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Gusto Gräser: Vom Anders-Sein eines Außenseiters
Gustav Arthur Gräser kam am 16. Februar 1879 in Kronstadt zur Welt. Vor 50 Jahren, am 27. Oktober 1958, starb er arm und vereinsamt in München. Dem Dichter, Naturphilosophen und Pazifisten Gusto Gräser widmet das Haus des Deutschen Ostens (HDO) in München anlässlich seines 50. Todestages derzeit mehrere Veranstaltungen (siehe unten und separater Artikel). mehr...
Kommentare
Artikel wurde 44 mal kommentiert.
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1 • Don Carlos schrieb am 28.10.2008, 08:06 Uhr:Ist ein "Freigeist", der konsequent lebt, der seine Freiheit auch gegen Gesellschaft und Staat durchsetzt, ein Modell der Jetztzeit, gerade heute, wo die regulierende Kraft des Staates vielfach zu versagen scheint?
War "Gräser im Gras" , der lachende Philosoph und Poet aus Kronstadt, ein aufrichtiger Anarchist?
Im Rumänien der Ceausescu-Diktatur wurden solche Demokrit- und Diogenes Typen, die nur frei sein, freizügig leben, lieben, philosophieren oder dichten wollten, einfach auf der Grundlage des ominösen "Dekrets 153" eingefangen, im Schnellprozess abgeurteilt und in das Gefängnis geworfen. Dort standen sie dann als billigste Arbeitskräfte zur Verfügung. Das alles, nachdem bereits die Nationalsozialisten die Arbeitslager erfunden und unbequeme Zeitgenossen a la Gräser zu Zwangsarbeit verpflichtet hatten.
Gerade heute, wo die ordnende Hand des Staates versagt, indem die oft stigmatisierten Intellektuellen, Heimatlosen und Unbehausten der Moderne einer würdelosen Existenz unterworfen werden, scheint das Außenseitertum wieder neu zu faszinieren, da es als gelebte Individualität auch ein Modell zur Überwindung der nivellierenden, werteverfallenden Gesellschaft darstellt.
Die Reihe unkonventioneller Siebenbürger Sachsen, die aus dem Reigen tanzten, um ihre eigene Hora zu zelebrieren, ist lang. Charaktere wie Paul Schuster, ein Dichter zwischen allen Stühlen, der in rumänischer Tracht durch Berlin stapfte,( Hans Bergel berichtete hier darüber) oder Carol Neustädter gehören mit in diese Familie der Nonkonformisten, die so etwas sind wie das Salz der Erde.
"Im Land der Buchen und der Linden, wird niemals sich ein Brutus finden" spottete Heine. Es ist dabei geblieben. Konventionelle Existenz, vorauseilender Gehorsam, Duckmäusertum, unkritisch umgesetzte preußische Pflichtethik sind auch heute noch Maßstäbe, die unsere Gesellschaft funktionieren lassen, aber das Leben langweilig machen. Vielleicht inspieriert das Gedenken an den "barfüßigen Propheten Gräser" zu einem Mehr auch an Freiheit. -
2 • Karl schrieb am 28.10.2008, 10:52 Uhr:Es sind einzelne Menschen, welche Veränderungen bewirken, und nicht die Masse der gleichgeschalteten, oberflächlich "braven" Menschen.
Ja, wenn es dann auch noch Vorreiter oder Pioniere sind, werden sie meist von der Gesellschaft nicht nur ausgegrenzt, sondern auch angefeindet und sterben arm an Gütern, reich an Weisheit, Wissen und Erfahrungen.
Gusto Gräser scheint es nicht viel ausgemacht zu haben, nicht akzeptiert zu werden- zu fragen ist, warum er nicht, wie viele andere, nach Siebenbürgen zurückgekehrt ist.
Daß er ein Pionier, ein Ideengeber und Begleiter war für viele "Stars" in der deutschen Schrifstellerszene seinerzeit wie H. Hesse, T. Mann etc., ist allgemein bekannt in Deutschland, der Schweiz, Italien.
Seine Standhaftigkeit, seine Weisheit, wurde in Siebenbürgen und bei den Siebenbürger Sachsen bisher nicht erkannt, geschweige denn gewürdigt.
Im "Lexikon der Sb. Sachsen" findet sich dann auch über Gräser nur einen 7-Zeiler von Hans Bergel, während über "Persönlichkeiten" aus längst vergangenen Jahrhunderten halbe Seiten geschrieben wurden.
[Beitrag am 28.10.2008, 10:56 von Karl geändert] -
3 • bankban schrieb am 28.10.2008, 12:11 Uhr:Mal zwei Bemerkungen, gerichtet gegen das, was sinngemäß meine beiden Vorredner ausgedrückt haben (nicht als Kritik gemeint, sondern als audiatur et alter pars): 1. wer würde solchen Außenseitern ihr Außenseiter-Dasein ermöglichen, wenn jeder Außenseiter sein wollte? Mögen sie für Adoleszenten und Spätromantiker sowie Wandervögel (auch ich war mit 18 ein Hesse-Fan und Sozialist)interessant sein - keine Gesellschaft kann funtionieren, die nur aus Außenseitern und Träumern besteht. 2. Wer aussteigt und somit zum Weiterbestehen (s)einer Gesellschaft nichts, allenfalls passiv etwas beiträgt - der kann ja auch nicht in einem Lexikon dieser Gesellschaft auftauchen, das ja per se Taten, Errungenschaften und Leistungen aufzählt. (Schließlich wissen wir vom Großen Anonymen Bettler aus Hermannstadt des späten 13. Jahrhunderts auch nichts, da er für seine Gesellschaft nichts Außerordentliches leistete). Mag ja das ökologische Nichts noch so sympathisch sein, aus Nichts entsteht Nichts. (dieser 2. Pkt. gehört revidiert, sobald das spät entdeckte Gesamtwerk von Gräser erweisen wird, dass er den ökologischen Stimmungswandel des späten 20. Jahrhunderts als Erster vorwegnahm, damit die Gründerfiguren der Grünen entscheidend beeinflusste (der Nachlass sowie der Briefwechsel und das Tagebuch des jungen Joschka Fischer wird hierzu evtl. aufschlussreich sein...) und deren Philosophen XY zu dem Grundlagenwerk ABZ inspirierte). So, wie gesagt: dieser Kommentar soll bloß ein Ausbalancieren der beiden vorangegangenen Meinungen darstellen. Bankban
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4 • Karl schrieb am 28.10.2008, 14:19 Uhr:Bankban bringt theoretische Spekulationen ins Spiel, die nichts mit der Realität zu tun haben: Gräser war vielleicht ein Außenseiter in der bürgerlichen Gesellschaft, aber ein Freund viele Schriftsteller und Intelektueller-deswegen hat er sehr wohl schon durch seine "Fernwirkung" viel geleistet und zurückgelassen.
Viel mehr, als evtl. materielle Werte leisten können (Häuser, Garagen bringen die Menschen im Denken nicht weiter, sondern begrenzen deren Sichtfeld noch mehr, da die meisten ein Leben lang den dafür aufgenommenen Kredit zurückzahlen, und dabei alles andere, auch das Leben, vergessen).
Um seine eigenen Vorstellungen zu leben und sinngemäß zu leben, hat er viel Mut, Energie, Durchhaltevermögen gezeigt, ohne aber den Respekt dem Menschlichen und der Natur gegenüber zu verlieren, im Gegenteil.
Genau diese Eigenschaften scheinen m.E. insbesondere heute den meisten Menschen zu fehlen, die sich bequemerweise lieber mit dem Strom treiben und gleichschalten lassen.
Im Unterschied zu dem Großen Bettler aus Hermannstadt des 13. Jhd. hat aber Gusto Gräser geniale Schriftsteller beeinflusst, die ihrerseits Millionen von Lesern und Leuten weltweit beeinflusst haben...
