2. April 2023

Herkunftsgebiete der Siebenbürger Sachsen

Nachdem in einer ersten Abhandlung der Brennpunkt auf die EIFEL gerichtet war (Artikel „Die Eifel – Hauptauswanderungsgebiet der Siebenbürger Sachsen?“), sollen im zweiten Teil einige Ergebnisse aus weiteren deutschen historischen Landschaften der interessierten Leserschaft präsentiert werden.
Der Marktplatz in Egeln, Landkreis Wanzleben (die ...
Der Marktplatz in Egeln, Landkreis Wanzleben (die Flurnamen dieses Ortes weisen Analogien zu jenen in Deutsch-Weißkirch auf). Fotoquelle: Wikimedia Commons, Dguendel, CC BY-SA 4.0
Als erstes wird die südöstlich an die Kölner Bucht anschließende BONN-SIEGBURGER BUCHT behandelt. Wie beim 1. Teil werden auch diesmal als Hauptmethoden die vergleichende Ortsnamen-, fallweise auch die Flurnamen-Forschung herangezogen.

Verwaltungsmäßig ist der Rhein-Sieg-Kreis ebenso betroffen, wie die Landschaftseinheiten Siebengebirge und das sogenannte Pleiser Ländchen, die sich mit ersterem überschneiden. Und hier gibt es markante Bezüge zum Burzenland und zum Nösnergau.

Von den mehr als 40 Erhebungen des Siebengebirges ist wohl am bekanntesten der Petersberg auf dem Gemeindegebiet von Königswinter. Die ursprünglich von den Augustinern benutzte Marienkirche wurde 1189 den Zisterziensermönchen aus der Abtei Himmerod überlassen, die sie dem Hl. Petrus weihten.

Nun, dass die burzenländische Petersberg-Kirche als Namenspatron Petrus gewählt hat, verwundert nicht – wiewohl etwa Petersdorf (Schelk) den Hl. Quirinus verehrte –, gleichwohl gibt es siebenbürgenweit nur dort eine Gervasius-Kapelle, ebenso wie in Bornheim die Pfarrkirche St. Gervasius (und Protasius) einmalig fürs Rheinland ist!

Auf den ebenfalls in Bornheim verehrten Hl. Servatius dürften die gleichlautenden Familiennamen in Wolkendorf und Kronstadt zurückgehen. Weit mehr ins Gewicht fallen jedoch die von diesem Kirchenpatron abgeleiteten und früh (!) belegten Familiennamen Zerbes und Zerwes. Diese kommen gehäuft im Burzenland vor – an acht bzw. drei Orten. Gar ein Zerbesberg in Petersberg scheint die Herkunftsthese zu bekräftigen.

Hinzu kommt noch, dass ein Lauterbach im Bereich des Ortsteiles Stieldorf (Königswinter) ebenso vorbeifließt, wie an Petersberg. Es kann auch kein Zufall sein, dass der ansonsten sehr selten anzutreffende Flurname Käsberg sowohl im Urgebiet zweimal (Hennef und Eitorf) vorkommt, wie auch in Petersberg – und in Arkeden. Dazu noch später.

In zwei andere siebenbürgische Regionen zeigen zwei Wüstungsnamen sowie ein Familienname. Die Wüstung Mondorf bei Reußmarkt könnte auf den Niederkasseler (Bonner) Stadtteil gleichen Namens zurückgehen.

Gleichermaßen ist eine Verbindung zwischen der Ortswüstung Buedzdorff/Budesdorf bei Kirchberg im Ziedertal und dem Ortsteil Buisdorf/Botsdorf von St. Augustin (Rhein-Sieg-Kreis) denkbar.

In diesem Ort sowie in Schwarzrheindorf-Vilich und Stieldorf, alle am Siegzubringer Pleißbach gelegen, leben seit Jahrhunderten die Familien Behr. Ihr Wappen zeigt einen aufgerichteten, schwarzen Bär auf goldenem Grunde. Es stimmt damit vollkommen überein mit dem Wappen von Leschkirch. Damit in Zusammenhang könnte auch das Auftreten eines Laurentius Beer stehen, der im Jahre 1456 als Stuhlsrichter von Leschkirch Erwähnung findet.

