27. September 2004

11. Heimattag in Wels

Von hohem Anspruch kündete der Leitgedanke des 11. Heimattages der Siebenbürger Sachsen in Österreich: „Schnittpunkte: 270 Jahre Landler - österreichische Siebenbürger / 60 Jahre siebenbürgische Österreicher“. Um in diesem zwiefachen Gedenkjahr beiden Anlässen in würdiger Weise gerecht zu werden, präsentierte der veranstaltende Verband der Siebenbürger Sachsen in Österreich am 18./19. September im oberösterreichischen Wels ein facettenreiches, musikalisch umrahmtes Programm mit Ausstellung, Vorträgen, Festabend, Kranzniederlegung und Festgottesdienst, Trachtenfestumzug und Dokumentarfilm-Vorführung. Bei Bilderbuchwetter strömten an beiden Tagen erfreulich zahlreiche Landsleute, viele in Tracht, in die Stadthalle auf dem Messegelände.
11. Heimattag in Wels

Von hohem Anspruch kündete der Leitgedanke des 11. Heimattages der Siebenbürger Sachsen in Österreich: „Schnittpunkte: 270 Jahre Landler - österreichische Siebenbürger / 60 Jahre siebenbürgische Österreicher“. Um in diesem zwiefachen Gedenkjahr beiden Anlässen in würdiger Weise gerecht zu werden, präsentierte der veranstaltende Verband der Siebenbürger Sachsen in Österreich am 18./19. September im oberösterreichischen Wels ein facettenreiches, musikalisch umrahmtes Programm mit Ausstellung, Vorträgen, Festabend, Kranzniederlegung und Festgottesdienst, Trachtenfestumzug und Dokumentarfilm-Vorführung. Bei Bilderbuchwetter strömten an beiden Tagen erfreulich zahlreiche Landsleute, viele in Tracht, in die Stadthalle auf dem Messegelände.

Für Organisation, Gestaltung und Verlauf dieses Großereignisses zeichneten verantwortlich der Bundesobmann der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Österreich, Pfarrer Magister Volker Petri, Verbandsobmann Konsulent Hans Waretzi, Landesobmann Konsulent Friedrich Teutsch und Ehrenobmann Konsulent Dr. Fritz Frank. Samstagnachmittag eröffnete Bundesobmann Volker Petri die vom Referat für Frauenarbeit und Brauchtumspflege (Frauenreferentinnen Ingrid Eichstill und Inge Lohr) gestaltete Ausstellung im ersten Obergeschoss der Stadthalle. Petri stellte den Anwesenden (vor Ort war auch ein ORF-Kamerateam) die zum Heimattag erschienene Festschrift vor, ehe Ingrid Eichstill in die Ausstellung einführte. Diese bot einen exzellenten Streifzug durch die Geschichte der Landler und der Siebenbürger Sachsen, überdies einen Querschnitt siebenbürgischer Volkskunst (besonders imposant die Trachtenpuppen-Sammlung von Edith Rothbächer).



Ausstellung: eindrucksvolle Sammlung von Trachtenpuppen. Foto: Christian Schoger
Ausstellung: eindrucksvolle Sammlung von Trachtenpuppen. Foto: Christian Schoger


Zu einem „historischen und kirchlichen Rückblick“ (musikalische Umrahmung: Vöcklabrucker Spielleut unter Leitung von Dr. Wolfgang Juchum) begrüßte Bundesobmann-Stellvertreter Ing. Martin May unter den rund 500 Saalgästen vor allem Superintendent Mag. Hans-Jörg Eichmeyer, Pfarrer Bräuer, Dr. Fritz Frank, die anwesende Landler-Delegation mit Pfarrer Dietrich Galter an der Spitze sowie Altpresbyter Josef Reisenauer. Nach Grußworten von Pfarrer Bräuer (in Vertretung von Bischof OSB Maximilian Aichern) und Superintendent Eichmeyer folgte die Festansprache von Fritz Frank. In seinem engagierten Vortrag beschrieb der Ehrenobmann, exemplarisch anhand seiner Biografie, beginnend mit der Evakuierung aus Nordsiebenbürgen im Herbst 1944, „was diese Flüchtlinge geprägt, bewegt, geschmerzt und gestützt“ hat. Die Phase der „Rechtlosigkeit der ersten Jahre“ in Österreich sei durch den starken Familienzusammenhalt, den lebendigen Gemeinschaftsgeist und die traditionsbewusst fortgesetzte Brauchtumspflege abgefedert worden. Durch das Staatsbürgerschaftsgesetz vom 8. April 1954 sei den geflüchteten Landsleuten Österreich rechtlich zur neuen Heimat geworden. Der Prozess des Heimischwerdens vollzog sich sukzessive. Nie sei aber die alte Heimat Siebenbürgen verloren gegangen: „Denn ein in Religion, Gemeinschaft, Brauchtum und Tradition verwurzelter Mensch kann seine Heimat nicht verlieren, er trägt sie in sich.“ Heute bilde man eine Gemeinschaft, die getragen und in die Zukunft geführt werde „von siebenbürgischen Österreichern“, schloss der Festredner.