Ob ein Politiker wie Joschka Fischer dieselbe Reichweite hat(te), wie Hermann Hesse, Thomas Mann oder andere, von Gräser beeinflusste, wage ich zu bezweifeln.
[Beitrag am 28.10.2008, 14:20 von Karl geändert] -
5 • bankban schrieb am 28.10.2008, 15:32 Uhr:Zitat Karl: "Bankban bringt theoretische Spekulationen ins Spiel, die nichts mit der Realität zu tun haben" - gilt das nicht auch für Gräser, der mitunter irgendwo als Philosoph tituliert wurde? Außerdem: ist es schlimm, "theoretisch zu spekulieren" ? (En passant gefragt: kann man denn anders spekulieren als theoretisch?) Zudem: mein Beitrag sollte kein Plädoyer für einen kruden Materialismus sein. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass wir/man Gräser, mag man ihn noch so sehr achten, doch nichts ins Übermenschliche stilisieren sollte. In die Richtung gingen (für mich zumindest) die beiden ersten Beiträge und da ich Extreme nicht mag, wollte ich dagegen etwas anschreiben. Da steckt meines Erachtens mehr "Außenseitertum" (da heut dieses Wort sich solcher Beliebtheit erfreut, benutze auch ich es) drin, als zusammen mit X anderen jemanden hochzuloben... Ja, ich behaupte sogar: wären die ersten beiden Beiträge völlig in die konträre Richtung eines kruden Materialismus gegangen, hätte ich bestimmt Gräser verteidigt. Denn "die Wahrheit liegt in der Mitte", oder, um an einen antiken Philosophen anzuspielen (Don Carlos müsste ihn auf Griechsioch zitieren können) in der Vermeidung extremer Positionen... Bankban
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6 • Don Carlos schrieb am 28.10.2008, 16:52 Uhr:Nicht auf die Idealisierung eines Außenseiters kommt es mir an, schon gar nicht auf ein Plädoyer für mehr Extremdenken und Handeln, sondern auf "Toleranz" gegenüber Andersdenkenden und auf eine kritische Haltung gegenüber der Gängelung durch den Staat.
In der antiken Gesellschaft wurden Querulanten und Querköpfe wie Diogenes von Sinope nicht nur geduldet - man hörte auch auf ihre Botschaft. Und da es oft Philosophen waren, die sich als elitäre Individuen absetzten, hatten sie auch etwas zu sagen. Selbst das Mittelalter kannte und schätzte die "Narrenfreiheit", weil sie zu mehr Wahrheit führte - und über das befreiende Lachen und Humor auch zu mehr Lebensfreude.
Nur die Diktatoren grenzten aus, stigmatsierten und bestraften nach den Gesetzen der Willkür.
Leute wie Gusto Gräser landeten im KZ, das die Nationalsozialisten für "arbeitscheue Elemente" aller Art frühzeitig eingerichtet hatten.
Die Kommunisten in der roten Diktatur erklärten die "elemente parasitare" für vogelfrei und versuchten noch die KZs und Arbeitslager der Nazis zu übertrumpfen.
Heute kommt es darauf an, auf die Stimme der Nichtangepassten und Nonkonformisten zu hören - dies im Sinne einer konstruktiven Auseinandersetzung. Dort erfüllt der Außenstehende als feinfühliger Geist eine Vorreiterolle, die nicht ignoriert werden darf. Die Alten Griechen hatten kein Problem damit, obwohl sie in keiner Demokratie lebten.
Wir aber tun uns schwer mit allem Nonkonformistischen und vergessen dabei, dass die Ja-und-Amen-Sager letztendlich Hitler möglich machten.
Was sagte Diogens zu Alexander von Makedonien, als dieser ihm einen besonderen Wunsch erfüllen wollte:"Geh mir aus der Sonne!" Also ehret die Andersdenkenden und respektiert auch ihre Freiheit. Don Carlos -
7 • Karl schrieb am 28.10.2008, 17:42 Uhr:Ich stimmte Don Carlos zu.
Leider ist in der heutigen, oberflächlich so "demokratischen" Welt die Diktatur noch zu oft in den Köpfen der Menschen vertreten.
Der Hang zur Gleichschalterei führt meiner Meinung nach auch zur Diktatur- und führte in Osteuropa eben zur Karikatur einer Demokratie, der "Diktatur des Proletariats" und bei den Deutschen eben zu den Nazis.
In diesen Diktaturen waren auch schon die, die nur ein nicht in die Diktatur passendes Wort sprachen, in Gefahr, einfach zu "verschwinden".
Da lob`ich mir die alten Griechen. -
8 • Elsi schrieb am 28.10.2008, 21:34 Uhr:Ich bringe jetzt auch ein paar 'theoretische Spekulationen' ins Spiel...
bankban sagt: "keine Gesellschaft kann funtionieren, die nur aus Außenseitern und Träumern besteht."
Wissen wir das wirklich? Wir haben schon alle möglichen Gesellschaftsformen ausprobiert - sie waren alle eher mehr als weniger schlecht...(Krieg, Hunger, Ungerechtigkeit, etc.)
bankban sagt: "Wer aussteigt und somit zum Weiterbestehen (s)einer Gesellschaft nichts, allenfalls passiv etwas beiträgt - der kann ja auch nicht in einem Lexikon dieser Gesellschaft auftauchen, das ja per se Taten, Errungenschaften und Leistungen aufzählt."
Wer aussteigt, trägt auch dazu bei, dass sich die Gesellschaft aus der er aussteigt, verändert. Wenn viele aussteigen, wird vielleicht aus der Gesellschaft, die in den Lexika "Taten, Errungenschaften und Leistungen"
auflistete, eine Gesellschaft, welche andere Werte auflistet: jene der Aussteiger vielleicht...
Bankban sagt:"aus Nichts entsteht Nichts." und "die Wahrheit liegt in der Mitte"
Welches 'Nichts' meinst du?
Aus dem 'Nichts' welches ich meine, entstand das Universum...
Und...der Kompromis liegt in der Mitte...meine ich...
Gruss
;-)
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9 • seberg schrieb am 29.10.2008, 00:12 Uhr:Gut also, dann will ich jetzt mein Sermon auch los werden:
Es gibt viele Arten von Diktaturen, die notwendigerweise Aussteiger hevorbringen. Bei Gusto Gräser war es wohl die Diktatur des wirtschaftlichen und industriellen Aufschwungs, der Ratio (-nalisierung) und die Diktatur des Geldes im Kronstadt der Jahrhundertwende um 1900.
Wir wissen nicht, wieviele Menschen aus Angst in dieser gnadenlosen frühen „Globalisierung“ tatsächlich verrückt geworden und in Irrenanstalten verschwunden sind, weil sie sich weder an die veränderten gesellschaftlichen Verhältnisse anpassen konnten, noch die Kraft eines Gusto Gräser hatten, ihre „Verrücktheit“ als Kunst und Idee wieder zurück in die Gesellschaft zu tragen, sozusagen in die Diktatur der Angepassten, der sogenannten Normalen.
Vielleicht sind eher wir alle, die große Mehrheit, verrückte „Normopathen“, wir als tüchtige Säulen der Gesellschaft?!
Also: Aussteigen ja! Aber bitte nicht alle in eine Richtung! Die Schlagseite(n) kennen wir schon.
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10 • bankban schrieb am 29.10.2008, 07:48 Uhr:@ Elsie: Deine Kommentare haben mich erfreut, auch dass endlich jemand mal (meine) Aussagen konkret kritisiert.