Auf einen besonders interessanten Orts- bzw. Flurnamen soll im Folgenden eingegangen werden: Es geht um Essig – hat freilich mit dem Gewürz- und Konservierungsmittel nichts zu tun. Essig ist zum einen ein Ortsteil der Gemeinde Swisttal, westlich von Bonn, und zum andern ein Bonner Straßenname (Auf dem Essig). Bezeichnenderweise ist dieses Toponym in Siebenbürgen hauptsächlich im Burzenland (Zeiden u. Honigberg), im Schäßburger Raum (Keisd und Arkeden), und besonders häufig im Nösnerland zu lokalisieren.

In unmittelbarer Nachbarschaft zum Swisttaler Essig liegt der Ortsteil Odendorf. Nordöstlich davon, umfasst die Gemeinde Lohmar u.a. auch den Orsteil Birk.

Die Pendants dazu gibt es mit dem Sächsisch-Reener Stadtteil Odendorf (rumänisch Apalina), sowie mit der benachbarten Gemeinde Birk (Flurname: Auf dem Essig).

Festzustellen bleibt in diesem Zusammenhang noch, dass die namenkundliche Forschung siedlungshistorische Beziehungen zwischen dem Burzenland und dem Nösnergau bestätigt, wobei das ehemalige Kisder Kapitel offenbar als „Brücke“ gedient hat.

Bezüglich der Namensdeutung von Essig erscheint am plausibelsten die Erklärung, wonach es sich um Weideplätze, die zum Äsen/Essen dienten, handelt.

Weitere toponomastische Auffälligkeiten betreffen Zeiden: Dem Hennefer Ortsteil Bierth könnte ebenso der Zeidner Hattertname Im Bierten nahekommen, wie der Hennefer Wohnplatz Dondorf (urspr. Tondorf) der Zeidner Wüstung Toindorf/Thondorf.

Der siebenbürgisch singulär in Zeiden überlieferte Flurname Grellensiefen deckt sich mit dem Hennefer Ortsteil Greulensiefen. Auch deckt sich der Weilername Einsiedel östlich von Bad Honnef mit dem aufgelassenen Herbrig Einsiedel, ebenfalls bei Zeiden.

In die erste Hälfte des 12. Jahrhunderts fällt der Bau der Burg Rosenau, Sitz des nach einem Berg im Siebengebirge benannten Geschlechtes von Rosowe. Im Jahr 1243 verkauft Agnes, Witwe des Ritters Dietrich von Rosowe, die Burg dem Konvent von Heisterbach.

Nun, unser siebenbürgisches Rosenau soll vom Deutschen Ritterorden um das Jahr 1225 gegründet worden sein. Südlich von Bonn entstand etwa zwischen 1220-1230 die Deutschordenskommende Ramersdorf (siehe Artikel „Von Bad Honnef ins Harbachtal: Abhandlung über Retersdorf“).

Ob es nur spekulativ ist, chronologisch einen Zusammenhang zwischen dem Ritter Dietrich und dem Kalkfelsen Dietrichstein herstellen zu wollen, auf welchem die Kronstädter die Törzburg errichteten? Schließlich sollen noch die beiden Ölberge (Kleiner und Großer) erwähnt werden, deren Bezeichnung keinen religiösen Hintergrund hat, sondern namentlich auf die Tonerde (ahd. aul) zurückgeht. Daher hieß auch der südliche Teil des heutigen Siegkreises früher Auelgau.

Nicht ganz überraschend kommt dieser Bergname zweimal auch im Nösnerland vor, und zwar in Wermesch und in Tekendorf, wobei Letzteres bekanntlich ein typisch burzenländisches Lautelement in der Mundart aufweist.

Aus siebenbürgisch-sächsischer Sicht nicht uninteressant ist noch die Feststellung, dass der Bonner Großraum früher eine Hochburg der Honnschaften, wie auch der Dingstühle war. Diese, und auch die sauerländischen Freistühle, mögen vielleicht als eine Vorlage für die sächsischen septem sedes gedient haben.

