4. Dezember 2021

Informationsreiche Kulturreferententagung auf Schloss Horneck

Gleichartiges aus unterschiedlichen Gründen und Stellen zusammenzutragen, um es an unterschiedlichen Orten aufzubewahren, das ist Sammeln. Auch Zusammenkommen ist (sich) sammeln. Überaus spannend wird es, wenn man sich sammelt, um über Gesammeltes zu referieren, sich auszutauschen, um mit einer reichen Sammlung an Handwerkzeug und guten Ideen wieder nach Hause zu fahren. Aus diesem Anlass hat die Bundeskulturreferentin des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, Dagmar Seck, Kulturreferenten und Referenten vom 19. bis 21. November auf Schloss Horneck in Gundelsheim eingeladen zur Tagung mit dem Thema „Die Kunst des Sammelns“. Die Tagung wurde von der Kulturreferentin für Siebenbürgen aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie vom Kulturwerk der Siebenbürger Sachsen aus Mitteln des Bayerischen Sozialministeriums für Familie, Arbeit und Soziales gefördert.
Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen wurden in Kleingruppen von Dr. Axel Froese, dem stellvertretenden Vorsitzenden des Vereins Siebenbürgisches Kulturzentrum „Schloss Horneck“, durch das Schloss geführt und über die Renovierung bis zum jetzigen Konzept samt Umsetzung informiert. Wiederum in Kleingruppen konnte man auf eigene Faust das Schloss erkunden.
Kulturreferententagung auf Schloss Horneck: die ...
Kulturreferententagung auf Schloss Horneck: die Teilnehmenden beim Gruppenbild. Foto: Heike Mai-Lehni
Im Festsaal trafen sich alle, um sich dem Thema Sammeln zu nähern. Tagungsleiterin Dagmar Seck leitete den Workshop, um zusammenzutragen, wo und welche Probleme beim Sammeln entstehen. Die erste Frage, die sich stellte: Welches ist die Zielsetzung des Sammelns? – Es gilt Erinnerungen zu schaffen, diese und auch Traditionen an die Nachkommen weiterzugeben und eigene Sehnsüchte zu erfüllen; all das hat seine Berechtigung. Was passiert nun mit den gesammelten Materialien und Objekten? Werden sie nur das Herz des Sammlers erfreuen oder werden sie der Allgemeinheit zugänglich gemacht und ausgestellt? Und das vielleicht in einem Museum?

Dr. Irmgard Sedler, Vorsitzende des Vereins Siebenbürgisches Museum Gundelsheim, beschrieb in ihrem Referat anschaulich die Entwicklung der Institution Museum. Da der Begriff Museum nicht geschützt sei, stehe es jedem Sammler frei, seine Sammlung unter dem Begriff Museum der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, ungeachtet der Voraussetzungen. die ein Museum erfüllen sollte. „Ein Museum ist eine gemeinnützige, auf Dauer angelegte, der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtung, die zum Zwecke der Bildung, des Studiums und des Erlebens materielle und geistige Zeugnisse von Menschen und ihrer Umwelt sammelt, aufbewahrt, erforscht, bekanntmacht und präsentiert“ (nachzulesen in „Ethische Richtlinien für Museen“, D, Au, CH, 2010).

Vorreiter der Siebenbürgischen Museen war Mitte des 18. Jahrhunderts Samuel von Brukenthals Bücher- und Gemäldesammlung, die weit über die Grenzen Siebenbürgens hinaus Beachtung fand und immer noch findet und einer turbulenten Zeit standgehalten hat.