Du sagst: "bankban sagt: "keine Gesellschaft kann funtionieren, die nur aus Außenseitern und Träumern besteht." Wissen wir das wirklich? Wir haben schon alle möglichen Gesellschaftsformen ausprobiert - sie waren alle eher mehr als weniger schlecht..." Ich behaupte: Natürlich haben wir noch nicht alle Gesellschaftsformen ausprobiert. Erwiesen ist aber, dass die Aussteigerbewegung der Hippies (z.B.) in ihrer hippiesken Lebensform nichts Dauerhaftes, keine Gesellschaftsform zustande brachte: Kristianstad in Kopenhagen versank als ein Drogenmilieu, die Leute in INdien (Goa usw.) wurden lediglich zu Kiffern. Diejenigen, die nicht diese Flucht aus der Gesellschaft antraten (also letztlich auf den Ausstieg verzichteten) traten den Marsch durch die Institutionen an, d.h. haben eingesehen, dass der Ausstieg letztlich auch (nicht nur!) die feige Zurückweisung von Verantwortung bedeutet. So, jetzt hab ich überspitzt und werde dafür "Prügel" beziehen ... Natürlich gab es im Laufe deer Geschichte andere Wellen von Aussteigertum (Wandervögel?), doch soweit ich es überblicke, haben die auch nicht zu etwas Großartigem geführt. (Der Romantizismus der Wandervögel war auch ein ideologischer Eskapismus und gefährliche Vorstufe jenes irrationalen Verhaltens, das dann in den 1930ern virulent wurde).
Du sagst auch:"Wenn viele aussteigen, wird vielleicht aus der Gesellschaft, die in den Lexika "Taten, Errungenschaften und Leistungen" auflistete, eine Gesellschaft, welche andere Werte auflistet: jene der Aussteiger vielleicht..." Ich behaupte aber: Wenn aber diese "Aussteiger" Wert darauf legen, Lexika etc. aufzulegen, sind sie vielleicht gar nicht so vehement und radikal ausgestiegen, sondern/und haben mehr Bürgerliches in ihre vermeintlich neue Gesellschaft hinübergerettet, als sie wissen/meinen. Oder? Denn sonst könnten sie ja getrost auf solche Lexika verzichten...
Du sagst " Welches 'Nichts' meinst du?
Aus dem 'Nichts' welches ich meine, entstand das Universum..." Ich meine das Nichts der Verweigerer. Wer sich der Gesellschaft verweigert, lehnt eben deren Werte ab, will eben nichts tun. Wer nichts tut, der kann auch nichts hinterlassen. (Wer nichts hinterlässt, kann auch in keinem Lexikon auftauchen. Q. e. d.). Mit dem Universum irrst du dich: es entstand, soweit ich weiss, aus einer immensen Konzentration von Energie und Teilchen in einem Punkt, der dann "explodierte" (Big Bang Theorie).
Du sagst: "Und...der Kompromis liegt in der Mitte...meine ich... Gruss" Bin voll deiner Meinung! Bankban -
11 • Karl schrieb am 29.10.2008, 14:02 Uhr:Elsi und bankban sehen hier hippies und Außsteiger, obwohl eigentlich Gusto Gräser keiner war, bzw. in einer anderen Zeit gelebt hat, als es noch kein hippies/Aussteiger gab.
Gusto Gräser hat mE. seine Leistung der Gesellschaft gegenüber erbracht, indem er als "Lebens- und Denk-Pionier" und aus diesem Grund als Freund von Star-Schriftstellern wie Hesse und Mann - um nur die bekanntesten zu nennen- diese beeinflusste bzw.oft als Vorlage/Vorbild diente.
D.h. daß er kein "Aussteiger" der Sorte war, der für seine Gesellschaft und die Welt nichts mehr übrig hatte.
Deswegen hat er der Welt und auch den Sb. Sachsen viel mehr hinterlassen, als nur in materialistisch- engen Welten denkende Menschen jemals an "toten" Gütern hinterlassen können--- die insbesondere nach einer Finanzkrise nichts wert sein können...
Es ist an der Zeit, daß auch die engstirnigen Sb. Sachsen ihn entdecken und kennenlernen, bevor sie über ihn urteilen...wie leider allzuoft geschehen, eine sb.-sächsische Persönlichkeit erst dann akzpetieren, wenn es zu spät ist... dh. erst nachdem die Person tot oder nicht mehr greifbar ist... bzw. nachdem andere Koryphäen diese Person schon "legalisiert" haben.
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12 • Elsi schrieb am 29.10.2008, 20:17 Uhr:bankban - alles ist eine Frage der Definition, ne?
Meine Definition von Aussteigern hat eine Blickrichtung, in die auch Utopisten schauen. Ich denke, dass ‚Aussteiger’ wissen, was sie nicht möchten und ausziehen, herauszufinden, was es ist, ihr Wunsch nach dem ganz Anderem, nach dem, was uns "vollendet". Ich glaube auch, dass dieses ganz Andere etwas zu tun hat mit umfassender sozialen Gerechtigkeit, ohne die für keinen so was wie Glück möglich ist ("Es gibt kein richtiges Leben im falschen" Adorno).
Viele Aussteiger sind gar keine, denn sie bleiben in ihrem Leben,in ihren kleinen Träumen, bloß woanders. Viele bleiben irgendwo auf dem Weg stecken. Von denen sprichst du, bankban, und auch die Tragweite deren Wirken wird durch (d)eine pragmatische Sicht sehr mickerig. Die Hippies haben keine Gesellschaftsform zustande gebracht, aber welche Auswirkungen und Veränderungen auf die Gesellschaft, welches Lebensgefühl, welche befreiende Kraft...Ich glaube, dass Aussteiger, so wie ich sie verstehe, genau das Gegenteil von „feiger Zurückweisung von Verantwortung“ leben, nehmen sie doch ihr Leben selbst in die Hand, indem sie sich von vorgetrampelten Pfaden trennen...
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13 • seberg schrieb am 29.10.2008, 22:54 Uhr:Im Artikel heißt es, Gusto Gräser stamme aus gutbürgerlichem Haus in Kronstadt und es habe ihm an nichts gemangelt. – Wirklich? Kann es sein, dass der Autor bei dieser Feststellung nur an das Materielle gedacht hat, an den Wohlstand einer gutbürgerlichen Familie? Kann es sein, dass dem Gusto Gräser aber sehr wohl etwas anderes gefehlt hat, etwas an Begegnung und Umgang zwischen Menschen in Familie und Gesellschaft?
Damit in Zusammenhang und im Anschluss an bankban/Elsi möchte ich einen Aspekt noch kurz ansprechen: es ist das Unbehagen an den Vokabeln Träumer, Utopisten, passiv usw. mit Blick auf „Aussteiger“ wie Gusto Gräser. Sie erscheinen mir unpassend oder sogar irreführend, weil sie die Vorstellung von einem Jenseits suggerieren, einer Zukunft, auf die man seine Hoffnung setzt, auf den „Aufbau einer besseren Gesellschaft“ irgendwann.
Utopisten: waren das nicht auch die Kommunisten und Faschisten?
Ist hier aber nicht gerade das Gegenteil der Fall? – Haben diese sogenannten Verweigerer vielleicht erahnt oder erkannt, dass das Leben in jedem Augenblick stattfindet, im Hier-und-Jetzt, dass es sich nicht aufschieben lässt zugunsten eines Provisorats? Sehen wir nicht vielleicht nur aus unserer traditionellen christlich-abendländischen Sicht in ihnen Verweigerer?
Mir scheint hingegen, dass sie die Verkörperung jener alten fernöstlichen Weisheit ‚Der Weg ist das Ziel’ sind, bzw. die Verwirklicher der Erkenntnis, dass das Ziel des Lebens im Weg selbst liegt (von daher auch die Affinität zwischen G.Gräser und dem Indien-Bewunderer H. Hesse), entgegen unserer europäischen Tradition, die auf eine Hoffnung, eine Be-Lohnung, ein Versprechen in der Zukunft oder im Jenseits verweist.
