20. August 2006

Zweites Heft der "Spiegelungen": Literatur im Mittelpunkt

Literatur und Literaturwissenschaft dominieren das zweite Heft, Jahrgang 1(55), der vom Institut für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas an der Ludwig-Maximilians-Universität München (IKGS) herausgegebenen Vierteljahresschrift "Spiegelungen".
"Das aktuelle Thema", mit dem die Zeitschrift eröffnet wird, ist dem siebenbürgischen Dichter Oskar Pastior gewidmet, dem kürzlich der Georg-Büchner-Preis 2006, der angesehenste deutsche Literaturpreis, zuerkannt wurde. Der Beitrag, betitelt "Der ‚Wortakrobat' als Poeta laureatus", präsentiert Stellungnahmen, die in der führenden deutschsprachigen Presse zu der Auszeichnung des singulären Vertreters der experimentellen Lyrik erschienen sind und charakterisiert das Werk des Sprachkünstlers, der sich nicht selten auch aus den mehrsprachlichen Gegebenheiten seines Herkunftslandes inspirierte.

Gelegentlich des 60. Geburtstages von Peter Motzan interviewt Stefan Sienerth den langjährigen Freund und Berufskollegen. Der bekannte Literaturwissenschaftler, der sich, wie er formuliert, zu diesem "Duett coram publico" nicht ohne Bedenken bereit erklärt hatte, äußert sich über seine frühe Hermannstädter Zeit, seine Tätigkeit als Literaturkritiker und als Hochschullehrer in Klausenburg, die Entwicklung der rumäniendeutschen Nachkriegsliteratur, insbesondere der jungen Generation, deren Werdegang er produktiv begleitete, sowie seinen Weg als Germanist in Deutschland, wo die deutschsprachige Literatur Südosteuropas, neben universitären Lehraufträgen, die er wahrnimmt, das erweiterte Forschungsfeld des IKGS-Mitarbeiters darstellt. Dazu wird in der Zeitschrift als sprechendes Beispiel ein Aufsatz Motzans über den donauschwäbischen Schriftsteller Franz Hutterer abgedruckt - die Interpretation der Erzählung "Nachtvögel".

In einem Werkstatt-Bericht stellt Eduard Schneider das in Arbeit befindliche Lexikon deutschsprachiger Autorinnen und Autoren in und aus Südosteuropa im 20. und 21. Jahrhundert vor, das in Kooperation mit in- und ausländischen Germanisten im IKGS vorbereitet wird. Daraus werden erste Textproben geboten: Markus Fischer (Heidelberg), Karl Esselborn (München) und Vlado Obad (Osijek) zeichnen jeweils für Artikel über den aus Arad stammenden Schriftsteller Nikolaus Pietsch (geboren 1934), die deutschreibende Bulgarin Rumjana Zacharieva (geboren 1950) und den slawonisch-deutschen Romancier Victor von Reisner (1860-1919). Eine Erzählung von Karin Gündisch über eine ungewöhnliche Einreise aus Rumänien nach Deutschland ("Die Tür zum Paradies") und Lyrik von Matthias Buth, die Erinnerungen an siebenbürgische Orte und an Bukarest durch intensive Bilder evoziert, sowie von Franz Hodjak übersetzte Gedichte der Rumänin Ana Blandiana werden in der Rubrik "Literarische Texte" eingebracht.
In dem kunstgeschichtlichen Essay "Der Diskurs mit dem Licht" erfasst Hans Bergel prägnant Wesenszüge der Hochgebirgsmalerei von Otto W. Flechtenmacher (1900-1982), an dessen Leben und Wirken, das in Siebenbürgen begann, im vergangenen Jahr eine große Retrospektive in Tirol erinnerte.

In der Rubrik "Zeitgeschichte" wird ein bemerkenswertes Dokument der oral history zugänglich gemacht: "Es hat mich belastet, es bewegt mich noch heute", bekennt die Zeitzeugin Edith Schütrumpf, eine Bukowinadeutsche, die in einer fachwissenschaftlich erstellten Gesprächsaufzeichnung über ihre traumatischen Erlebnisse in den Kriegsjahren 1939-1945 und während der Umsiedlung ins "Dritte Reich" berichtet.

Das "Forum" der Zeitschrift spiegelt den Ertrag wissenschaftlicher Symposien und Tagungen, die über deutsche Geschichte in Ost- und Südosteuropa (Halrun Reinholz), über Fragen des Buch- und Wissenstransfers (Detlef Haberland) und über den "konfessionellen Raum" dieser Regionen (Juliane Brandt) in München, Szeged und Emden stattfanden.

Einen wichtigen Platz in der Publikation nehmen über zwanzig Besprechungen von einschlägigen Neuerscheinungen ein.

Die Vierteljahresschrift "Spiegelungen" kann als Einzelheft für 6,15 Euro (zuzüglich Porto) und als Jahresabo für 22,50 Euro (einschließlich Porto) über Intime, Freihammerstraße 2, 82166 Gräfelfing, Telefon: (089) 85 70 91 12, bezogen werden.

Schlagwörter: Rezension, IKGS

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