Siegerland

Das Siegerland bildet, so wie das Siebengebirge, rechtsrheinisch eine eigene naturräumliche Einheit. Nirgendwo sonst erstrecken sich derart kleinräumlich drei Bergzüge, deren Namen auch in Siebenbürgen vorkommen. Der 579,9 m hohe Berg Kaltenaich bi Sigen (im Jahr 1344) erhebt sich bei Wilgersdorf, als Teil des Rothaargebirges.

Als Oronym kommt diese Bezeichnung im deutschsprachigen Raum nurmehr viermal vor, und in für die Herkunftsfrage bedeutungslosen Gebieten. Umso bemerkenswerter ist die flächige Verbreitung der Kalteiche unter der Variante

Kalte Eiche(n) in Nordsiebenbürgen (10 Orte), vereinzelt auch im Repser, Schäßburger und im Kokelgebiet.

Eine größere Dichte, auch in Südsiebenbürgen, zeigt Die Höhe, deren Gegenstück im Anschluss an die Kalteiche zu orten ist.

Anders verhält es sich mit dem südwestlich von Siegen sich erhebenden Höhenrücken Giebelwald. In Nordsiebenbürgen fehlend, begegnet er im Südteil auch nur vereinzelt, verkürzt auf das Bestimmungswort Giebel, gleichwohl in Zeiden. Und nördlich davon, im Freudenberger Stadtteil Oberheuslingen, stößt man auf die Ortschaft Zeidenbach/Zeitenbach/Zeidebach; im Siegener Urkundenbuch 1417/19: by der Tzydenbach.

Dem im Siegener Stadtteil Niederschelden wüstgefallenen Ort Untertan (1417: Undorten, 1447: Underten) kann die Wüstung Underten (sächsisch Onjderten) im Gemeindedreieck AlzenKirchbergLeschkirch als Korrelat zugeordnet werden. Und im benachbarten Oberbergischen Kreis befördert der Morsbacher Ortsteil Alzen die Möglichkeit vom Ursprung der gleichnamigen Harbachtalgemeinde.

Das Waldbröler Heresdorf wiederum führt uns schließlich ins nordsiebenbürgische Galaţii Bistriţei, das frühere Heresdorf.

Bezüge zum Sauerland

Auch im westfälischen Sauerland lassen sich einige wenige Ortsnamen finden, die ziemlich „sächsisch“ klingen. Da ist der Ortsteil und zugleich Gewässername Alme in Brilon, der seit Ende des 12. Jahrhunderts bis um die Mitte des 18. Jahrhunderts auf Almen lautete, so wie unser Almen am Kalten Bach. Oder Burghalle (Burghölle) im Grenzbereich zum hessischen Battenberg.

Etwas eigentümlich mutet die Übereinstimmung des Winterberger Straßennamens Am Waltenberg mit dem früheren Namen von Zillenmarkt (rum. Zalău) an.

In der Soester Börde sind auch die Toponyme auf -poth zuhause. Dieses Suffix bedeutet nasse, sumpfige Stelle im Gelände. Das müsste auch auf die Harbachtalgemeinde Marpod zugetroffen haben, zumal das Bestimmungswort Mar- ein sogenannter Pleonasmus sein dürfte.

Einen sonderbaren Fall gibt es in der Stadt Warburg. Hier besaß die nahegelegene Zisterzienserabtei Hardehausen im Stadtteil Scherfede eine Zehntscheune. Diese wurde 1695 unter dem Klosterabt Stephan Overgaer gebaut. Über dem südlichen Eingang des historischen Gebäudes prangt noch heute sein Wappen. Es zeigt ein Herz, aus dem drei Rosen wachsen. Und genau dieses Wappen führt auch die Burzenlandgemeinde Weidenbach.

Ob es sich nur um einen heraldischen Zufall handelt, da ein ähnliches Wappen lediglich im Landkreis Tübingen gefunden werden konnte? Hinzu kommt, dass es im Stadtgebiet von Warburg ebenso eine Peterskirche gab, wie es sie in Weidenbach gibt, und der hiesigen Marienkapelle die St. Mariä Heimsuchung-Kirche in der Warburger Altstadt gegenübersteht.