Das Leben findet in jedem Augenblick statt, im Hier-und-Jetzt, in der Begegnung, im Dialog, auch im Denken und Dichten und Reden und Schreiben. So gesehen kriegt vielleicht sogar Descartes’ „cogito – ergo sum“ eine andere, lebensfreundlichere Bedeutung, denn die als rationalistisch kritisierte. Nämlich: ich bin schon, auch wenn ich „nur“ denke, gerade auch jetzt. Denke ich. ;-)
[Beitrag am 29.10.2008, 23:03 von seberg geändert] -
14 • Elsi schrieb am 29.10.2008, 23:45 Uhr:Als "Utopisten" werden diejenigen üblicherweise bezeichnet, die innerhalb der revolutionären französischen Bewegung für weltweite soziale Gerechtigkeit und das Menschenrecht auf Glück kämpften. Faschisten und Kommunisten waren m.E. keine Utopisten. Ich meine den Begriff noch viel abstrakter. Es ist nicht die Vorstellung einer Idealgesellschaft, welche nie wirklich wird, was ich meine.(Kommunisten) Ich meine die Utopie, die keine Alternativen und keine Lösung kennt. Es ist kein Fantasieprodukt - es ist ein neuer Raum, der aus einer tiefen Notwendigkeit entsteht. Ich weiß nicht, ob es etwas klarer geworden ist. Vielleicht ist der Bogen zu Gusto Gräser auch etwas überspannt, dadurch, dass ich diese Interpretation des "Aussteigers" ins Gespräch gebracht habe. Ich sehe, dass es zu Mißverständnissen gekommen ist...
[Beitrag am 30.10.2008, 00:00 von Elsi geändert] -
15 • Anchen schrieb am 30.10.2008, 00:01 Uhr:G.G. war vor allen Dingen Künstler, der sich seiner Rolle auch bewußt war, wenn man das vorhandene (ergoogelte) Bildmaterial anschaut.
Ein Konzeptkünstler, der in der Höhle seine Galerie fand, zur Entschleunigung der Besucher beitrug, das Vorgefundene als Heimat und Nahrung.
Draußen in den Städten tobte die Industrialisierung mit ihren Schlachthöfen, neuen engen Wohnsiedlungen, an denen nur noch romantischer Stuck im Eingangsbereich angepappt wird.
Er war nicht allein, die Anonymität der Großstädte hatte auch eine befreiende Komponente, Esoteriker, Theosophen, Dichter, Maler, Schriftsteller trafen dort aufeinander. Viele versuchten sich in einem "Dritten Weg", so auch G.G.. Er spricht die Sprache einer alten Welt, einer untergehenden Welt, er kommt mir vor wie das Orakel vom Monte Verità. -
16 • Karl schrieb am 30.10.2008, 11:38 Uhr:Ich kann Sebergs Unbehagen bzgl. der von Elsi und Bakban auf Gusto Gräser angewendeten Etiketten "Träumer, Utopisten, passiv..." nachvollziehen.
Diese Etiketten sind falsch angeklebt, nach einem oberflächlichen Urteil anscheinend.
Elsi und Bankban: in welcher Tiefe kennen Sie Gusto Gräsers Werk, seinen Nachlass, um sich solch´ ein diffamierendes Urteil über ihn zu erlauben?
Was bringt es, wenn Sie hier über Hippies schreiben- damit hatte Gusto Gräser nichts zu tun, und alles zum Thema Hippies ist am Thema dieser Diskussion vorbeigeschrieben.
[Beitrag am 30.10.2008, 11:40 von Karl geändert] -
17 • bankban schrieb am 30.10.2008, 12:03 Uhr:@ Karl: Sie finden Begriffe wie "Aussteiger, Träumer, Utopist" angewandt auf G.G. falsch und sogar diffamierend. Meinen Sie aber nicht, dass es mehr über Sie verrät, wenn/dass Sie diese Termini als diffamierend empfinden? Anscheinend empfinden Sie solchen Personen gegenüber negative Gefühle, wenn Sie eine so große Angst haben, G.G. könnte etwas von seinem "Wert" verlieren, wenn man ihn mit solchen "Etiketten" belegt. Aber vielleicht hätte GG weniger Berührungsängste als Sie sie offensichtlich haben. Ich jedenfalls habe die Begriffe nicht in einem negativen Sinne gebraucht, ja nicht einmal in einem normativ-bewertenden Sinn, sondern nur deskriptiv. D.h. ich habe beschrieben, welchen Eindruck ich von der Person habe.
Darüber hinaus fragen Sie, in welcher Tiefe ich und elsi das Werk von G.G. kennen würden. Darf ich zurück fragen: in welcher Tiefe kennen Sie das Gesamtwerk von sagen wir mal Stalin, Heinrich Zillich, Meister Eckhart oder die Bibel usw. Das ist bewusst eine sehr komische Aneinanderreihung, um zu zeigen, dass man eben nicht immer alles in der tiefsten Tiefe kennen kann und muss, um sich ein vorsichtiges Urteil erlauben zu dürfen. Ein Atom oder ein Nanoteilchen konnte ich bislang auch noch nicht sehen, dennoch habe ich eine ungefähre Ahnung davon.
Was ich in meinem ersten Beitrag versucht habe, aufzuzeigen, war, dass solche Personen wie GG eben Ausnahmeerscheinungen sind und die meisten von uns einen solchen Weg nicht gehen können. Aber gerade wir, "Normalsterblichen" erlauben Aussteigern die Möglichkeit auszusteigen. In einem weiteren Schritt habe ich noch darauf hingewiesen, dass wenn eben jeder diesen Weg gehen würde (Kriegsdienstverweigerung, Ablehnung pragmatisch-verwertbaren Arbeitens usw. etc.) keine Gesellschaft funktionieren würde. Das ist, natürlich, eine sehr persönliche Meinung von mir, die niemand teilen muss. Und schließlich, in einem fortgesetzten Gedanken, habe ich mich über eine Aussage von jemandem gewundert, warum GG im Siebenbürgen Lexikon kaum erwähnt wird. Und hierbei habe ich meine Meinung kundgetan, dass jede Gesellschaft diejenigen in ihren Kanon aufnimmt, die für sie etwas getan haben. Dementsprechend, anscheinend hat GG wenig für die siebenbürgische-siebenbürgisch-sächsische Gesellschaft getan, denn ansonsten wäre sein Werk/Leistung ausführlicher gewürdigt worden. Das wollte ich, zur Rekapitulation, mit meinem Gedanken verdeutlichen, wonach wenn einer aus der Gesellschaft aussteigt, kann er auch nicht darauf zählen, von ihr gewürdigt und in Erinnerung gehalten zu werden. Gruss, Bankban -
18 • Karl schrieb am 30.10.2008, 16:17 Uhr:Bankban: wir reden hier über Gusto Gräser und nicht über Stalin oder Heinrich Zillich usw.
Warum wollen Sie denn immer Gusto Gräser in den Sack der Aussteiger stecken.
Im übrigen bin ich der Meinung, daß die "Normal-Sterblichen" Leute von Typ Gräser ausstoßen aus Ihrer Mitte, und nicht, wie Sie feststellen, den Aussteigern "erlauben, auszusteigen".
In jeder ehem. siebenbürgisch-sächsischen Ortschaft gibt es Beispiele solcher Art: viele Künstler und Wissenschaftler bzw. Intelektuelle, die in Westeuropa studierten, und danach nach Hause nach Siebenbürgen zurückkamen, mussten in Siebenbürgen von Almosen lebten, weil deren Mitmenschen kein Verständnis hatten für diese und keinen offenen Horizont, um diese Menschen zu verstehen.
Bestenfalls fanden solche Leute dann im Schul- oder Kirchendienst ein Auskommen.