Wie das Jahr 1944, so markiert auch das Jahr 1734 einen beim Heimattag in Wels akzentuierten „Schnittpunkt“. Den Anstoß, im Jahr 2004 der Transmigration der Landler zu gedenken, gab der inzwischen verstorbene Ehrenvorsitzende der Landsmannschaft in Deutschland, Dankwart Reissenberger, dessen Vorfahren dieses Schicksal ebenfalls erlitten hatten. Ein Landler, Josef Reisenauer, ehemaliger Kirchenkurator in Neppendorf, spannte in seiner anschließenden Rede den Bogen von der „Zwangsentwurzelung“ „treuer, fleißiger und heimatverbundener Menschen“ vor 270 Jahren, über ihre Neuansiedlung in Siebenbürgen, den neuerlichen Heimatverlust 1944, bis hin zum großen Exodus. Kirche, Nachbarschaft und die Großfamilie mit ihrem ausgeprägten Gemeinschaftsgefühl seien den Landlern stabile „Stütze von der Wiege bis zum Grabe“ gewesen. Den Programmpunkt beschloss Horst Göbbel (Nürnberg), der die Buchneuerscheinung Wendepunkte in Nordsiebenbürgen - Punct crucial in Ardealul de Nord. Die Nordsiebenbürger Sachsen im Zweiten Weltkrieg vorstellte.

Mit einer Konzertfanfare leitete die Trachtenkapelle Traun unter Wolfgang Krebelder den von Hans Waretzi charmant moderierten Festabend ein. Im weiteren Verlauf des Abends beschwingten die ins Programm eingewobenen Darbietungen der Jugend- und Volkstanzgruppen aus Traun, Wels, Laakirchen und Vöcklabruck, neben der bereits erwähnten Trachtenkapelle Traun. Der Obmann des Landesverbandes Oberösterreich hieß die Festversammlung herzlich willkommen. Unter den zahlreichen Ehrengästen wurden u.a. persönlich begrüßt: Dr. Peter Koits, Bürgermeister der gastgebenden Stadt Wels, Dr. Traian Chebeleu, Rumänischer Botschafter in Wien, Dr. Josef Pühringer, Landeshauptmann von Oberösterreich, Ministerialrat Universitätsprofessor Dr. Karl Schwarz; ferner, als Spitzenfunktionäre der weltweiten Föderation der Siebenbürger Sachsen, Dipl.-Ing. Arch. Volker Dürr, Föderationsvorsitzender und Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, Ehrenvorsitzender Dr. Wolfgang Bonfert mit Gattin, Käthe Paulini, Ehrenvorsitzende der Landsmannschaft in Kanada, David P. Bokesch, Präsident des Zentralverbandes der Siebenbürger Sachsen in den Vereinigten Staaten (Alliance of Transylvanian Saxons – ATS), ATS-Vorstandsmitglied Peter Karsti, Prof. Dr. Paul Jürgen Porr, Vorsitzender des Siebenbürgenforums, Bundesobmann Volker Petri und die weiteren Vorstandsmitglieder der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Österreich sowie die teilnehmenden Abordnungen aus Siebenbürgen, Kanada, den USA und Deutschland.

Der bis auf den letzten Platz gefüllte Saal erhob sich zur Österreichischen Bundeshymne. Ein feierlicher Moment. Das Wort hatte dann Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP), der in seiner Ansprache den Weg der Siebenbürger Sachsen von einer „Notgemeinschaft“ im Nachkriegs-Österreich zu einer „lebendigen kulturellen Gemeinschaft“ würdigte: „Mit großem Respekt verneige ich mich vor den Leistungen der Siebenbürger Sachsen.“ So ungebrochen ihre Liebe zur alten Heimat, so unverbrüchlich sei ihre Treue zur neuen Heimat, zu Oberösterreich, zu Österreich. Analog verstehe sich das Land als Anwalt der Siebenbürger Sachsen.

Anerkennende Worte fanden auch Ministerialrat Schwarz, als Vertreter des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur, und Bürgermeister Koits, der den siebenbürgisch-sächsischen Mitbürgern namens des Gemeinderates von Wels dankte: „Sie haben in vielfältiger Form das städtische Leben bereichert und wesentlich dazu beigetragen, dass unsere Stadt eine blühende ist.“

Botschafter Chebeleu bezeichnete in seinem Grußwort die Siebenbürger Sachsen bzw. die Landler als „ein starkes Bindeglied zwischen Rumänien und Österreich“. Käthe Paulini (Kanada) übermittelte den Festgästen die Grüße von Seiten des Bundesvorsitzenden John Werner. Spenden der Landsleute in den USA und Kanada für in Siebenbürgen durchzuführende Hilfsprojekte der Sozialreferate der beiden siebenbürgisch-sächsischen Verbände in Österreich und Deutschland übergaben die Vertreter der Alliance of Transylvanian Saxons (ATS), Präsident David P. Bokesch, bzw. der Landsmannschaft in Kanada, Ehrenvorsitzende Käthe Paulini.