Die Sauerland-Region abschließend, sei noch angefügt, dass die im Mittelalter seltenen Pfarrerwahlen in diesem historischen Raum an einigen Orten – wie Rüthen und Geseke – stattfinden durften.

Westerwald

Die Wüstung Holzmenningen liegt nördlich der Gemeinde Oberrod im Westerwaldkreis. Und damit sind wir im Westerwald.

In ihrer ersten urkundlichen Nennung (1283) heißt sie Holzmeynege. An den wahrscheinlich im 15. Jahrhundert aufgegebenen Ort erinnern heute nurmehr wenige Mauerreste und ein Holzkreuz unter einer etwa 180-jährigen, als Naturdenkmal ausgewiesenen Hutebuche. Das Gebiet der abgegangenen Ortschaft kam zur Gemarkung von Oberrod und wurde in der Folge als extensive Viehweide genutzt. Oberrod ist heute Teil der Verbandsgemeinde Rennerod.

Die siebenbürgisch-sächsische Gemeinde Holzmengen liegt im Harbachtal und gehörte in früheren Zeiten zum Leschkircher Stuhl. Anhand der erhaltenen Urkunden geht ihre Erstnennung (Holzmenia) auf das Jahr 1319 zurück. Erst ein Jahrhundert später wird sie wieder aktenkundig, als 1408 der Student Antonius de Holzmenigen auf die Wiener Universität zieht.

Die urkundlich sehr ähnlichen bis identischen Namensformen der westerwäldischen Ortswüstung und der Harbachtalgemeinde lassen zweifellos auf eine Namensübertragung schließen.

Im Übrigen war in älteren Zeiten in der Nachbargemeinde von Oberrod, Elsoff, eine Wehrkirche zu finden; gleichfalls in Stein-Neukirch und Ehringshausen bei Herborn.

Unweit von Oberrod bieten sich gleich drei Gemeinden an, die in das Hermannstädter „Alte Land“ weisen: Hellenhahn-Schellenberg, Thalheim (Ortsteil von Dornburg) sowie Frickhofen (siehe Freck/Fryk, 1364).

Im Jahr 1231 sind fünf Höfe im Besitz des Deutschen Ordens in Thalheim nachgewiesen. Ebenfalls im Kreis Altenkirchen gruppieren sich wiederum, ähnlich wie in Siebenbürgen, Schöneberg, der Ortsteil Marienthal von Seelbach (siehe Mergeln – Valle Marie) und Buchholz (gleichnamiger Ort war freie sächsische Gemeinde).

Bei einer im Jahr 1660 durchgeführten Inventur aller Honnschaften bzw. deren Höfe im ehemaligen Amt Altenwied, die heute zur Ortsgemeinde Buchholz zählen, scheint auch ein Hof „Auf dem Dammich (Dammig)“ auf. Dieser Übername erinnert an den Flurnamen „Auf dem Dom(m)ich“ in drei Umlandgemeinden von Buchholz: Kleinschenk, Leblang und Deutsch-Weißkirch.

Oberes Mittelrheintal

Das Obere Mittelrheintal umfasst den Flußabschnitt samt Flurterrassen zwischen Bingen und Koblenz. Diese naturräumliche Einheit wurde, nicht allein wegen des Loreley-Felsens, zum Weltkulturerbe der UNESCO erklärt.

Eine von vielen Ortsgemeinden der Verbandsgemeinde Loreley ist Prath, die ca. 290 Einwohner zählt. Nachdem bereits im Jahr 922 urkundlich ein „villa Prata“ auftaucht, sind es Anfang des 12. Jahrhunderts die Namensformen Brato und „villa prato“. Prath gehörte über viele Jahrhunderte zum Bopparder Reich sowie zur Großpfarrei Boppard. Vor den Toren dieser freien Reichsstadt wurde 1120 das Kloster Marienberg gegründet. Es besaß in späteren Jahren Höfe, Feld- und Waldflächen in Prath.