Das waren dann auch gerade die Menschen, die sehr viel für deren Gemeinschaft getan hatten, und von denen das Lexikon der Sb. Sachsen wimmelt.
Aber diese Menschen mussten sich verbiegen, um überleben zu können.
Sie konnten sich sicher oft in Siebenbürgen nicht so weiterentwickeln, wie sie durch ihr Studium predisponiert gewesen wären.
Ich glaube nicht, daß ein Aussteiger jemanden um Erlaubnis fragt, bevor er aussteigt. Er tut es einfach. Dieses "einfach tun" ist es, d dann auch dem normalen Bürger im Unterschied zu Vorreitern, Unternehmern, Entscheidern - eben den Machern, mangelt.
Nicht zuletzt wage ich festzustellen, daß die Sb. Sachsen auch schon zu Zeiten der Publikation des Lexikons keine "Gesellschaft" mehr waren, sondern eine heterogene Masse an Menschen, zerissen durch kleinliche materialistische Grabenkämpfe, gepeinigt durch Pseudokommunisten und die Diktatur in Rumänien bzw. durch den Verlust der Heimat.
Deswegen schlussfolgere ich, daß Ihre Gedanken über Gusto Gräser leider nur theoretisch funktionieren können, praktisch aber rein spekulativ sind und besser zur aktuellen Finanzkrise passen als zu Gusto Gräser.
[Beitrag am 30.10.2008, 16:30 von Karl geändert] -
19 • seberg schrieb am 30.10.2008, 16:30 Uhr:Nein Herr Karl, ich glaube nicht, dass Sie nachvollziehen können, was ich mit meinem Unbehagen gemeint habe, beonders aber verwahre ich mich dagegen, dass Sie meine Äußerungen dazu benützen, um Ihre Attacken gegen bankban und Elsi (und eigentlich gegen fast alles und jedes) zu fahren.
@bankban: ich glaube, du machst einen Fehler, wenn du das Phänomen des Aussteigers Gräser strikt auf das Verhältnis Individuum/Gesellschaft beziehst, damit bist du im Gefüge von Macht gefangen, in der Ordnung von Herr und Knecht, von Befehl und Gehorsam. Gräßers „Utopie“ hatte keinen gesellschaftlichen Bezug, eher einen unmittelbar (zwischen-)menschlichen (wenn man das so sagen kann), vielleicht eine im Hier-und-Jetzt gelebte Utopie (Elsis „Raum“?...nein eher nicht). Insofern war er nicht nur ein Aussteiger (aus der gegebenen gesellschaftlichen Realität) sondern ebenso ein sehr aktiver Einsteiger.
[Beitrag am 30.10.2008, 16:38 von seberg geändert] -
20 • Karl schrieb am 30.10.2008, 18:39 Uhr:Sicher, Seberg,
dann eben nicht, ich bin flexibel.
Es tut Ihnen einfach besser, wenn wir -wie immer- in Opposition sind, oder?
Vielleicht lesen Sie mal bei Carl Rogers nach, welche Möglichkeiten es gibt, hier "normal" und konstruktiv weiterzudiskutieren...
[Beitrag am 30.10.2008, 18:43 von Karl geändert]
[Beitrag am 30.10.2008, 18:46 von Karl geändert] -
21 • hein schrieb am 30.10.2008, 19:50 Uhr:Natürlich hat sich G.G. wie ein Aussteiger und wie später die Hippies verhalten. Als Hesse bei ihm landete, war sein Privatleben ziemlich im Eimer, der Monte Verita sollte ihm zu einer Entziehungskur verhelfen.
Ich weiß nicht, inwieweit Gräser die Kronstädter doch noch beeinflusst hat, im Nachhinein hatte die Reformbewegung auch hier gewirkt: Die Kronstädter hatten ihre Freikörperkultur-Anhänger schon früh, der erste FKK-Strand Rumäniens in Mandschapunar, dem späteren Costineşti, ging auf sie zurück und noch in den Siebziger Jahren konnte man ältere und alte Semester am Nacktstrand antreffen. (Gewöhnungsbedürftig war es, wenn man als Schüler seine eigenen Lehrer traf) -
22 • Elsi schrieb am 30.10.2008, 21:57 Uhr:Aussteiger/Utopie : okay – ich versuche es noch mal – obwohl mir klar ist, dass es wahrscheinlich für niemanden von Belang ist zu verstehen, was ich genau gemeint haben könnte…Egal!) Meine Frage war nicht die nach der Wirkung nach außen des Aussteigers (wie für bankban) sondern eher die Frage, WAS einen Menschen zum Aussteigen bewegt. Seberg geht, wie auch ich, von einem „Mangel“ aus; der Mangel den ich meine, liegt sowohl auf der „gesellschaftlichen“Ebene. (‚dieses ganz Andere, welches mit Gerechtigkeit zu tun hat…’) aber auch auf der persönlichen Ebene (‚das Andere, welches uns vollendet’ – welches nichts mit Jenseits oder Religion zu tun hat, sondern mit „vollwertig Mensch sein“, eine Dimension des Menschseins, welche über die Befriedigung ‚alltäglicher’ menschlicher Bedürfnisse hinausgeht und mit dieser allumfassenden Gerechtigkeit zu tun hat).
Dieser ‚Mangel’ wird (vielleicht) erfahren wie ein Sehnen; eine tiefe Sehnsucht, die keine Alternativen zulässt, keine Kompromisse. (Utopien sieht man nur mit dem inneren Auge) aber auch keine wirkliche Lösung innerhalb der „normalen“ Wirklichkeit. Die Realität des Utopisten wäre dann ein Raum, ein Zeitfenster,( welches „vollständiger“ ist, als die reale Zeit in die es sich öffnet ) der, an der, und neben der Realität der Gesellschaft vorbei existiert, geboren aus der (inneren) Notwendigkeit dieses „Menschsein“ zu leben. ( ich bin mir nicht sicher, ob sebergs „Leben im Hier und Jetzt’ zwar leicht verschoben dazu, ungefähr das gleiche (?) meint…)
Utopie ist für mein Empfinden auch nur dieser recht kurze Moment, wo dieser Mangel notgedrungen in einen Lebensentwurf mündet. Denn eine „gelebte Utopie“ ist keine mehr. Es ist sozusagen die gelebte Konsequenz aus dem Mangel.
Ich sah die Verbindung zwischen dem „Aussteiger“ und dem „Utopisten“ genau an der Stelle des gemeinsamen Sehnens, der relativen Radikalität des Wahrnehmens dieses ‚Mangels“ und in dem Versuch sein Leben danach einzurichten. Ich gestehe, dass ich speziell G.G. nicht so sehr im Fokus hatte...
Wie ich schon sagte – nicht so wichtig…
[Beitrag am 30.10.2008, 22:11 von Elsi geändert] -
23 • bankban schrieb am 31.10.2008, 07:22 Uhr:@elsi: doch, deinen letzten Beitrag fand ich sehr wichtig, denn in der Tat verdeutlichtest du mit ihm den UNterschied zwischen uns beiden sehr gut. Tatsächlich ging es mir schon die ganze Zeit um die Wechselwirkung des Individuums/Aussteigers mit der Gesellschaft (und umgekehrt), während du v.a. auf die innere Motivation des Indiv. zieltest. Ehrlich gesagt, habe ich aber immer noch nicht kapiert, warum es so verkehrt sein soll, den Begriff Aussteiger auf GG anzuwenden ... Naja, Bankban
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24 • Elsi schrieb am 31.10.2008, 14:56 Uhr:Bankban, G.G. ist, im normalen Sprachgebrauch ein Aussteiger. Dies ist die Bezeichnung aus der Sicht der der Gesellschaft, die ihn abklopt nach ihren Kriterien: Leistungsfähigkeit, Gebrauchswert, Einsatzmnöglichkeiten etc. (was du beschrieben hast). Meine Sicht auf ihn als Aussteiger hatte einen "visionären" Aspekt in Spiel gebracht und seberg meint mit der Bezeichnung "Einsteiger", die Tatsache, dass 'der Aussteiger' erkannt hat, 'dass das Leben in jedem Augenblick stattfindet, im Hier und Jetzt'. (Widersprich mir vehement, seberg, falls ich dich nicht richtig verstanden habe!)Was Karl gemeint hat, habe ich auch nicht kapiert...;-)
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25 • Anchen schrieb am 31.10.2008, 23:17 Uhr:Ja er ist eingestiegen in eine Lebensweise aus der er nicht mehr herauskam. Seine Geschichte wirkt ein bißchen 'traurig-tragisch', wenn man so sagen kann, obwohl er selbst ein freudiger Mann gewesen sein soll.
