22. September 2011

Krönung des Jubiläumsjahres: Das Sachsentreffen in Kronstadt

„Herkunft prägt Zukunft. 800 Jahre Burzenland“ – so lautete das Motto des ersten Sachsentreffens in Kronstadt. Der 17. September war eine Premiere für die Stadt, denn von insgesamt 21 Auflagen hatten alle in Birthälm stattgefunden – bis auf die Ausnahmen Hermannstadt (2007) und Bistritz (2010). Dank der traditionellen Hauptförderer – das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien, die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Bukarest und die Landesregierung Kärnten in Österreich –, dank unzähliger ehrenamtlicher Helfer und Partner, dank des Hauptveranstalters Siebenbürgenforum und der tatkräftigen Unterstützung vor Ort durch das Kronstädter Kreisforum, dank des wunderschönen Wetters und der sonnigen Stimmung unter den rund 3000 Teilnehmern gelang es dem Fest, das Bur­zenland-Jubiläumsjahr zu krönen.
Die Veranstaltung begann traditionsgemäß mit einem Gottesdienst, diesmal in der Schwarzen Kirche, dem Wahrzeichen des sächsischen Kronstadt und der Reformation in Siebenbürgen. Stadtpfarrer Christian Plajer begrüßte die Gottesdienstgemeinde, Bischof Reinhart Guib hielt die Festpredigt, für die musikalische Gestaltung sorgten der Kronstädter Bachchor und die Kirchenmusiker der Schwarzen Kirche, Hans Eckart Schlandt und Steffen Schlandt, sowie der prachtvolle Klang der Buchholz-Orgel.

Selten ist der Honterus-Hof so voll, wie er nach diesem Festgottesdienst war, als sich der Festzug formierte – voran die Blaskapellen, die Trachten- und Wappenschildträger. Am alten Marktplatz konnten die siebenbürgisch-sächsischen Volkstanzgruppen bewundert werden – viele neugierige Kronstädter und vor allem zahlreiche Kameras und Aufnahmegeräte verfolgten den Aufmarsch. Um 12.00 Uhr erklang die Glocke vom Turm des alten Rathauses, es ertönten Kanonensalven, die Turmbläser spielten je ein ungarisches, rumänisches und sächsisches musikalisches Thema. Letzteres, die Melodie von „Bürger Kronstadts, lasst uns singen“/ „Siebenbürgen, Land des Segens“, wurde von der Burzenländer Blaskapelle übernommen und von den Anwesenden gemeinsam gesungen.
Dreitausend Teilnehmer versammelten sich auf dem ...
Dreitausend Teilnehmer versammelten sich auf dem Marktplatz, um das 21. Sachsentreffen in Kronstadt zu feiern. Foto: Steffen Schlandt
Im Festzelt am Sportplatz des Sportlyzeums ging die Feier weiter. Hochrangige Gäste sprachen Grußworte von der Bühne, allen voran der Vorsitzende des Siebenbürgenforums, Dr. Paul-Jürgen Porr, der parlamentarische Staatssekretär Hartmut Koschyk und der Präsident des Hessischen Landtags, Norbert Kartmann. Vertreter der deutschen und österreichischen Diplomatie in Rumänien, Repräsentanten der Kronstädter Kommunalpolitik, des Verbands der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, der ausgewanderten Sachsen oder der Regionalforen ergriffen ebenfalls das Wort. Das volkstümliche Kulturprogramm wurde vom Kronstädter Jugendensemble „Canzonetta“ (Leitung Ingeborg Acker) eröffnet, es folgten Auftritte der Burzenländer Blaskapelle (Dirigent Vasile Glăvan), der „Vereinigten Burzenländer Blasmusik“ aus Deutschland (Dirigent Klaus Knorr), der „Korona“-Kapelle, der „Karpaten-Show“ aus Bukarest sowie des Bistritzer Bläserensembles „Harmonie“. Unter reichem Applaus tanzten Gruppen aus Hermannstadt, Bistritz, Sächsisch-Regen, Neumarkt, Schäßburg, Zeiden und Kronstadt, zum Schluss kam das Entertainer-Duo „Zwei“ aus Bacău auf die Bühne.