Johann von Linden und Guda geb. von Bellersheim ...
Johann von Linden und Guda geb. von Bellersheim genannt Groppe 1394, Kloster Arnsburg bei Gießen / Abb. aus Hefner-Alteneck: „Trachten, Kunstwerke und Geräthschaften“, Band 4 (1883), Tafel 222. Das Wappen des Johann von Linden mit drei Lindenblättern und gekreuzten Schwertern ähnelt dem alten siebenbürgisch-sächsischen Wappen, welches das Siebenbürgen-Institut als Logo verwendet, bzw. dem Hermann­städter Wappen.
Nur ca. ein Kilometer östlich der Gemeinde Pretai erhebt sich der Marienhügel, an dessen Fuß höchstwahrscheinlich die Ursprungssiedlung Mons Mariae (Marienberg) existiert haben soll. Ersterwähnung unter diesem Namen: 1283.

Die „Sekundärsiedlung“ Pretai/ Bratey findet man in den Urkunden unter verschiedenen Schreibweisen: Prothia (1359), Prethya (1368), Prathya (1441) und Prathia (1516).

In der Feldflur des Bopparder Ortsbezirkes Holzfeld heißt es 1811 „Im Schmiegen“. In Sichtweite von Pretai, rechtsufrig der Großen Kokel, wird im Jahr 1317 erstmals die Gemeinde Schmiegen angeführt.

Darüber hinaus gibt es eine ganze Reihe übereinstimmender Flurnamen zwischen dem Mittelrhein und einigen siebenbürgischen Gemeinden. So ist der ansonsten äußerst seltene Name Gebreche (in Rhens) auch in Pretai und Mediasch (Gebrächnis) bekannt.

Der rheinische Wingertsname Gesetz, als Bezeichnung für Rebneuanlage, hat Parallelen in Bogeschdorf, Rode, Maldorf, Großlasseln, Schaas und Klosdorf. Auf Einzelheiten in der Weinbauterminologie muss an dieser Stelle verzichtet werden. Dazu hat Prof. Wolfgang Kleiber, unter Berücksichtigung Siebenbürgens, den großangelegten „Wortatlas der kontinentalgermanischen Winzerterminologie“ vorgelegt.

Auch die Bopparder Klinge (für plätscherndes, rauschendes Wasser) hat ihre Entsprechungen gefunden, und zwar in Peschendorf, Großkopisch und Bußd/Mediasch. Dem Ortsnamen Dörscheid (VG Loreley) begegnet man als Hattertname Dürscheid z.B. in Peschendorf und Großlasseln.

Im linksrheinischen Perscheid ist 1813 der Flurname Im Grewelt dokumentiert, der ziemlich eindeutig an die Bistritzer Vorstadt Kreweld erinnert.

Einen, zumindest heraldischen Hinweis auf Weidenbach hat es bereits im Sauerland gegeben. Hier nun sind es bei den Erst- und Zweiterwähnungen, verglichen mit dem St. Goarhausener Weidenbach, ziemlich schlüssige Belege: Widinbach (Burzenland 1342) und Widenbach/Widinbach (St. Goa. 1250 bzw. 1334).

Auch anthroponymisch ist ein beachtenswerter Fall anzuführen: In einer Urkunde vom 20. Dezember 1423 wird ein Geschworener aus Klausenburg namens Johannes Popparth (!) erwähnt.

Schon vor fast einem Jahrhundert hat Adolf Schullerus in seiner Siebenbürgisch-Sächsischen Volkskunde u.a. augenfällige Beziehungen zum ggst. Untersuchungsgebiet herausgestellt. Dem Raen (Reihen, Umzug) der Nadescher Bruderschaft etwa, entspräche die Reih der Burschen am Mittelrhein. Oder auch, wie in Boppard und Trechtingshausen, die gemeinsame Totenfeier (der Nachbarschaft) und das jährliche Reinigen der Brunnen.

Taunus, Mittel-/Westhessen und Nassau

In Siebenbürgen gibt es einen einzigen Ortsnamen, dessen Grundwort auf -hausen lautet, abgesehen von einem untergegangenen Ort. Es ist dies die Gemeinde Neithausen im Harbachtal. Die historischen Wortformen variieren zwischen Nydhuz und Nithwsen (1309), sowie Nithusen auf der Honteruskarte.