Es entstand die Sehnsucht und der Wunsch, Verlorenes anhand von Erinnerungsstücken zu erhalten und zu sammeln, indem man „das Verbindende zwischen Dort (Siebenbürgen) und Hier (Deutschland), zwischen Heimat und neuem Zuhause rettet.“ Es galt, „dem Vergänglichen einen Hauch von Zeitlosigkeit zu verleihen“ und wie 1912 im Jahresbericht geschrieben steht, „jenes längst zerrissene Band, das sich äußerlich um unser Volk schloss, durch ein inneres zu ersetzten (…)“. Persönlichkeiten wie Emil Sigerus, Julius Bielz, Lore Connerth-Seraphin, Else Schland, Luise Treiber- Netolicka und Rolf Schuller leisteten zur Gründung und Geschichte des Siebenbürgischen Museums einen nicht unwesentlichen Beitrag. Allgemeinen kulturpolitischen Anforderungen musste entsprochen werden, um das Museum in einen größeren europäischen Kontext einzubetten, wie dem Kulturtransfer und nach § 96 BVFG, das Kulturgut der Vertreibungsgebiete zu erhalten. Trotz alledem wurde das „Eigene“ nie aus den Augen verloren. Irmgard Sedler forderte die Teilnehmenden auf, bei der Vermehrung der Sammelstücke zu helfen. Diese sollten Geschichten zu erzählen haben, Lücken schließen in dem schon vorhandenen Sammelgut und alle diese Sammelobjekte sollten einen Herkunftsnachweis besitzen. Zur Veranschaulichung zeigte sie Stücke mit eigenen Geschichten. Anhand von eingeschickten Fotos der Sammlerstücke entscheidet der gesamte Vereinsvorstand, ob die Stücke zur weiteren Begutachtung eingeschickt werden sollen.
Christian Rother (rechts) zeigt den staunenden ...
Christian Rother (rechts) zeigt den staunenden Besuchern einen Teil (!) der Bibliotheksbestände. Foto: Annette Folkendt
Christian Rother und Hannelore Schnabel, Diplom-Bibliothekare (FH) an der Siebenbürgischen Bibliothek mit Archiv, führten zuerst durch die Bibliothek und danach durch das Archiv. Christian Rother sagte, „wir sammeln für die Ewigkeit, im Gegensatz zu den herkömmlichen Bibliotheken, bei denen es hauptsächlich um Wegwerfsammlungen geht, wo kaputte Bücher einfach aussortiert werden können und durch neue ersetzt werden“.

Christian Rother referierte außerdem über Feinde, Gefahren und sichere Aufbewahrung von Büchern und Schriftstücken, er erläuterte die Vermeidung der unsachgemäßen Aufbewahrung, Beschädigung und Vandalismus oder sogar Diebstahl (siehe Vortrag von Christian Rother: Das Sammelgut in der Siebenbürgischen Bibliothek).

Dr. Markus Lörz, leitender Kurator des Siebenbürgischen Museums Gundelsheim, ist nicht zuletzt auch verantwortlich für den sicheren Transport, die sachgemäße Aufbewahrung, für die Sicherheit der Objekte, die sich im Depot oder im Museum befinden, und für Klima und Licht in den Räumen. Bei der Führung durch das Museum zeigte er die Räumlichkeiten des neuen Depots und der neuen Bildergalerie, die noch leer sind, da sie kurz vor der Fertigstellung stehen. Auch berichtete er über die Maßnahmen der elektronischen, mechanischen und virtuellen Sicherung.

Dr. Heinke Fabritius, Kulturreferentin für Siebenbürgen am Siebenbürgischen Museum, bezog sich in ihrem Vortrag „Außer Haus“ auf ihre Aufgaben der Vermittlung der siebenbürgisch-sächsischen Kultur über die Grenzen hinaus. Sie sammelt „Künstler/innen“, um ihre Arbeit für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen, so etwa Pomona Zipser im „Werkstattgespräch“ in der Siebenbürgischen Zeitung, in einer der bisher sieben Folgen der Reihe. Sie leistet breitenwirksam Kulturvermittlungsarbeit und vermittelt ihren regional und überregional vertretenen Zielgruppen grenzüberschreitende Kunst wie Musik, Literatur, Theater und Film. Beispielhaft verwies Fabritius auf die Ausstellung von Filip Zorzor „FETZEN – Gezeichnete Geographien, nach alten Stücken aus Siebenbürgen und Bessarabien“, die bis vor Kurzem in Berlin zu sehen war (siehe Interview mit Filip Zorzor: FETZEN. Gezeichnete Geographien, nach alten Stücken aus Siebenbürgen und Bessarabien - Werkstattgespräche von Heinke Fabritius, Folge 7).

Dr. Iris Oberth, Leiterin des Kulturwerks der Siebenbürger Sachsen, veranschaulichte das „Sammeln, Vermitteln und Bewahren“ anhand von zwei Sammelbeispielen. In Großpold steht eine renovierte Scheune, die sich als besonderer Platz für den Besucher entpuppt. Verschiedene Räume des Handwerksmuseums „Bei meinen Nachbarn in Großpold“ zeigen gut recherchierte Themen, mit klarer Message nach Jahreszyklen und Lebensritualen geordnet. Dem gegenüber steht eine private Sammlung mit wahllos gesammelten Gegenständen. Da sie aber weder chronologisch erfasst noch ihre Herkunft nachweisbar ist, sind sie leider für museale Zwecke ungeeignet. Sie dienen höchstens als Improvisation und Kompensation für eine verlorene Heimat.

Fazit der Tagung auf Schloss Horneck: Bei der Beurteilung des Sammelgutes brauchen wir Expertenmeinungen und eine gute Vernetzung zu den bestehenden Institutionen und auch untereinander.

Ursula Stefanovici

Schlagwörter: Tagung, Kulturreferenten, Schloss Horneck, Gundelsheim, Archiv, Bibliothek, Rother, Lörz, Sedler, Fabritius, Oberth

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