11. April 2007

Ein Meister der Violine: Willy Teutsch

Herausragende einheimische solistische Begabungen auf dem Gebiet des Violinspiels traten in Siebenbürgen selten in Erscheinung. Noch seltener begegnen wir international agierenden siebenbürgischen Geigern. Willy Teutsch, ein ungewöhnliches geigerisches Talent, hätte wie wenige andere Fähigkeiten und Möglichkeiten gehabt, eine überregionale Karriere aufzubauen, doch sein Wirken blieb auf Siebenbürgen und auch hier fast ausschließlich auf Kronstadt beschränkt. Er lässt sich aber auf alle Fälle neben Irene von Brennerberg, Olga Coulin-Fogarascher, Rudolf Malcher, Ernst Süssmann und Alexander Dietrich in die Reihe der namhaften siebenbürgischen Violinisten stellen.
Willy Teutsch wurde als uneheliches Kind der Katharina Teutsch am 22. Mai 1907 in Tartlau bei Kronstadt geboren. Der Vater mit Namen Markowitsch, als Kellner in Kronstadt tätig, ging bald außer Landes. Willy wuchs vaterlos und in ärmlichen Verhältnissen auf. Die Mutter heiratete in Kronstadt einen Schuster und städtischen Bediensteten namens Rheindt. Einige Kronstädter Bürger und Mitglieder der Philharmonischen Gesellschaft nahmen sich des talentierten Knaben an und förderten seine musikalische Ausbildung. Er erhielt Violinunterricht bei Franz Kroupa, dem Konzertmeister der Kronstädter Stadtkapelle, und trat schon bald solistisch auf. Als Fünfzehnjähriger wurde er nach Wien geschickt, um am dortigen renommierten Konservatorium weiter zu lernen.

Im Gründungsjahr des Kronstädter Konservatoriums ASTRA, 1928, finden wir Teutsch als Lehrer an dieser Anstalt und als Konzertierenden. Um seiner Kunst einen letzten Schliff hinzuzufügen, begab er sich von 1930 bis 1932 nach Budapest in die akademische Meisterklasse des bedeutenden und weltbekannten ungarn-deutschen Violinvirtuosen Jenö Hubay (Eugen Huber), Lehrer zahlreicher namhafter Geiger. Zwischendurch konzertierte Teutsch in Siebenbürgen. Nach 1932 wird er in Kronstadt als Konzertmeister genannt. Sein Name erscheint als Solist in mehreren Konzertprogrammen Kronstädter Klangkörper. Teutsch übernahm auch solistische Violinparts in kirchenmusikalischen Aufführungen des Kronstädter Kantors, Organisten und Kirchenmusikdirektors Victor Bickerich und beteiligte sich an den seit 1932 stattfindenden „Musik-Abenden im Hause Bickerich“. Der Kammermusik wandte er sich als Primarius wechselnder Streichquartette und anderer Ensembles zu. Über Aufenthalte in Österreich ist nichts Näheres bekannt.

Mit seinen solistischen Auftritten unter Begleitung des Kronstädter Philharmonischen Orchesters und der Stadtkapelle in den 1930er Jahren stand Willy Teutsch gewissermaßen in der Nachfolge von Irene von Brennerberg und Rudolf Malcher, die um die Jahrhundertwende bzw. im zweiten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts, aus Paris und Berlin bzw. Wien kommend, in Kronstadt konzertiert hatten. Angelpunkt von Teutschs solistischem Wirken waren die Violinkonzerte von Beethoven, Mendelssohn, Brahms und Tschaikowsky, doch er widmete sich auch den solistischen Werken von Bach, Haydn und Mozart und der virtuosen Violinliteratur. Teutsch galt in diesen Jahren als „bedeutendster heimischer Violinkünstler“, hervorgehoben wurde die „Meisterschaft, mit der er sein Instrument beherrscht“, seine „blendende Technik“, „hinreißende Virtuosität“ und „hohe Musikalität“ (Kronstädter Zeitung, 21. und 22. Oktober 1932). Auch wird sein Spiel als „wunderbar klar, rein und von reifer Auffassung“ (Margarete Martin) beschrieben. Als Lehrer erhielt er großes Lob wegen seines hochprofessionellen, akribischen, profunden, umsichtigen und einfühlsamen Unterrichtsstils. Der Mensch wird als liebenswürdig und bescheiden bezeichnet.

Nach dem Krieg erhielt Teutsch eine Stelle als Erster Geiger in der neu gegründeten Kronstädter Staatsphilharmonie, danach im Musiktheater. Eine fortschreitende Geisteskrankheit stand einem weiteren Ausbau seiner solistischen Karriere im Wege und hinderte ihn zunehmend auch am Ausüben seiner kammermusikalischen Tätigkeit. Schließlich musste er sogar die Orchesterarbeit aufgeben. Seine ungarische Frau stand ihm anfangs aufopferungsbereit zur Seite, musste ihn jedoch wegen seiner Krankheit mit dem Kind dann doch verlassen. Teutsch starb vereinsamt, gebrochen und krank am 5. Januar 1975 in Kronstadt.

K. T.

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 6 vom 15. April 2007, Seite 6)

Schlagwörter: Musiker, Burzenland

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