Auf der Gemarkung Schloßborn, Gemeinde Glashütten im Hochtaunuskreis, wird um 1226-1239 ein Nithusin erstmalig genannt; 1290 heißt es dann Nithusen, bevor der Ort um das Jahr 1433 wüstfällt. Flurnamen, wie Neidhausen-Heide oder -Mühle zeugen von dem abgegangenen, möglichen „Vorfahren“ unseres sächsischen Netesen.

Beispringen kann ihm diesbezüglich die Nachbargemeinde Jakobsdorf. Dort, wie in Schloßborn, ist der banalklingende, jedoch sehr selten und nur regional vorkommende und daher aussagekräftige Flurname Ruitleifken bzw. Rotlaub zu finden. Auf diesen, in Siebenbürgen in der Diminutivform anzutreffenden Hattertnamen, über den es im potentiellen Herkunftsgebiet eine eigene arealkundliche Untersuchung gibt, wird später nochmals zurückgekommen.

Gladenbach und Lohra (Landkreis Marburg-Biedenkopf) liegen nur etwa 12 km voneinander entfernt. Zwar sind die nordsiebenbürgischen Gemeinden Gladen (rum. Gledin) und Löhra/Lera (Luieriu) durch mehrere Hügel getrennt, dürften namentlich jedoch auf die beiden Orte im Gladenbacher Bergland zurückgehen. Dieses könnte der rare Flurname Wunn (Bergwiese) „verraten“, der sowohl in Gladenbach wie auch in Großschogen, welches nördlich von Gladen liegt, vorkommt.

Die Grafschaft Katzenelnbogen war ab dem 12. Jahrhundert so ziemlich die reichste und mächtigste im nassauisch-hessischen Raum, die nicht nur einige Bischöfe stellte. Heinrich II. von K., der erste bedeutende Repräsentant dieses Grafenhauses, hatte durch einen Halbbruder, welcher der Schwager Konrads III. war, beste Beziehungen zum Stauferkönig. Konrad verlieh daher nur folgerichtig diesem Hause die reichsunmittelbare Grafenwürde.

Als dieser beim Zweiten Kreuzzug durch Ungarn zog, traf er im Sommer 1147 mit dem erst 17-jährigen König Geysa zusammen. Was die beiden Regenten dabei besprochen bzw. worüber sie verhandelt haben, ist nicht bekannt.
Zehntscheune in Scherfede, Wappen von Abt Stephan ...
Zehntscheune in Scherfede, Wappen von Abt Stephan Overgaer (Herz, aus dem drei Rosen wachsen), das jenem von Weidenbach im Burzenland sehr ähnlich ist. Fotoquelle: Wikimedia Commons
Bekannt ist die heraldische Tatsache, dass das Wappen der Gemeinde Katzenelnbogen (Rhein-Lahn-Kreis) dem von Mühlbach auffallend gleicht. Beide stellen einen roten, steigenden, gezungten und rechtsschauenden Löwen dar – allein die Felder sind verschieden: Gold bzw. weiß. Ob unter Umständen die Ortschaft Mühlbach in der Gemeinde Elbtal (Lkr. Limburg-Weilburg) bei der Namensübertragung Pate gestanden ist, kann nur vermutet werden.

Scheuern ist ein Stadtteil von Nassau a.d. Lahn. Es ist schwer zu entscheiden, ob eher das in der Vulkaneifel angeführte (Kalenborn-) Scheuern als Namensherkunft zu bevorzugen ist oder eben das nassauische. Ähnlich gelagert ist der Fall Thalheim: Einerseits würde sich ein gleichlautender Ortsteil von Dornburg (Lkr. Limburg-Weilburg) anbieten (1230: Daleheim), zum andern eine Wüstung Dalheim bei Wetzlar. Beide als Alternative zum Ahrweiler-Thalheim oder auch zum westerwäldischen.

