31. Oktober 2006

Winzersprache aus Siebenbürgen wird erforscht

In Siebenbürgen wurden früher die „Maidenweimeren“ / „Mädchentraube“ (Feteasca albă), die Weintraube „Isabella“, die „Perle von Csaba“ und der „Neuburger“, aber auch der „Gornisch“ angebaut. Ein altes Sprichwort aus Deutsch-Zepling in Nordsiebenbürgen lautet: „Der Gornischstock gibt der Maid einen Rock“, denn der Ertrag dieser Rebsorte war so groß, dass man den Mädchen neue Kleider kaufen konnte. Sie ist vermutlich identisch mit dem Elbling, der in der Pfalz „Elbeding“, in Lothringen „Folschet“ und in Bayern „Hierländer“ hieß. Eine weitere siebenbürgische Winzerregel beschreibt die reiche Ernte dieses Massenträgers: „Gornischgedräng macht den Keller eng.“
Die regional oft unterschiedliche und im Dialekt überlieferte Fachsprache des Winzerberufs wird seit 1999 in der Arbeitsstelle „Wörterbuch der deutschen Winzersprache“ in Kaiserslautern erforscht. Unter Federführung der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur will das vom Bund und dem Land Rheinland-Pfalz finanzierte Projekt einen Beitrag zur Erschließung, Sicherung und Vergegenwärtigung des kulturellen Erbes unserer Gesellschaft leisten. Das Winzerlexikon wird den Fachwortschatz über Ländergrenzen hinweg dokumentieren. Zurzeit werden mehr als 300 Interviews ausgewertet, die in den 80er Jahren mit Winzern in 21 Ländern von Luxemburg bis Aserbaidschan und von Saale-Unstrut bis Südtirol geführt wurden. Berücksichtigt werden auch zahlreiche deutsche Sprachinseln in Ost- und Südosteuropa: in Aserbaidschan, Bosnien-Herzegowina, Georgien, Kroatien, Moldawien, Polen, Rumänien, Russland, Serbien, Slowakei, Slowenien, Tschechien, in der Ukraine und in Ungarn.

Die alte Rebsorte Elbling wurde früher in Siebenbürgen Gornisch genannt.
Die alte Rebsorte Elbling wurde früher in Siebenbürgen Gornisch genannt.
Schon 1981 haben mehr als 50 Winzer und Weinbaufachleute über den Winzerdialekt in Nord- und Südsiebenbürgen Auskunft gegeben. Winzer aus Michelsberg, Großpold, Kleinschelken, Wurmloch, Reichesdorf, Maniersch, Bogeschdorf, Deutsch-Zepling, Botsch, Tekendorf, St. Georgen, Budak und Heidendorf haben berichtet, wie sie noch vor dem 2. Weltkrieg Weinbau betrieben hatten, welche Geräte sie damals benutzt hatten und wie diese hießen. Diese Antworten wurden auf Tonband aufgezeichnet, so dass, obgleich die Mehrzahl der Winzer inzwischen verstorben ist, die Antworten noch zur Verfügung stehen. Der Grund für die Bestandsaufnahme der historischen Winzersprache waren Technisierung und Flurbereinigung, durch die der Weinbau sich sehr gewandelt hat. Dadurch droht der historische, vorwiegend dialektal geprägte Winzerwortschatz in seiner Vielfalt verloren zu gehen.

Die Rebsorte Perle von Csaba wurde früher in Siebenbürgen als frühreife weiße Tafel- und Weintraube angebaut.
Die Rebsorte Perle von Csaba wurde früher in Siebenbürgen als frühreife weiße Tafel- und Weintraube angebaut.
Die erste CD-Rom mit 3 400 Stichwörtern, 70 Artikeln und 38 Tonaufnahmen ist jetzt erschienen und im Buchhandel erhältlich: Maria Besse, Wolfgang Haubrichs, Roland Puhl, „Wörterbuch der deutschen Winzersprache. Ein europäisches Fachwörterbuch zu Sprache und Kultur des Weines“. S. Hirzel Verlag, Preis: 52 Euro, ISBN: 3-7776-1429-7.

Das Wörterbuch steht unter www.winzersprache.de/onlinewb auch im Internet zur Verfügung. Weitere Informationen erhalten Sie unter www.adwmainz.de und www.winzersprache.de.

Schlagwörter: Rezension, Sprachgeschichte, Mundart

Bewerten:

4 Bewertungen: o

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.