16. Juni 2019

Nachruf auf Dr. Jost Linkner, „Chronist der Nordsiebenbürger Sachsen in Österreich“

Wir trauern um Dr. Jost Linkner, der am 17. Mai im 95. Lebensjahr im Kreis seiner Familie in Wels verstorben ist. Er war verdientes Mitglied der Welser Nachbarschaft, Beirat im Siebenbürgischen Landesverband von Oberösterreich und vor allem „Chronist der Nordsiebenbürger Sachsen in Österreich“.
Jost Linkner wurde 1924 in Bistritz in eine traditionsreiche, altösterreichische Bistritzer Arztfamilie geboren – sein Vater Dr. Georg Linkner war ein angesehener praktischer Arzt, unter anderem in Wien ausgebildet, seine Mutter Helga, geborene Bresztovszky, vermittelte den weiten Horizont einer alten österreichischen Offiziersfamilie. Jost besuchte das deutsche Gymnasium seiner Heimatstadt, als sportlicher Jugendlicher war er auch im Coetus, in der Blasia und in der Jugendbewegung jener Zeit aktiv. Nach der Kriegsmatura 1942 wurde er zum Wehrdienst einberufen und meldete sich zur Sanitätslaufbahn. Nach Kriegsende in Jugoslawien in Gefangenschaft wurde er dort ebenfalls als Sanitäter eingesetzt, beendete diese nach zehn Monaten durch abenteuerliche Flucht nach Wien. Es folgten hier das Studium der Medizin, Turnus und Ausbildungsjahre zum Facharzt der Gynäkologie sowie vier Wander- und Lehrjahre in der Schweiz, Deutschland und eine Reise als Schiffsarzt nach Südamerika.

„Mit dem Bedürfnis, nun doch einmal eine Familie zu gründen“, kehrte er mit 39 Jahren nach Österreich zurück und landete in Wels, wo er ab 1963 Assistent an der Landesfrauenklinik wurde und 1966 seine eigene Facharztpraxis eröffnete, die er bis 1993 betrieb. 1965 heiratete er seine Frau Edda, geb. Huber, Lehrerin und Musikpädagogin; ihrer Ehe entsprangen ein Sohn und zwei Töchter.
Dr. Jost Linkner (1924-2019) ...
Dr. Jost Linkner (1924-2019)
Ab 1980 begann Jost Linkner, sich mit der Geschichte und Heimatkunde seiner Heimatstadt Bistritz intensiv zu befassen – er steuerte mehrere Texte zu Ernst Wagners erstem Band der „Beiträge zur Geschichte der Stadt Bistritz in Siebenbürgen“ bei. Es folgten weitere Veröffentlichungen in dieser Reihe. Ab 1984 bis 1998 kümmerte er sich auch um die österreichischen Mitglieder seiner Heimatortsgemeinschaft und wurde zum österreichischen Delegierten im Siebenbürgischen Stiftungsrat und Kulturrat.

Als eifriger Sammler alter Ansichtskarten baute er eine Dokumentation der Geschichte des österreichischen Postwesens in Siebenbürgen auf und gestaltete 1991 eine mehrtägige Ausstellung im Welser Burgmuseum mit dem Titel „300 Jahre österreichische Post in Siebenbürgen: 1691-1867“. Dazu wurde auch ein Sonderpostamt eingerichtet und ein Sonderstempel aufgelegt. Zum „Nordsiebenbürgischen Chronisten“ wurde Jost Linkner durch seinen Einsatz für die Erstellung von Heimatbüchern der nordsiebenbürgisch-sächsischen Gemeinden. Neun Ortsmonographien über Pintak bei Bistritz, Weißkirch bei Bistritz, Auen-Kuschma, Ungersdorf, Ludwigsdorf, Moritzdorf, Obereidisch, Niederwallendorf und Paßbusch gehen auf seine Autoren-, Mitautoren- oder Herausgeberschaft zurück, bei mindestens sieben weiteren Heimatbüchern vermittelte er wichtige Informationen, beriet die Autoren und machte ihnen Mut, sich dieser Aufgabe zu stellen. Sein Forschergeist ließ ihn dabei zahllose Aussagen von Zeitzeugen aus diesen Dörfern sammeln, Einblick in Grund- und Kirchenbücher nehmen, Gemarkungs- und Besitzverhältnisse rekonstruieren und alte Flurnamen erfassen. Seine sprachlichen Fähigkeiten öffneten ihm dafür Archive in Wien, Budapest und Bistritz.

Beim Heimattag 2013 in Dinkelsbühl verlieh ihm der Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland in Anerkennung seiner Leistungen das Verdienstabzeichen „Pro Meritis“. Diese Ehrung erfolgte als letzte in einer Reihe von Würdigungen für sein ehrenamtliches Wirken als Chronist – die Liste seiner siebenbürgischen Textbeiträge, Bücher und Vorträge umfasst bis 2013 beachtliche 69 Titel, weitere unvollendete Arbeiten befinden sich noch in seinem Nachlass. Bereits 1996 wurde ihm das Goldene Ehrenzeichen der Siebenbürger Sachsen in Österreich verliehen, 1998 wurde er von Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer zum Konsulenten für Brauchtum und Heimatpflege der Oberösterreichischen Landesregierung ernannt. Er war Träger der Kulturmedaille in Gold der Stadt Wels und fungierte noch bis Anfang 2019 als Beirat des Siebenbürgischen Landesverbandes in Oberösterreich.

Die Beisetzung von Dr. Jost Linkner fand am 7. Juni, auch unter Anteilnahme mehrerer Trachtenträger der Welser Nachbarschaft und Tanzgruppe und Vertreter der HOG Bistritz-Nösen, auf dem Welser Stadtfriedhof statt – zur gleichen Zeit erklang das Glockengeläut am Turm der Stadtpfarrkirche seiner Heimatstadt Bistritz zu seinem Andenken.

Christian Schuster

Schlagwörter: Oberösterreich, Wels, Nachruf, Linkner, Bistritz, Heimatbuch, Publizist, Nordsiebenbürgen, Ehrungen, Heimattag, Dinkelsbühl

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