gutts Fragen und Gedanken selbst wiederzufinden. Ganz besonders gilt das für die Generationen, die als Nachfahren von Heimatvertriebenen und Aussiedlern zwischen zwei Kulturen aufgewachsen sind. Damit greift der Film ein allgegenwärtiges Thema in Europa und auf der ganzen Welt auf.

Braucht es wirklich über Generationen hinweg vererbte Lederhosen und Schweinsbraten-Rezepte, um ein Bayer zu werden? Und wie kann Heimatgefühl sonst entstehen? Diese Fragen haben Holger Gutt nicht losgelassen, und deshalb begibt er sich auf die Suche nach seinen Wurzeln. Hier setzt der Film an und nimmt uns mit auf seine Reise. Beim Heimattag in Dinkelsbühl macht er erste Annäherungsversuche mit der Kultur und Geschichte seiner Vorfahren. Vom Trachtenzug bis zur Party auf dem Zeltplatz, Holger lässt sich auf alles ein und findet wertvolle Gesprächspartner. Seiner Sehnsucht nach Heimatgefühl geht er schließlich auf einer gemeinsamen Reise mit seinem Vater nach.

Sein Dilemma und seine Reise schildert Holger Gutt im jüngsten Weidenbächer Heimatblatt:

„Ich hatte aber außerhalb der Familie ebenso wenige Berührungspunkte zu Siebenbürgen. Auch wenn ich die Geschichten ‚von früher‘ sehr gerne gehört habe, hatte diese Kultur mit meinem alltäglichen Leben sehr wenig zu tun. Vor einigen Jahren wuchs dann der Wunsch, diese Identitätsfragen genauer zu beleuchten, um dieser Sehnsucht nach meiner ,unbekannten Heimat‘ nachzugehen. Und so machte ich mich an der Seite meines Vaters auf eine Spurensuche – begleitet von einem Kamerateam.

So entstand der 74-minütige Dokumentarfilm ‚Sehnsucht nach einer unbekannte Heimat‘, der nach über sechs Jahren Arbeit nun am 11. Juli 2021 seine Premiere im ARRI Kino in München feiern wird. Begonnen hat bei mir alles schon vor dem Film mit langen Recherchen. Ich habe einen Stammbaum meiner Vorfahren erstellt, viel über Siebenbürgen gelesen und auch mit meinen Eltern darüber geredet, warum sie damals gegangen sind. Ich hatte viele Fragen dazu, wie es für sie war und warum sie diesen Weg gewählt hatten.

Es war 2015 für mich das erste Mal, dass ich bei einem Weidenbacher Treffen dabei war. Und es hat mich der Kultur und Geschichte meiner Vorfahren schon ein bisschen näher gebracht. Ich konnte mich dort mit einigen von euch unterhalten und austauschen. Auch mit unserem ­Vorstand, Wieland Schmidts, der damals das Amt von Klaus Oyntzen gerade frisch übernommen hatte. Wieland stand mir dann sogar vor der Kamera für ein wertvolles Gespräch zur Verfügung.

Beim Heimattag in Dinkelsbühl war ich dann ebenfalls das allererste Mal dabei. Vom Trachtenzug bis zur Party auf dem Zeltplatz, ich habe alles mitgemacht. Mit Gesprächspartnern aus der jüngeren Generation konnte ich mich darüber austauschen, wie es gelingen kann, die Kultur im Heute zu leben. Wie wir sie in unser Leben hier integrieren können. Es war ein inspirierender Auftakt für mich. Seitdem bin ich übrigens jedes Jahr in Dinkelsbühl.

Doch ich wollte noch mehr entdecken und erfahren. Ich wollte nach Weidenbach reisen. Gemeinsam mit meinem Vater wollte ich zu seinem Elternhaus in Weidenbach. Wir machten uns also tatsächlich auf den Weg und fuhren 1600 Kilometer quer durch Europa – durch Österreich und Ungarn bis nach Rumänien. In Rumänien haben wir aber nicht sofort Weidenbach angesteuert. Wir haben uns Zeit genommen für Abstecher nach Hermannstadt und Kronstadt. Ich habe mich auf Anhieb in diese Städte verliebt. Auch die Fahrt über den Transfăgărășan hat mich wirklich extrem beeindruckt. Diese Landschaft muss man einfach selbst erleben, denke ich.