Also als Saddhu, der den ganzen Tag meditiert und seinen Körper reinigt um Eins zu sein, im Moment, im 'Hier und Jetzt', würde ich ihn nicht bezeichnen.
Er hat die Gesellschaft gesucht, er hatte etwas mitzuteilen, in seiner Art sehr östlich inspiriert. Aber er war auch sehr westlich kompromisslos und trotzig, letztendlich wirkte er, als ob der Zeitgeist ihn verlassen hatte. -
26 • Wittl schrieb am 31.10.2008, 23:39 Uhr:G.G. erinnert mich ein klein wenig an einen berühmten Arzt aus Elisabethstadt (Äppeschderf)...
im fortgeschrittene Alter betrachtete die Aussenwelt "Herrn Richter" eher als "strange" bzw. verwirrt, welch Irrtum, ein durchaus hoch begabter Mensch muss (laut Erzählungen Papas) Herr Richter gewesen sein.
Zu guter Letzt war er nur noch mit seinen paar Ziegen und in Lumpen gekleidet unterwegs, fernab von jeglichen finanziellen Interessen...mein Papa hat ihn dennoch geschätzt, er kannte ihn von einer ganz anderen Seite (Herrn "Richter" hatte mein Opa sein Leben zu verdanken)
Ich selbst habe nur noch vage Erinnerung an diesen Greis..er trug einen weissen Vollbart, Hirtenhut u. Stock.
Trotz seines Aussenseiterdaseins, wurde jener Herr auch über den Tod hinaus von vielen Künstlern in Öl auf Leinwand verewigt....
Interessante Persönlichkeiten gab's auch zu früheren Zeiten....
das = die Kunst des Lebens.
[Beitrag am 31.10.2008, 23:57 von Wittl geändert] -
27 • der Ijel schrieb am 02.11.2008, 12:41 Uhr:Stimmt Wittl du erinnerst dich gut,,,
er stellte die Ziegen/Milch in Glaesern und Flaschen auf ein niedriges Tischlein vor seinem Haus auf der Strasse auf, und schrieb auch die Preise auf....
An Leute die sich etwa bedienen und nicht bezahlen schrieb er warnende Sprueche hin, ,, etwa wie aus Salomos Weisheiten.
Er war auch ein guter Bibelkenner, und war trotzdem der Antroposophie verfallen, Schade finde ich jetzt...
Damals hoerte ich ihm gerne zu wenn er von Walldorfschulen, und von seinen tiefsinnigen spruechen
Vortraege hielt.
Als ich in Eppeschdorf in der Spenglerwerkstatt meines Bruders arbeitete, kam er mit alten Toepfen und wollte sie geflickt haben.
Mein Bruder, so wie die meisten Leute verlachten ihn,
ich hoerte ihm gerne zu waehrend ich die Loecher an seinen Toepfen zuloetete.
Er hatte es nicht gerne wenn man Herr zu ihm sagte sonder Oheim, meinte er,solle mann zu ihm sagen, und erklaerte: das heisst auf altdeutsch Onkel.
Er war selbst Arzt, kannte alle moeglichen Pflanzen... Heilpraktiker wuerde man heute sagen. Leute im Dorf bei uns zuhause, wenn jemand ein Leiden hatte, und der Arzt die richtige Diagnose nicht definieren konnte, hoerte man sagen: Geh doch zum Richter nach Eppeschderf, mir hat er so und so geraten, die und die Krauter gegen das und das Leiden.
Jeden Abend wenn er von der Weide kam mit seinen Ziegen, der duftende Ziegenbock voraus, hatte er eine Garbe Krauter unterm Arm und in seinem Hirtenbeutel.
Manche Leute hatten grosse Achtung vor ihm.
Und ich auch.
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28 • Joachim schrieb am 03.11.2008, 12:09 Uhr:Und das ist doch mal eine schöne Geschichte !
Gruß
Joachim -
29 • Anchen schrieb am 05.11.2008, 23:19 Uhr:@igel- bist du sicher, dass Herr Richter aus Eppeschdrf Antroprosoph war? Würde mich interessieren.
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30 • der Ijel schrieb am 06.11.2008, 18:16 Uhr:Ja Anchen, bin mir schon fast sicher,
wohl gibt es da mehrere Richtungen und Tiefen, doch wenn einer so von Rudolf Steiner, und den Walldorfschulen
vereinnahmt ist wie er es war,,,,,,
Er machte schon auch komische asotiationen und schaffte Wortspielerischr Gebilde, wie
Halwelagen= Halbe-Luegen
Und doch wusste er auch den ungarischen Namen dafuer.Hold-Vilag
Auch wusste er ueber die Zigeuner, das seien Ziehende Gauner, was ja auch stimmt, habe diese Version auch sonstwo gehoert.
Auch ueber Armenier wusste er einiges zu erzaehlen,
und was wusste der mann nicht ?
Diesem Gusto Graeser ist er sicher ganz aehnlich gewesen,
auf Anhieb hat das Bild und die Beschreibeng auch mich an Ohm Richter aus Eppeschderf erinnert
[Beitrag am 06.11.2008, 18:17 von der Ijel geändert] -
31 • Anchen schrieb am 06.11.2008, 20:35 Uhr:Ja Hold-Vilag heißt meine ich Mondenschein, über Armenier weiß auch mein Vater einiges.
Ziehende Gauner ist aber nicht sehr nett!!!! Kenne diesen Ausdruck auch.
Die Antroprosophie ist wahrscheinlich durch die k.u.k Morarchie in Siebenbürgen gelandet, werde mal schauen ob Rudi Steiner auch Vorträge in Sbb gehalten hat. Auf jeden Fall mag ich Demeter Milch, auch hier in Dtschl.sehr gut!
Habe noch ein Foto aus 1966,(unweit von Elisabethstadt) da sieht man, dass es schon vor 1968 in Sbb langhaarige Menschen gab, die vielleicht auch schon früher G.G. inspiriert haben.
Vielleicht öffne ich einen Thread im allgemeinen Forum mit dem Thema:Bilder ?
Werde das Bild leider hier nicht veröffentlichen können. -
32 • Wittl schrieb am 07.11.2008, 14:56 Uhr:@ Anchen,
super Foto...nur denke ich, dass der "Cortorar" zu jener Zeit wohl kaum der Anthroposophie verfallen konnte...
Danke für den Link
S"ä"rvus
[Beitrag am 07.11.2008, 15:03 von Wittl geändert] -
33 • Wittl schrieb am 07.11.2008, 20:10 Uhr:Liider hun ech Gusto Gräser net gekaont, wet awer trotzdiëm (well ech den Richter persiinlich troofen hun), noch e wennich bä desem Thema verwellen, dänn des siweberjesch "Exoten" seng guër interessant.
Åsi... wï kaon noch äst vum Härrn Dokter "Richter" erziëhlen????
