26. September 2004

Siebenbürgischer Astronom in Wien gewürdigt

Der 10. September war für das Bezirksmuseum des 3. Wiener Gemeindebezirkes ein denkwürdiger Tag. Eine mehrjährig geplante Ausstellung über einst im Bezirk lebende und wirkende besondere Wissenschaftler wurde eröffnet. Für uns bedeutend war die Ansprache von Prof. Hermann Mucke, der dem Publikum den ehemaligen Leiter der Sternwarte der Urania und Gründer des Planetariums, Prof. Dr. Oswald Thomas, in seinem Wirken vor Augen führte.
Prof. Dr. Oswald Thomas wurde 1882 in Kronstadt in Siebenbürgen geboren. In seinen Erinnerungen beschreibt er voll Stolz seine Herkunft: "Zur Welt gekommen bin ich in Kronstadt im Siebenbürger Sachsenland in einem Meierhof der Altstadt, wo meine Eltern zur Sommerfrische wohnten, bis der kleine Oswald am 27. Juli 1882 da war. Dann bezogen wir das Mädchenschulgebäude, ein nach den Angaben meines Vaters, des Direktors der Anstalt gebautes Haus, in Stil und Farbe eine Art Wiener Musikvereinsgebäude, nur von bescheidenerem Ausmaß."

Über seinen Bezug zur Astronomie: "Das ganze Haus war streng nach den Himmelsrichtungen ausgerichtet (…) was Ost- und Westhimmel war, ging mir bald in Fleisch und Blut über. Wir hatten oben im Nordtrakt unserer geräumigen Wohnung eine Sommerküche und symmetrisch dazu im Südteil eine Winterküche. Und zur Zeit der kosmischen Nachtgleiche übersiedelte man aus der Winter- in die Sommerhemisphäre. Ich bin also vom Anfang an astronomisch erblich belastet."

Den väterlichen Einfluss auf seinen Werdegang beschreibt Oswald Thomas schließlich mit den Worten: "Ich war wohl fünf Jahre alt, nicht älter, und stand am Abend bei meinem Vater, der seine Taschenuhr in der Hand hielt, am Fenster, Blick nach Osten. ‚Siehst dort, Oswald, den Schneckenberg an seinem höchsten Punkt? Ich zähle jetzt bis zehn und dann geht der Stern Atair im Adler auf!‘ Ich zählte und mit dem Wort zehn war der Atair pünktlich da. Damals dachte ich, es müsse so sein. Heute bewundere ich dankbar die große Kunst des väterlichen Sternenfreundes, meines ersten und zugleich besten Lehrers in der Astronomie. Der Mädchenschuldirektor Karl Thomas versammelte - und ich kleiner Thomas marschierte immer mit - in Kronstadt an klaren Abenden auf dem freien Platz vor dem Springbrunnen seine vielen Schülerinnen zum ‚Astronomieren‘, wie es damals hieß. Und so kam es, dass in meiner Heimatstadt die Frauen am Firmament gut Bescheid wussten, die Männer aber nur auf dem Umweg über Schwestern und Bräute. Diese Veranstaltungen glichen in kleinerem Ausmaß dem, was dann in Wien der Sohn des Schuldirektors systematisch in den ‚Sternabenden‘ und in den Nachtwanderungen über den ‚Sommerhaidenweg‘ weiter ausgebaut hat. So also kam ich zu den Sternen."

Von 1906 bis 1913 wirkte Oswald Thomas in Kronstadt, anschließend übersiedelte er nach Wien. Dort war er zuerst Gymnasialprofessor, gleichzeitig Leiter der Urania-Sternwarte und leitender Astronom des Wiener Planetariums. Ab 1941 lehrte er an der Universität Wien Astronomie. Am 13. Februar 1963 verstorben, wurde er in der Feuerhalle der Stadt Wien eingeäschert.

Prof. Oswald Thomas schuf unter anderem den "Atlas für Sternbilder" und als großes Werk "Astronomie - Tatsachen und Probleme". 1924 gründete er den Astroverein in Österreich. Bis Ende 1961 hielt er 2 410 Vorträge, 246 Planetariumsvorträge, 278 Rundfunkvorträge und 4 288 Vorträge unter freiem Himmel, etwa ein Dutzend Nachtwanderungen, meistens über den idyllischen Sommerhaidenweg. Prof. Dr. Oswald Thomas lebt in Idee und Wirken weiter. Dies brachte Prof. Hermann Mucke in seiner ausführlichen Würdigung den Versammelten zur Kenntnis.

In dem bis 31. Oktober der Öffentlichkeit zugänglichen Saal des Bezirksmuseums Wien Landstraße, Sechkrügelstraße 11, ist die von Prof. Mucke in vielen Bildern, Dokumenten und Ablichtungen ausführlich zusammengestellte Lebensarbeit des bedeutenden siebenbürgisch-sächsischen Astronomen ersichtlich. Neben dem Planetarium am Oswald-Thomas-Platz beim Wiener Prater ist auch das Freiluftplanetarium Sternwarte Georgenberg, in Wien 23, Mauer, nahe Wotruba-Kirche für sterneninteressierte Besucher von Bedeutung. Das einstmalig von Prof. Oswald Thomas geschaffene Astronomische Büro fand seine Fortsetzung in dem von Prof. Hermann Mucke geführten Astronomischen Büro in Wien 23, in der Hasenwartgasse 32.

Traute Zoltner

Schlagwörter: Wien

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