10. Januar 2006

Zwei Lesungen von Kurt H. Binder in Rottweil

Der bekannte, aus Hermannstadt stammende Humorist und Satiriker Kurt H. Binder las im November im Vortragssaal der Rottweiler Volkshochschule amüsante, hintergründige bis nachdenklich stimmende Kurzgeschichten und Gedichte aus seinen unverwechselbaren Werken: Spannende Entwicklung der Handlung, sprachliche Artistik, unerwartete Pointen und die Hyperbel als häufigste Stilfigur sind in den mittlerweile fünf erschienenen Bändchen immer wieder anzutreffen.
In seinen Geschichten und Gedichten nimmt Binder menschliche Schwächen, Merkwürdigkeiten und Skurrilitäten auf die Schippe, ohne sich selbst dabei auszuschließen. "Ordnung ist das halbe Leben" aus König Murphys Tafelrunde zeichnet beispielsweise die Bemühungen des Autors und seiner Frau Erika nach, die widerspenstige Ordnung im Haus in den Griff zu bekommen. Nach vielen Irrungen und Wirrungen schlägt ihnen letztlich ein Computer, der "Heilige Computius", eine verblüffend einfache Lösung vor. Das zahlreiche Publikum würdigte diese gelungene Darbietung mit Schmunzeln, häufigem lauten Lachen und wohlverdientem Applaus.

Kurt Binder während der Lesung in Rottweil.
Kurt Binder während der Lesung in Rottweil.
Drei Wochen später, am 10. Dezember, hatte Binder erneut begeisterte Lacher auf seiner Seite, als er in gewohnt pointierter Manier eine viertelstündige Laudatio in Versen auf der Geburtstagsfeier des 70-jährigen Paul Schuller, Vorsitzender der landsmannschaftlichen Kreisgruppe Rottweil/Schwarzwald-Baar, zum Besten gab. In dieser urkomischen Dichtung hatte er mehrere Sprüche, die Schuller in seiner oft kargen, trockenen Art von Stapel ließ, in satirische Verse gekleidet und in sinnvollen Zusammenhang mit Episoden aus dessen Alltag gebracht. Im letzten Abschnitt behandelt er die Umstände, infolge derer Paul Schuller zum ersten "Ritter wider den tierischen Ernst" geschlagen wurde:

"So schritt einmal der Paul in Reih und Glied/ bei einem Umzug forsch mit andern mit,/ die alle sich nach besten Kräften mühten,/ auf den Trompeten möglichst laut zu tüten./ Doch fand der Petrus daran kein Gefallen;/ er ließ ein kaltes Tief hinunterfallen,/ das pflichtbewusst auch alles gleich umhüllte/ und Mann und Blasrohr schnellstens unterkühlte./ So blies umsonst ein auf Musik erpichter/ Mann - kein Ton entwich dem Tubatrichter./ Zwar pustet' Paul mit allen Kräften drauf,/ und bläht die Backen wie Louis Armstrong auf/ mit seiner ganzen, großen Lungenkraft -/ zu festgefroren war der Spucke Saft./ Nun, es beweisen, dass dies nicht erlogen,/ die Eiswürfel, die aus der Tuba flogen."

Die Laudatio endete mit einem guten Rat, der ebenfalls einem von Paul Schullers Sprüchen entnommen wurde: Sollte es ihm jemals sehr übel ergehen, dann solle Ritter Paul standesgemäß nur "auf hohem Niveau jammern"! Der Applaus war adäquat.

Siegfried Habicher

Schlagwörter: Lesungen, Humor

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