Daonken äm Viurëus
Gross
Wittl -
34 • Anchen schrieb am 08.11.2008, 19:40 Uhr:Zum Thema Richter und Anthroprosophie habe ich noch einen Link, da der Gründervater der A. tatsächlich 1889 in H'stadt Vorträge gehalten hat und dort auch Freunde hatte. Damals gehörte R.Steiner der theosophischen Gesellschaft an, die auch auf dem Monte Verità aktiv war.
http://www.siebenbuergen-institut.de/zs/volltext/zfsl1998_1-7.pdf
Das fällt auch in die Zeit von G.G.
Nein, 1966 ist dieser Cortorar bestimmt nicht zum Antroprosoph geworden, aber diese Art der bestimmten Äußerlichkeiten, waren bestimmt auch seinen Vorfahren zur Zeit G.G. eigen. (Langes Haar,Bart, Barfuß, eine Tasche über der Schulter,stolze Haltung, eigentlich indischen Saddhus ähnlich)
Vielleicht kommen ja noch mehr "Exoten" wie du,Wittl, sie nennst, zusammen. Ist schon interessant.
Beim goggeln von Antroprosophie/Siebenbürgen bin ich auch über siebenbürgische, bzw. soxesche "Exoten" gestolpert, diese habe ich aber liegenlassen.
auch gruss Anchen
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35 • der Ijel schrieb am 28.03.2009, 12:25 Uhr:Hallo Anchen was ist Demeter Milch,???
ich kenne -Kefir-Milch und Kefir-Wasser
--und was das erzählen Deines Vaters und seine Stimme betrifft, so tue es doch,lass ihn auf sächsisch erzählen. Über Richter. Über Armenier,über Eppeschderf Es werden unschätzbare Erinnerungen für die Enkelkinder z.B Eine CD zu brennen ist heute auch kein Problem. Und die Geschichten dem Jürgen im RTI präsentieren , der Freut sich über solche Sachen.
Gruß der Ijel
http://www.siebenbuergen-institut.de/zs/volltext/zfsl1998_1-7.pdf
übrigens einen Link hier blau zu kriegen ist unmöglich, das fanden wir schon öfters schade.
Hallo Admis ist hier keine Abhilfe Möglich ??
[Beitrag am 28.03.2009, 12:30 von der Ijel geändert] -
36 • Don Carlos schrieb am 28.03.2009, 12:52 Uhr:Anthroposophen lieben naturnahe Kost, der Ijel, also auch Bio-Milch und andere "Demeter"-Produkte. "Demeter" ist hier nicht die antike Göttin der Landwirtschaft,sondern ein nach ihr benanntes Gütezeichen für besonders natürlich gewonnene und und ungiftige Lebensmittel.
Gesunder Geist in gesundem Körper?
Rudoph Steiner wusste von den homöopathischen Zusammenhängen und von Wechselverhältnis zwischen Soma und Psyche, also zwischen Körper und Seele.
Wenn es einem Teil schlecht geht, dann kann auch der andere Teil des Menschen erkranken.
Psychsomatische Erkrankungen resultieren daraus.
Und diese Zusammenhänge sind seit Hippokrates und Aristoteles bekannt.
Der Eklektiker Rudolph Steiner orientierte sich an diesem Erkenntnissen - und er hat auch in Siebenbürgen Vorträge gehalten.
Zur frühen Zeit von Eugen Ionesco, Mircea Eliade und Emil Cioran gab es im Rumänien der Vorkriegsepoche auch anthroposophische Zirkel und Gesprächskreise , Initiativen, die nach der Revolution von 1989 heute in Rumänien wieder Fuß fassen.
Mir sind einzelne Anthroposophen bekannt, etwa der Verleger Anton Kimpfler aus Freiburg, die in den letzten Jahren dort in Sachen Popularisierung der Anthroposophie unterwegs waren und sind.
Anthroposophen lieben auch saure Milch, der Ijel, und die "Philosophie der Freiheit", Anchen!
Dafür verachten sie das Internet - und bis zu einem gewissen Grad auch die freie Information, die damit zusammen hängt.
Carl Gibson
[Beitrag am 28.03.2009, 12:57 von Don Carlos geändert] -
37 • pedimed schrieb am 29.03.2009, 12:22 Uhr:Der bayrische Schauspieler Udo Wachtveitl ist auch studierter Philosoph.Wäre ein gutes Pendant zu Carl Gibson.War heute im BR-Stammtisch zugegen und hat seine Ausbildung geautet.
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38 • getkiss schrieb am 29.03.2009, 13:08 Uhr:@der ijel
links kannst Du nur im Forum (blau)setzen. (Link normal schreiben, markieren und darunter den Link-Button aktivieren ). Z. Bsp. habe ich es so mit Deinem Link in einem Forumsbeitrag gemacht und dann hierher kopiert. Also muss mann nur den entsprehenden Befehlstext [url] davor und nachher dem Linktext beifügen.
www.siebenbuergen-institut.de/zs/volltext/zfsl1998_1-7.pdf
Hier sollten nur Kommentare des Artikels stehen, dass ist vermutlich der Grund des fehlenden Buttons?
[Beitrag am 29.03.2009, 13:16 von getkiss geändert]
[Beitrag am 29.03.2009, 13:19 von getkiss geändert] -
39 • Don Carlos schrieb am 29.03.2009, 13:24 Uhr:Carl Gibson war tatsächlich auch schon "Schauspieler".
In der Kindheit spielte er u. a. auf der Dorfbühne in Sackelhausen den "Doktor Allwissend"!
Später im Leben musste er unfreiwillig noch ganz andere Rollen übernehmen, den El fugitivo, den Flüchtling ohne Ziel und Vaterland, den Unbehausten auf ewiger Wanderschaft u. a. mehr, tragische und heroische Rollen - bis hin zur letzten großen Posse in den Foren der SbZ ...
auch in der Position des neuzeitigen Don Quichotte, der Windmühlenflügel bekämpft und Perlen vor die Leser streut.
Oder, der Ijel?
Dessen ungeachtet wurde ihm selbst in England bestätigt, er hätte den ihm angeborenen (englischen) Humor noch nicht ( ganz)verloren!
Ein Vergleich mit anderen freidenkerischen Komödianten ist eher Ehre als Schimpf.
Und die Bayern verstehen auch etwas von der heiteren Kunst des befreiendenden Lachens.
Geist und Witz beflügeln - das leistet große Philosophie und Kunst.
Gusto Gräser hat sicher auch manchmal herzhaft gelacht, wenn er den Possenreißer spielte, den Schlaksnarr, den Dichter und den Philosophen und nebenbei die eine oder andere Wahrheit von sich gab.
Ich warte jetzt auf die Entdeckung durch Film - und Fernsehen, nachdem die Show einiger stets übel gelaunter Literaten nicht mehr zieht.
Carl Gibson.
[Beitrag am 29.03.2009, 13:32 von Don Carlos geändert] -
40 • Anchen schrieb am 29.03.2009, 15:36 Uhr:Warum verachten die Anthroposophen das Internet, wäre mir neu....und sogar die freie Information, huiii....wäre mir auch neu...Quellen?
D.C. dein Text verwirrt mich etwas, da du über Carl Gibson schreibst..das bist du doch selber, oder? Am Ende bist du dann beim "Ich".
@ijel
Demeter Milch, ist Voll-Milch von Kühen die noch ihre Kuhhörner behalten dürfen :-), sie wird nicht homogenisiert, rahmt also noch auf und ist auch, wie D.C. schrieb, noch Bio.
Ja, der Vater wird nun befragt werden, doch ich muß mich in die Materie einarbeiten. Mit wild darauflosfragen ist es nicht getan....da muß ein Konzept her.
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41 • Don Carlos schrieb am 29.03.2009, 17:12 Uhr:"Nickname" und "Real-Name" - ein Dilemma? Wer nur so zum Spaß schreibt, dem mag ein Nick-Name genügen. Wer aber nicht nur in den Wind sprechen will, wer gehört werden will und wer im "Netz" gefunden werden will, der muss sich manchmal "objektivieren" und über sich selbst als Objekt schreiben und in der "dritten Person".