In einer früheren Abhandlung hat der Autor den Großraum Gießen und das Amt Hüttenberg heraldisch untersucht: „Von Lindenblättern, gekreuzten Schwertern und einer Krone. Eine heraldische Studie zur Herkunft der Siebenbürger Sachsen“ in Zeitschrift für Siebenbürgische Landeskunde, 31 (2008). Daraus darf aus der Zusammenfassung zitiert werden: „Ausgehend von der grundsätzlichen Annahme einer Übertragbarkeit heraldischer Zeichen, insbesondere auch bei der mittelalterlichen Ostsiedlung, kann festgestellt werden, dass es sowohl für das Hermannstädter Wappen als auch für dasjenige der Hermann­städter Provinz bzw. der Sächsischen Nation, Vorbilder im Gießener Herkunftsraum gegeben hat.“

Mikrotoponymisch ist noch hinzuzufügen, dass die weiter oben erwähnte Flurbezeichnung Rotläufchen sowohl in der Gde. Lahnau (zwischen Gießen u. Wetzlar), als auch in Hermannstadt, Kleinscheuern und Hamlesch überliefert ist.

Magdeburger Börde

Vor 85 Jahren erschien ein Buch mit dem Titel „Magdeburg als Hauptstadt des deutschen Ostens im frühen Mittelalter“. Demnach nahm das dortige Erzstift eine überragende Rolle ein, vor allem während der Sedenzzeit des Erzbischofs Wichmann von Seeburg (1152-1192). Seine Lebensleistung ist gleichwohl nicht so sehr auf religiösem oder kulturellem Gebiet zu finden.

Bereits in frühen Jahren hielt er sich mehrfach am Hof des ersten Stauferkönigs Konrads III. auf, wo er wahrscheinlich auch dem späteren Kaiser Friedrich Barbarossa begegnete. Dank seines diplomatischen Geschicks gelang ihm eine beträchtliche Ausweitung der Territorialherrschaft und der Besitzrechte. Die Letzteren bis ins Rheingebiet. Dazu gehörte z.B. die Schönburg über Oberwesel a. Mittelrhein.

Der Landesausbau im Elbe-Saale-Gebiet geschah durch Urbarmachung von bisher nicht kultiviertem rechtselbischem Land. Das neugewonnene Land diente der Ansiedlung von aus dem Westen des Reiches gerufenen Kolonisten. Kaum bekannt sein dürfte, dass Friedrich I. auf die Vermittlungsfähigkeiten des (auch) Reichsfürsten Wichmann setzte und diesen 1174 und 1175 mit der Leitung einer Gesandtschaft zum Ungarnkönig Bela III. betraute. Die Herkunft der neuen Siedler war sehr unterschiedlich; ein größerer Teil stammte aus Flandern. Davon zeugt der Höhenzug des Fläming.

In einem 1997 erschienenen Ortsbuch von Deutsch-Weißkirch ist u.a. von einer „zweiten Siedlung“ die Rede, die es neben dem späteren Hauptort gegeben haben könnte. Hinweise darauf sollen die „Ugler Wiesen“ und das „Uglertal“ liefern, die auf ein Dorf „Uegeln“ schließen würden.

Tatsächlich steckt in dem angenommenen Wüstungsnamen der Ortsname Egeln, eine Gemeinde, die zum ehemaligen Kreis Wanzleben, südwestlich von Magdeburg, gehörte. Eine Nachbargemeinde heißt Westeregeln.

Vergleicht man die Flurnamen dieses Kreises mit denen von Weißkirch, so ergeben sich etwa zehn Übereinstimmungen, wie etwa bei Feoß­brich/Voßberg, Schuirelbarich (Scheurelberg)/Scheur, Schlanjtschen/ Schling, und vor allem beim Leitnamen Röhrchen.

Er bezeichnet eine sumpfige Stelle, wo (Schilf-) Rohr vorkommt, bzw. im Diminutiv Röhrchen. In Siebenbürgen scheint dieser Name häufiger anzutreffen zu sein als insgesamt im deutschsprachigen Gebiet – sporadisch nur noch in Hessen. Überraschenderweise finden sich mehrere Weißkircher Hattertnamen auch in Rode. Auf den zweiten Blick nicht mehr ganz verwunderlich, wenn man sich etwa bei der Kirchentracht die Bockelung der verheirateten Frauen anschaut. In beiden Fällen erinnert diese frappant an das berühmte Frauenporträt von Robert Campin. Da sticht das flämische Element (der Beginentracht?) richtig hervor. Ob der Ortsname Meeburg in Verbindung mit Magdeburg gebracht werden kann, muss offen bleiben, da der erste urkundliche Beleg von 1442 keinerlei Indizien dafür liefert. Gleichwohl gibt es, abgeschwächter als bei Weißkirch, mikrotoponymische Anklänge.

