11. Oktober 2024

Vor 80 Jahren: Evakuierung aus Nordsiebenbürgen 1945-1945: Vorahnung führt zu Planung

Im Gegensatz zur Führung der Deutschen Volksgruppe in Rumänien unter Andreas Schmidt hatte sich die Gebietsleitung der Volksgruppe in Nordsiebenbürgen schon im Frühjahr 1944 mit Evakuierungsplänen befasst (Robert Gassner, Dr. Carl Molitoris). Bereits im Herbst 1943 hatten die Trecks, der vor der Roten Armee geflüchteten Schwarzmeer- und Krim-Deutschen Nordsiebenbürgen passiert, im April 1944 waren ihnen 63000 Transnistrien-Deutsche gefolgt. In der Betreuung dieser Flüchtlinge sammelte die Volksgruppe Erfahrungen. Am 23. April 1944 beruft Robert Gassner einen kleinen Kreis von Vertrauten nach Bistritz ein. Die streng geheime Zusammenkunft bringt konkrete Ergebnisse. „Treckeinteilung, Ausstattung der Wagen, Ladegut, zu befahrende Wegstrecken, Rastplätze, Sanitätsstationen, alles wurde festgelegt“, schreibt Gassner später.
Georg Schmedt, Ehrenvorsitzender der Kreisgruppe ...
Georg Schmedt, Ehrenvorsitzender der Kreisgruppe Herten, 2013. Foto: Oliver Mau
Georg Schmedt (Jahrgang 1928) erzählt 2014: „Schon einige Zeit vor der Evakuierung wurde auch für uns Jugendliche in Mettersdorf die veränderte Situation deutlich spürbar: Unter anderem mussten wir Burschen zur vormilitärischen Erziehung – den einen Nachmittag zur deutschen, den anderen zur ungarischen Unterweisung. (…) Im Winter 1943/44 kamen viele deutsche Soldaten durch Mettersdorf, die auf dem Weg an die Ostfront waren. Eine Einheit hielt sich einige Tage in Mettersdorf auf, um sich zu stärken. Mit einem der Soldaten war ich ins Gespräch gekommen und hatte ihm bereits mehrfach den Weg gezeigt. Er fragte mich, was es mit uns und unserem Volk auf sich hatte. In Geschichte war ich recht gut, ich konnte ihm Rede und Antwort stehen. So kam es, dass er mich stets mit ,He, du Siebenbürger‘ ansprach. Eines Tages war er mit dem Kompaniechef unterwegs und saß in dessen Beiwagen. Als er mich sah, schlug er dem Kompaniechef vor, dass er mich statt seiner mitnehmen sollte – ich könnte ihm sicherlich noch einiges zeigen. Das war für mich natürlich höchst spannend! Vor der Weiterreise der Soldaten sahen wir uns dann noch einmal. Ich war geschockt, als er nachdenklich sagte: ,Es kann passieren, dass – wenn wir zurückkommen – ihr nicht mehr hier seid.‘ ,Wie?!‘ ,Vielleicht‘, so meinte er, ,werden wir euch nicht beschützen können.‘“

Emma Gassner schreibt 1956: „Im März 1944 kamen die ersten deutschen Soldaten bei ihrem Rückzug durch unsere Stadt Bistritz. Im Mai folgten ihnen 63000 Transnistriendeutsche im Treck. Es war ein Jammer, wie diese armen Menschen nach wochenlangen Strapazen aussahen. Es war eine Selbstverständlichkeit, diesen Leuten zu helfen. Dass uns schon im September desselben Jahres das gleiche Schicksal ereilen sollte, hielten wir damals noch nicht für möglich.“

Textauswahl: Horst Göbbel

Quellen:
Georg Schmedt, Jahrgang 1928, Mail von seiner Nichte Karin Roth (2/2014)
Erlebnisbericht Emma Gassner 1956 - Nierswalde, 24.02.1956, Quelle: Ost-Dok. 2, Nr. 350. S. 95-108

Schlagwörter: Flucht und Evakuierung, Nordsiebenbürgen, Zeitzeugenberichte

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  • 11.10.2024, 16:47 Uhr von babacu: Andreas Schmidt der Toten Gräber unseres Volkes . [weiter]

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