An den stimmungsvoll dekorierten Verkaufsständen konnten Meisterstücke aus der Produktion der Näh- und Handarbeitskreise, Publikationen in deutscher und rumänischer Sprache, herausgegeben von der Honterus-Druckerei, dem Kronstädter Kunstmuseum oder den Verlagen Schiller, Hora und Aldus gekauft werden. Die deutschsprachige Presse aus Rumänien, das Jugendbegegnungszentrum Seligstadt, die Orgelbauwerkstatt Honigberg präsentierten sich mit eigenen Ständen, wobei die Käufer ebenso für die Baumstriezel- und Langos-Spezialitäten Schlange standen. Niemand, der das Festabzeichen erworben hatte, wurde vom Fest ausgeschlossen – bald reichte der Platz im geräumigen Festzelt nicht mehr aus. Eine Verkaufsausstellung „Aus der Werkstatt der Handarbeitskreise“ konnte auch im Honterus-Lyzeum besucht werden.
Wie beim Heimattag in Dinkelsbühl waren die ...
Wie beim Heimattag in Dinkelsbühl waren die Kostüme des Jugendbachchors Kronstadt mit Burzenland-Wappen dekoriert. Foto: Christine Chiriac
Im Kulturzentrum Rédoute fand gleichzeitig ein ebenso gut besuchtes Ereignis in etwas offiziellerem, „leiserem“ Ton statt. Hier hielt Hansgeorg von Killyen, Vorsitzender der Heimatortsgemeinschaft Kronstadt in Deutschland, die Festrede zum diesjährigen Sachsentreffen-Motto. Er hob die wesentliche Rolle der deutschen Ritter und der moselfränkischen Siedler im Aufbau Siebenbürgens hervor. „Diese Kulturträger“ hatten die Region nicht nur wirtschaftlich geprägt, sondern auch zum geistigen Zentrum, zur Schulstadt, zum Mittelpunkt von Handel und Gewerbe erhoben. Die „stolze Stadt unter den nicht minder stolzen Gemeinden des Burzenlandes“ blieb stets freiheitsliebend und modellhaft, auch in schwierigen Zeiten, wie beispielsweise 1939, „als viele Landsleute den Hitlergruß für genehm hielten“ oder in der deutschfeindlichen Nachkriegszeit im kommunistischen Rumänien. Das Wirken der Wenigen, die in den zwei Jahrzehnten seit dem Exodus in der Heimat geblieben sind, sollte nicht unerwähnt bleiben, so der Festredner.

Im Anschluss wurde die Honterusmedaille des Siebenbürgenforums an Dipl.-Ing. Erwin Hellmann, Altkurator der Kronstädter Honterusgemeinde und ehemaliger Bezirkskirchenkurator, vergeben. Den musikalischen Rahmen schmückten Burzenländer Lieder, interpretiert von Steffen Schlandt und den Sängerinnen und Sängern des Jugendbachchors Kronstadt. Wie Dr. Paul-Jürgen Porr betonte, sei Erwin Hellmann ein Inbegriff für „Ideenreichtum, Schaffenskraft und Effizienz“. Laudator Wolfgang Wittstock, Vorsitzender des Kronstädter Kreisforums, ging auf Hellmanns langjährigen ehrenamtlichen Einsatz für seine Landsleute ein – oft unter widrigen Umständen, in einer Ära, die die Spuren von Willkürhandlungen gegen die sächsische Gemeinschaft noch sichtbar behielt. Der Medaillenträger bedankte sich bei denjenigen, die sein Leben und Wirken geprägt haben, von Elternhaus über Schu­le und Universität bis hin zur Familie und Kirche, alles unter „Gottes schützender Hand“. Sogar von der sozialistischen Industrie habe er etwas Wichtiges gelernt, und zwar, „dass es für jedes Problem eine Lösung gibt, nur muss man sie erarbeiten“.
Festgottesdienst in der prachtvollen Schwarzen ...
Festgottesdienst in der prachtvollen Schwarzen Kirche. Foto: Christine Chiriac
Die Festveranstaltung wurde mit einer wichtigen Premiere abgeschlossen: Die vom Bundesministerium der Finanzen gemeinsam mit der rumänischen Post (Romfilatelia) herausgegebene deutsch-rumänische Gemeinschaftsbriefmarke „Kirchenburg Birthälm“ wurde öffentlich vorgestellt. Eine der bekanntesten Wehrkirchen Siebenbürgens, jahrhundertelang Bischofssitz der Evangelischen Kirche und seit 1993 Weltkulturerbe der UNESCO, ist nun grafisch auf einer motivgleichen deutsch-rumänischen Sonderbriefmarke abgebildet – den Unterschied machen nur der Portowert (75 Cent bzw. 2,10 Lei) und die Landesbezeichnung Deutschland bzw. Germania aus (siehe SbZ-Online vom 14. September 2011).