Grußworte sprachen auch Paul Jürgen Porr als Vertreter des Siebenbürgenforums sowie der Bundes- und Föderationsvorsitzende Volker Dürr, der die herzlichen Glückwünsche seitens aller Verbandsmitglieder überbrachte. Gemäß dem Leitmotiv des 11. Gedenkheimattages der Siebenbürger Sachsen in Österreich, stellte Dürr das Schicksal unserer Landsleute – „verlorene Heimat, enteignete Heimat“ - in den historischen Kontext von Verfolgungen und Vertreibungen, wie es sie vom Altertum bis auf den heutigen Tag gab und gibt. Ihres Glaubens wegen hätten auch die Landler vor 270 Jahren ihre Heimat, das katholisch geprägte Salzkammergut, Kärnten und die Steiermark, verloren. Unter Verweis auf die hervorragenden Leistungen unserer siebenbürgischen Vorfahren rief der Föderationsvorsitzende dazu auf, diese Ideen und Traditionen selbstbewusst zu vertreten. An die Festgemeinde gewandt, endigte Dürr seine Rede mit der optimistischen Perspektive: „Sie vermitteln Versöhnung, die die Erinnerung erhellt, sie wäre sonst von Ressentiments verdunkelt. Ihre Bereitschaft, die Vergangenheit zu ehren, (...) öffnet den Weg zu etwas Neuem, zu einem Teil ‚gemeinsamem Haus‘, das für künftige Generationen Heimat werden könnte.“ Dem Schlusswort Volker Petris folgte das gemeinsame Absingen des Siebenbürgen-Liedes sowie der oberösterreichischen Landeshymne. Damit endete der offizielle Festabend. Der Abend freilich fand im geselligen Beisammensein mit Tanz seine Fortsetzung.

Am Sonntag fand im Anschluss an die frühmorgendliche Kranzniederlegung bei der Sigmarkapelle mit Pfarrer Mag. Gerhard Grager (begleitet vom Gmundener Bläser-Duett) ein Festgottesdienst statt, den Pfr. Mag. Joachim Viktor und OKR Dr. Hannelore Reiner (Predigt) in der Stadthalle gestalteten.



Heimattag in Wels: Der Trachtenumzug am Sonntag hat gerade den Stadtplatz passiert. Vorneweg schreitet flott der Musikverein Siebenbürger Laakirchen. Foto: Christian Schoger
Heimattag in Wels: Der Trachtenumzug am Sonntag hat gerade den Stadtplatz passiert. Vorneweg schreitet flott der Musikverein Siebenbürger Laakirchen. Foto: Christian Schoger


Das Heimattagsprogramm, das langsam seinem Ende entgegen strebte, bot mit dem Trachtenumzug (Koordination: Dietmar Lindert) einen weiteren festlichen Höhepunkt. Allseits bewundernde Blicke zogen die rund 450 Teilnehmer aus insgesamt 31 Gruppierungen (Musikvereine, Abordnungen, Tanz-, Kinder- und Jugendgruppen, Vereinen und Nachbarschaften) auf ihre prächtigen, größtenteils nordsiebenbürgischen Trachten.

Im Rahmen eines Festkonzertes, das achtzig Musiker (Musikvereine aus Laakirchen unter Siegfried Weber, Elixhausen / Dietmar Eichhorn, Munderfing / Helmut Schmedt sowie Traun unter Wolfgang Krebelder) in der Stadthalle gaben, stellte Dietmar Lindert die kürzlich von siebenbürgischen Kapellen aus Österreich, den USA, Kanada und Rumänien eingespielte CD „Alte Heimat - Neue Heimat“ vor (gegen eine freiwillige Spende, die einem karitativen Zweck in Siebenbürgen zugute kommt, erhältlich unter Telefon: 00 43 - 6 99 10 91 03 93).

Es folgte am frühen Nachmittag die Vorführung des Dokumentarfilms „Die Russen kommen - Schicksal der Siebenbürger Sachsen aus Nordsiebenbürgen“ von Günter Czernetzky, dem es gelingt, die dramatischen Ereignisse des Jahres 1944 mittels Zeitzeugenaussagen quasi mosaikhaft zu rekonstruieren. Damit erlebte der 11. Heimattag in Wels ein seinem Motto entsprechend aufrüttelndes Finale. Das an diesem Festwochenende gesetzte Signal kündet von einem vitalen, Ländergrenzen überschreitenden Gemeinschaftsgeist, der willens ist, unser identitätsstiftendes siebenbürgisch-sächsisches Erbe selbstbewusst zu bewahren, heute und morgen.

Christian Schoger


Schlagwörter: Heimattag, Wels, Verbandspolitik, Föderation

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