11. August 2024

Herrnhut ist neues UNESCO-Weltkulturerbe

Am 27. Juli 2024 wurde Herrnhut in der Oberlausitz zusammen mit Bethlehem in Pennsylvanien, Christiansfeld in Dänemark und Gracehill in Nordirland unter dem Namen „Siedlungen der Herrnhuter Brüdergemeine“ in die Liste der UNESCO-Weltkulturerbe-Stätten aufgenommen. Nach der Bekanntmachung des Komitees der UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation (Unesco) läuteten die Kirchenglocken, ein Gebet wurde gesprochen und ein Segenslied gesungen. Es folgte eine Feier auf dem Zinzendorf-Platz.
Vishal V. Sharma, Vorstand des Weltkulturerbe ...
Vishal V. Sharma, Vorstand des Weltkulturerbe-Komitees, verkündet die Aufnahme Herrnhuts in die Weltkulturerbe-Liste. Übertragung ins Herrnhuter Gotteshaus. Foto: Peter Vogt
Die Herrnhuter Brüdergemeine (auch Evangelische oder Erneuerte Brüder-Unität genannt, lateinisch Unitas Fratrum, englisch Moravian Church) ist eine christliche Glaubensbewegung, die von der böhmischen Reformation des Jan Hus, dem Luthertum, dem Calvinismus und dem Pietismus geprägt wurde. Als Gründer gilt Nikolaus Ludwig Graf Zinzendorf, der ab 1722 mährischen Exulanten, die infolge der Gegenreformation das Habsburger-Reich verließen, auf seinen Gütern in der Oberlausitz Aufnahme gewährt und die Siedlung Herrnhut („unter des Herren Hut“) gegründet hatte. Die nach strengen Regeln lebende und gut organisierte religiöse Gemeinschaft zog zahlreiche Gläubige an. Herrnhut wurde zum Ausgangspunkt einer intensiven Missionsarbeit auf allen Kontinenten.
Heinrich Friedrich Laurin nach Ludwig Friedrich ...
Heinrich Friedrich Laurin nach Ludwig Friedrich Schmuz: Ansicht von Herrnhut von der Nordseite. Dresden: kolorierte Radierung, 1801. SLUB Dresden, TS Mp.3.5 (https://www.slub-dresden.de/besuchen/ausstellungen-corty-galerie/archiv-der-ausstellungen/ausstellungen-2010/die-wel-in-herrnhut/herrnhut-impressionen#gallery-default-1).
Herrnhut wurde nach einem klar definierten barocken Siedlungsplan errichtet. Die Missionare trugen diesen Plan in andere Länder, auch nach Pennsylvanien/USA, Dänemark und Irland. Die dortigen Hauptsiedlungen Bethlehem, Christiansfeld und Gracefield sind ähnlich aufgebaut. Das war mit ein Grund dafür, einen gemeinsamen, transnationalen Antrag auf Anerkennung als Welterbestätten zu stellen. Maria Böhmer, Präsidentin der Deutschen Unesco-Kommission, fasste die Begründung treffend zusammen: „Die Siedlungen der Herrnhuter Brüdergemeine stehen für den kulturellen und geistigen Austausch über Ländergrenzen und Kontinente hinweg. Sie sind in Vielfalt vereint und damit ein Sinnbild für die Welterbeidee.“

Herrenhuter Stern vor der Christuskirche in ...
Herrenhuter Stern vor der Christuskirche in Gauting. Foto: Konrad Klein
In Siebenbürgen ist Herrnhut heute vor allem wegen der hier angefertigten Sterne bekannt, die weltweit in vielen Kirchen zu Weihnachten leuchten, ebenso wegen der jährlich hier vorbereiteten und publizierten „Losungen“, die einem frommen Christen täglich ein Bibelzitat auf den Weg geben. Dass die Siebenbürger Sachsen auch von Zinzendorf verfasste Kirchenlieder singen, weiß nur, wer im Register ihres Gesangbuchs blättert. Und dass recht viele Landsleute in und für die Herrnhuter Brüdergemeine gewirkt haben, erfahren nur jene, die Hermann Jekelis 1931 veröffentlichte Monographie „Die Herrnhutische Bewegung in Siebenbürgen. Ein Beitrag zur Geschichte des religiösen Lebens im Sachsenlande“ lesen. Ein 2019 in der Zeitschrift für Siebenbürgische Landeskunde erschienener Beitrag hat auf Georg Pilder „aus Millenbach in Siebenbürgen“ aufmerksam gemacht, der als Herrnhuter Bruder unter anderem in Ägypten und Arabien missioniert hat, international aber als Verfasser des ältesten bekannten deutsch-arabisch-italienischen Wörterbuchs bekannt ist, dessen 1772 abgeschlossenes Manuskript nicht weniger als 2629 Seiten umfasst.

Das sind Gründe genug, sich zusammen mit den Herrnhutern über die Verleihung des Weltkulturerbetitels zu freuen.

Konrad Gündisch

Schlagwörter: UNESCO, Weltkulturerbe, Herrnhuter

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