Nachdem über Generationen um die Deutung des Ortsnamens Magdeburg gestritten wurde, hat Prof. Jürgen Udolph, der deutsche „Namenspapst“, den Kontroversen offenbar ein Ende gesetzt. Demnach soll es sich beim Bestimmungswort um das altgermanische Adjektiv „magap“ handeln, welches „groß, mächtig“ bedeutet. Die Meeburger Sage von der „Mädchenburg“ wurzelt anscheinend in der volkstümlichen Etymologisierung: Me(e) soll für das verkürzte Med (sächsisch für Maid) stehen.

Ortsnamenkundliche Spuren von dem Herkommen der „primi hospites regni“ aus dem ehemaligen Herzogtum Sachsen führen u.a. auch nach Magdeburg, als mögliche „Zwischenheimat“ (Walter Schuller: „Zur Herkunft der ,ersten sächsischen Gäste‘ in Siebenbürgen“, Mediascher Infoblatt, Mai 2007).

Vor gut 60 Jahren hat der namhafte Kunsthistoriker Virgil Vătășianu bei der Innenarchitektur der spätromanischen Basilika von Mönchsdorf eine eigentümliche Parallelität zu der Liebfrauenkirche (12. Jh.) von Loburg beschrieben, den sogenannten Sächsi­schen Stützenwechsel. Die Stadt Loburg liegt etwa 30 km östlich von Magdeburg.

Um die gleiche Zeit veröffentlichte Karl Reinerth, verdienstvoller Theologe und Kirchenhistoriker, seine Abhandlung über „Das Heltauer Missale“. In diesem Messbuch deckt Reinerth vielfache Beziehungen dieses Vollmissale auf: Einerseits zum Kölner Sakramentar, welches im Magdeburger Gebiet um weitere Heiligenmessen vermehrt wurde, und zum andern durch die dortige Ergänzung mit einem Lektionar und einem Graduale.

Immer wieder greift Reinerth nach der Metapher „mit den Händen zu greifen“, wenn er Übereinstimmungen des Codex Heltensis mit dem Missale Magdeburgense entdeckt. Schlussfolgernd stellt er fest, dass diese „Handschrift eine der wenigen Brücken und wohl deren tragfähigste dar (stellt), die … eine Gruppe … Siebenbürger Sachsen mit ihrer Urheimat verbindet“.

Im Übrigen enthält das Heltauer Messbuch auch eine Erfurter Gottesdienstordnung. Da mag es vielleicht doch etwas mehr als ein Zufall sein, dass es sowohl in Magdeburg wie auch in Thüringens Metropole je ein Haus mit der überlieferten Bezeichnung „Zu den Sieben Bürgen“ gibt, die auf die sieben Eideshelfer (Zeugen) verweist, welche seinerzeit zu wichtigen Beurkundungen hinzugezogen wurden.( Dazu mehr vom Autor: „Siebenbürgen – ein Toponym mit rechtshistorischem Hintergrund“, Zeitschrift für Siebenbürgische Landeskunde 22. (93.) Jg., (1999), Heft 1). Weitere, spärliche Spuren nach Siebenbürgen zugewanderter Kolonisten könnten nach Deutsch-Lothringen, Flandern, Thüringen, Mecklenburg und Ostfriesland führen.

Das von Martin Opitz stammende Diktum über die Siebenbürger Sachsen als den „germanissimi germani“ trifft insofern zu, als sich ihre Abstammung auf ein halbes Dutzend historischer Provinzen Deutschlands zurückführen lässt, sie mithin „ganz echte Deutsche“ wären.

Walter Schuller

Schlagwörter: Geschichte, Sprachwissenschaft, Herkunft, Siedlung, Schuller

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