Hartmut Koschyk, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen und Bundesvorsitzender des Vereins für Deutsche Kulturbeziehungen im Ausland (VDA), fasste die historischen Hintergründe um das Birthälmer Symbol zusammen: „Gemeinschaftsbriefmarken zweier Länder sind Ausdruck der Wertschätzung und manifestieren sich in einem Thema, das diese Länder verbindet.“ Birthälm sei nicht nur ein „Identifikationsort der Siebenbürger Sachsen“, sondern genauso ein Modell für ein tolerantes Mit- und Nebeneinander der westlichen und östlichen Völker und Volksgruppen in Europa. Die deutsche Minderheit leiste auch heutzutage einen wesentlichen Beitrag zu den guten Beziehungen Deutschlands und Rumäniens in den Bereichen Diplomatie, Politik, Wirtschaft und Handel, Wissenschaft, Kultur und Tourismus. „Im rumänischen Parlament ist die deutsche Minderheit mit einem Sitz vertreten. Eine solche vorbildliche Einrichtung findet man in dieser Form nicht so leicht woanders vor“, sagte Hartmut Koschyk. Zusammen mit Cristina Popescu, Generaldirektorin von Romfilatelia, Andreas von Mettenheim, Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Bukarest, und Klaus Johannis, Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien, enthüllte der Staatssekretär die Vergrößerung der Gemeinschaftsmarke, die nunmehr die Kirchenburg Birthälm schmücken soll. Zum feierlichen Ausklang der Veranstaltung und des 21. Sachsentreffens überreichte er an mehrere Ehrengäste Ersttagsalben der deutschen Breifmarkenausgabe.
Als Ehrenbürger der Stadt Kronstadt gewürdigt, ...
Als Ehrenbürger der Stadt Kronstadt gewürdigt, von links: Eckart Schlandt, Harald Roth und Paul Philippi. Foto: Steffen Schlandt
Doch nicht nur der 17. September erfreute sich einer derartigen Vielfalt von „sächsischen“ Ereignissen am Fuße der Zinne. Zu erwähnen sind die Rahmenveranstaltungen: die Ausstellungen „Deutsche Kunst aus Siebenbürgen im Bestand des Kunstmuseums Kronstadt“ und „Julius Teutsch und das Burzenländer sächsische Museum – Europäische Werte“ im Geschichtsmuseum, die Internationale Siebenbürgische Akademiewoche von „Studium Transylvanicum“ auf dem Schuler, die wissenschaftliche Tagung des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde e.V. Heidelberg zum Thema „Der Deutsche Orden im Burzenland“ sowie die Verleihung des Ehrenbürger-Titels der Stadt Kronstadt an Prof. Dr. Paul Philippi, Eckart Schlandt und Dr. Harald Roth in Anerkennung ihres Wirkens. Alles in allem bewies die Metropole im Herzen des Burzenlands, wie Hansgeorg von Killyen Kronstadt nannte, ihren „Blick nach vorne“, ihr wirtschaftliches, kulturelles und touristisches Potential, genauso wie die Siebenbürger Sachsen ihre „Dankbarkeit für die Wurzeln“ und die Bereitschaft, die Zukunft mitzugestalten, noch einmal bestätigten.

Christine Chiriac

Schlagwörter: Sachsentreffen, Kronstadt, Jubiläumsjahr 2011

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Neueste Kommentare

  • 29.09.2011, 14:52 Uhr von getkiss: Danke für die ausführliche Berichterstattung, Frau Chiriac. Herzlichen Glückwunsch an die neuen ... [weiter]
  • 23.09.2011, 16:58 Uhr von schully: danke für die antwort, Herr Graeff. servus [weiter]
  • 23.09.2011, 12:24 Uhr von Erhard Graeff: Uns hat man das folgendermaßen erklärt: Der Veranstalter - DFDS - beabsichtigt ein Treffen der in ... [weiter]

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