Auf der Autofahrt gab es aber nicht nur schöne Landschaften, sondern auch unterhaltsame Gespräche. Mein Vater erzählte mir Geschichten aus seiner Kindheit in Weidenbach und zeigte mir, wer in welchem Haus gelebt hat. Als wir dann endlich angekommen sind, sah ich das erste Mal in meinem Leben den Kirchturm vor mir. Nicht auf Bildern oder in Videos, sondern zum Anfassen nah. Im Kirchhof zu stehen, war für mich sehr emotional. Sofort habe ich eine besondere Verbindung gefühlt. Als wäre es kein fremder Ort für mich. Ich kann es nicht in Worte fassen, doch ich bin mir sicher, ihr versteht mich auch so. Ich bin auch heute noch fasziniert von der Geschichte, die hinter diesen Mauern steckt. Was sich dort alles abgespielt hat, kann ich mir nur im Ansatz vorstellen. Außen an der Kirche entdeckte ich sogar meinen Familiennamen auf den Tafeln und mein Vater erklärte mir die Verteilung der Sitzplätze. Selbst den Glockenturm konnten wir besteigen und die Aussicht von oben genießen. Das war ein großartiges Erlebnis. Doch damit war die Reise noch längst nicht an ihrem Höhepunkt angekommen. Wir verbrachten noch viele Tage in Weidenbach.

Es war wunderbar, beim Kaffeekränzchen ein paar Weidenbacher zu treffen und den Dialekt zu hören. Sprechen kann ich ihn leider nicht, aber verstehen. Auch einen alten Freund meines Vaters haben wir besucht und durften uns in seiner Scheune und Werkstatt umschauen. Es hat sich angefühlt wie eine kleine Zeitreise in die Vergangenheit.

Auch wenn ich euch das Ende an dieser Stelle natürlich noch nicht verraten kann, eines kann ich versprechen: Der Film zeigt wunderbare Bilder vom Weidenbacher Treffen und dem Trachtenumzug am Heimattag. Drohnenaufnahmen der tollen Landschaft an der Transfogarascher Hochstraße (Transfăgărășan), von Hermannstadt, Kronstadt und natürlich von Weidenbach.

Wenn ihr mich auf dieser Reise begleiten wollt, würde ich mich sehr freuen. Der Film läuft ab dem 15. Juli in ausgewählten Kinos. Auf der Website https://siebenbürgen-heimat.de findet ihr die aktuellen Termine, den Trailer sowie weitere Informationen zu dem Film.“

Erfolgreicher Filmemacher

Holger Gutt begann seine filmische Ausbildung bereits in der Schule mit dem Wahlfach Film. Parallel dazu besuchte er Vorträge und Workshops zu Themen wie Dramaturgie oder Schauspielführung. Von der 6. Klasse bis zum Schulabschluss arbeitete er so an über 20 Kurzfilmen, die auf Jugend- und Schülerfilmfestivals gezeigt und mehrfach ausgezeichnet wurden. Bereits vor dem Abitur machte er sich als Ton- und Videoproduzent selbstständig. Nach der Ausbildung zum Mediengestalter Bild und Ton bei der Screencraft Gruppe in Oberföhring gründete er die qbm media production und die Blauer Reiter Medienagentur. Mit der qbm media production arbeitete er mit seinem Team von 2013 bis 2018 an über 100 non-fiktionalen Fernsehproduktionen im Bereich Dokumentation, Reportage & Magazin, die in den wichtigsten öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehsendern ausgestrahlt wurden. Gemeinsam mit Michaela Smykalla gründete er 2021 die FILMKULTUR Filmproduktion & Vertrieb GmbH, mit der er nun seinen ersten Kinofilm „Sehnsucht nach einer unbekannten Heimat“ produzierte.

Das Interesse und die emotionale Wirkung des Films sind groß, wie die Facebook-Seite und das Instagram-Profil zum Film zeigen. Mit der 2016 gegründeten Internetplattform spricht Holger Gutt gezielt Menschen mit Interesse an Siebenbürgen an. Entstanden ist daraus eine aktive Fangemeinde mit mehreren tausend Mitgliedern, die diesen Film erwartet haben und ihn sicher auch sehen werden. Darüber hinaus ist dem Filmemacher ein großes Echo zu wünschen.

Siegbert Bruss

Schlagwörter: Film, Kino, Heimattag, Dinkelsbühl, Weidenbach, Hermannstadt, Kronstadt, Holger Gutt

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