Das ist stilistisch nicht gerade erbauend und wirkt auch aus der Sicht des Schreibenden leicht grotesk, ist aber effizient, da die Internet-Suchmaschinen nur konkrete Namen zurodnen können.
Dieser "Carl Gibson", das bin - neben ca. 6 500 000 anderen Treffern auf der Welt - zufällig ich, wenn meinem Namen noch die Zusätze Banat oder Sackelhausen, Temeschburg oder SLOMR oder Lenau oder sonstwas, was "nur" mit mir in Verbindung gebracht werden kann, angehängt wird.
Das schafft eine konkrete Identifizierung und eine Identität - weltweit.
Das macht den Einzelnen, das "Individuum" unverwechselbar!
Vor einigen Tagen sah ich im Forum eine Anemldung unter : "Ich"!
Originell?
Ichs gibt es zur Zeit etwa 6 Milliarden weltweit!
Zu den Anthroposophen, die ich seit etwa 30 Jahren aus externer Sicht beobachte, früher auch als advocatus diaboli in bestimmten Situationen.
Sie lieben alles Esoterische - und sie glauben an die Reinigung unserer Seelen nach Äonen.
Sie lieben die Künste und die Eurythmie - und sie verachten das Fleisch ( im Suppentopf ) und auch das Fleischliche, weil es zur Sünde neigt wie einst Plotin , der sich schämte, einen Leib zu besitzen, in ihm wohnen zu müssen und durch ihn determieniert zu sein.
Wenn der Fleischkonsum aufhört, daran glauben einige Anthroposophen mit Leo Tolstoi, dann hört auch das Schlachten auf - in den Schlachthöfen und auf den Schlachtfeldern.
Ergo sind Anthroposophen Vegetarier (oder bayrisch im Polt-Jargon: Kerndl-Fresser!) - sonst aber ganz angenehme Leute ...bis auf das Internet, das von Steiner noch nicht vorausgeahnt wurde.
Carl Gibson. -
42 • Anchen schrieb am 29.03.2009, 18:11 Uhr:Nicht wahr, die Leute kommen und sagen: Ist es besser keinen Alkohol zu trinken oder ist es besser Alkohol zu trinken! Ist es besser Vegetarier zu sein oder Fleisch zu essen! Ich sage überhaupt niemals einem Menschen, ob er den Alkoholgenuss unterlassen soll oder ob den Alkohol trinken soll, ob er Pflanzen essen oder Fleisch essen soll, sondern ich sage zu dem Menschen: der Alkohol wirkt so und so.
Ich stelle ihm einfach dar, wie er wirkt, dann mag er sich entschließen zu trinken oder nicht. Und so mache ich es schließlich auch beim Pflanzen- und Fleischessen. Ich sage: so wirkt das Fleisch, so wirken die Pflanzen. Und die Folge davon ist, dass der Mensch sich selber entschließen kann. Das ist das, was man vor allen Dingen in der Wissenschaft haben muss: Respekt vor der menschlichen Freiheit." (R. Steiner: Ernährung und Bewußtsein. Themen aus dem Gesamtwerk Stuttgart 1994. S. 142f.)
Soviel zum "Kerndlfresser" , wie ist das jetzt mit der "freien" Information und dem Internetz ?
Jetzt verstehe ich, du benutzt die Suchmaschinen - dann würde ich doch meinen Nick einfach in Carl Gibson ändern, na ja ist deine Sache...wirkt nur etwas schräg. -
43 • Bäffelkeah schrieb am 31.03.2009, 10:53 Uhr:An Anchen anknüpfend, aber anders anfragend: Will Carl Gibson mit seinem Nicknamen der Mit- und Nachwelt sein Selbstwertgefühl zum Ausdruck bringen? Fühlt er sich (in seiner fast schon liebenswerten Hybris) dem von Friedrich Schiller im Geiste des Sturm und Drang erdichteten Freiheitshelden Don Carlos artverwandt, gar ebenbürtig? Etwas schräg, das schon. Bewundern wir doch Carls aufklärerischen Impetus, dieses Freiheitspathos! Manche Jungs schwangen sich zu Superman auf. Mutatis mutandis steht nun Don Carlos in unserem Forum.
Don Carlos, der wahre, also Schillers Don Carlos sagt (im 4. Akt, 5. Auftritt) zum Marquis von Posa: "Große Seelen macht die Liebe größer." "Unser" "gefühlter" Don Carlos ist da anders gestrickt: So treibt es ihn an, das "Wagnern" und "Müllern", doch, so bleibt zu hoffen, ist sich unser heldenhafter Protagonist in seinem (gelegentlich) dunklen Drange des rechten Weges wohl bewusst. "Große Seelen macht die Liebe größer." -
44 • Don Carlos schrieb am 31.03.2009, 11:22 Uhr:Wer von "Liebe" erfüllt ist ,mag das nun "Nächstenliebe" sein oder auch "Fernstenliebe", der wird dem "Hass" keine Macht einräumen über seine Gedanken!
An anderer Stelle betonte ich es bereits: Es ist der Marquis von Posa, zu dem ich mich geistig und fühlend hingezogen fühle - und nicht der Infant von Spanien, der gleich mehrere Seelen in seiner Brust trägt.
"Pathos" hat viel mit Leiden zu tun - und mit "Leidenschaft" ...auch für eine Idee ...oder für mehrere ... Freiheit, Hoffnung, Liebe ... Wahrheit ... und ganz fern ... Gerechtigkeit!
Das Wesen des Idealisten besteht darin, dass er ungeachtet des unvollkommenen Zustands der Welt, die so ist, wie sie ist und der Menschen im Hinauf zu höheren Spähren, woher die holde Sehnsucht tönt ...unbeirrt an den großen Ideen der Menschheit festhält.
Wenn nun aber diese "Wagners" und "Müllers" unserer Tage die Welt auf den Kopf stellen, den "Hass" zum Vater aller Dinge erklären, aus dem "Hass" heraus schreiben - und nicht angetrieben von der "Liebe",
dann müssen die letzten Idealisten wieder aufstehen und gegen das "falsche Prinzip" antreten, gegen das Aufreißen neuer Gräben,
gegen Zwist und Hader, gegen Un-Frieden ... und für die "Liebe" - nicht nur optieren, sondern auch kämpfen bzw. wie die alten Märtyrer "mutig kämpfen und entsagen".
Das ist eine Art höhere Mission, die man nur betreiben kann, wenn sie in einem ist,
wenn sie, wie Goethes Faust es ausdrückt, "tief gefühlt" und tief erlebt ist.
Wie eins weiß ich mich da mit der kleinen Schar der liebenswerten Anthropsophen, die im Geiste Rudolph Steiners eine versöhnende Brücke bauen von Goethes konziliantem Geist bis zum Humanismus eines Jesus aus Nazareth, der als wahres Christentum in die Menschheitsgeschichte eingegangen ist.
Soviel ad hoc, verehrte Büffelkuh, zu meinem geistigen Impetus und zu meiner Motivation dem Spießrutenlaufen hier im Forum noch eine Weile konsequent zu trotzen.
Nicht auf mein "Selbstwertgefühl" kommt es an, sondern auf die Selbstwert-Hebung der anderen,
die hier mehr und mehr werden, offen auftreten, ihre Meinung kundtun - nicht mehr unter der Tarnkappe Siegfrieds ...oder Richard Wagners,
nicht mehr verborgen, sondern öffentlich - ganz im Einklang mit den pluralistischen Werten einer Demokratie, die Marquis de Posa mit den Worten einforderte:
Gebt Gedankenfreiheit, Sir!
Carl Gibson.
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