16. Juli 2019

Rumänisches Possenstück: Hermannstadts Bürgermeisterin Astrid Fodor suspendiert

Es klingt wie ein Schildbürgerstreich: Am 3. Juli wurde die Hermannstädter Bürgermeisterin Astrid Fodor mit sofortiger Wirkung vom Amt suspendiert, weil sie während ihres Vorgängeramtes als Vizebürgermeisterin auch Mitglied im Verwaltungsrat von Schulen und Kindergärten gewesen ist, wozu sie das Gesetz damals verpflichtete – ein unbezahltes Ehrenamt obendrein. Doch aufgrund einer aktuellen Entscheidung der Integritätsbehörde ANI war dieses nicht kompatibel mit ihrem damaligen Vizebürgermeisteramt.
Während Fodors Amtszeit als Vizebürgermeisterin (2012-2014) gab es drei Gesetze, die Vizebürgermeister verpflichteten, auch Mitglied im Stadtrat zu bleiben – und Stadträte wiederum verpflichtete, Mitglied in einem oder mehreren Verwaltungsräten von Schulen und Kindergärten zu sein, wird in der Hermannstädter Tageszeitung Turnul Sfatului erklärt. So war Astrid Fodor, dem Bildungsgesetz 1/2011 folgend, Mitglied im Verwaltungsrat der Brukenthalschule und des Kindergartens Nr. 37.

Die Integritätsbehörde stellte jedoch eine Inkompatibilität dieser beiden Ämter fest, woraufhin Fodor Einspruch erhob und in erster Instanz gewann. Ein endgültiges Urteil sprach der Oberste Gerichtshof dann am 3. Juli 2019: Die beiden Funktionen, die Fodor im Zeitraum vom 29. September 2012 bis 3. Juli 2014 innehatte, seien definitiv nicht kompatibel gewesen.

Auf dieser Basis stellte die Präfektin des Kreises Hermannstadt, Adela Muntean (PSD), noch am selben Tag den Erlass 262 zur sofortigen Suspendierung Fodors vom Amt als Bürgermeisterin aus – illegal, weswegen Fodor umgehend Klage einreichte. Denn im April dieses Jahres war Gesetz Nr. 59 verabschiedet worden, das festlegt, Inkompatibilität könne nur während der Dauer des jeweiligen Mandats in einem öffentlichen Amt als Vergehen geahndet werden. Astrid Fodor aber hat ihr Mandat als Vizebürgermeisterin längst beendet.
Die vom Amt suspendierte Bürgermeisterin Astrid ...
Die vom Amt suspendierte Bürgermeisterin Astrid Fodor stand beim EU-Gipfel am 9. Mai in Hermannstadt noch mitten im politischen Geschehen. Die Aufnahme zeigt Bundeskanzlerin Angela Merkel und Staatspräsident Klaus Johannis beim Besuch des Demokratischen Forums. In der Bildmitte sind der DFDR-Vorsitzende Dr. Paul-Jürgen Porr und Astrid Fodor zu sehen, außen rechts der DFDR-Abgeordnete Ovidiu Ganț. Foto: Laura Micu (ADZ)
Handelt es sich bei der ganzen Sache nur um eine Verwirrung im rumänischen Gesetzesdschungel? Oder gibt es andere Gründe für eine gewünschte Absetzung von Astrid Fodor? Über die Stadtratssitzung vom 5. Juli, auf der über die interimistische Besetzung des vakant gewordenen Bürgermeisterpostens abgestimmt wurde, und auf der Corina Bokor, Mitglied des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR), als Interimsbürgermeisterin bis zur Klärung des Rechtsstreits gewählt wurde (die übrigens Fodor empfohlen hatte), berichtet die Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien (ADZ): Zu Beginn der Sitzung verlas Stadtratsmitglied Vasile Tiberiu Mitrea (PSD) ein offenes Protestschreiben der eigenen Fraktion gegen Astrid Fodor, in dem ihr mangelhafte Führungskompetenz bis hin zu terminlicher Vernachlässigung urbaner Großbauprojekte vorgeworfen wird. Auch mag man sich fragen, warum die Präfektin nach Ausstellung des Suspendierungserlasses dies sofort auf dem PSD-nahen Sender Antena 3 verkündete, anstatt eine Pressekonferenz einzuberufen oder in einem Pressekommuniqué Klarheit über die für den Bürger zunächst undurchsichtige, aber rechtlich wohl eindeutige Lage zu schaffen. Stattdessen, kritisiert auch Turnul Sfatului, gab die lokale Filiale der PSD umgehend ein Kommuniqué heraus, in dem eine „proletarische Wut“ über die Situation der Inkompatibilität von Astrid Fodor entfesselt wurde.
Als ob diese chinesische Touristin die krummen ...
Als ob diese chinesische Touristin die krummen Touren und Tricksereien der PSD bei der Suspendierung der Hermannstädter Bürgermeisterin Fodor geahnt hat. Die Aufnahme entstand im Juni diesen Jahres vor dem Sitz der Sozialdemokratischen Partei in Hermannstadt nächst dem Städtischen Bürgermeisteramt. Foto: Konrad Klein
Astrid Fodor hat inzwischen die Aussetzung ihrer Suspendierung beantragt und zudem gegen den umstrittenen Erlass 262 der Präfektin Adela Muntean Klage wegen Illegalität eingereicht. Bereits am 19. Juli soll entschieden werden, ob die Richter den Antrag annehmen, so die rumänische Presse. Falls ja, könne Fodor in ihr Amt als Bürgermeisterin sofort zurückkehren. Die Klage selbst wird aller Wahrscheinlichkeit nach erst im Herbst nach den Gerichtsferien behandelt.

Nina May

Lesen Sie dazu auch den Artikel:

Hermannstädter Bürgermeisterin Astrid Fodor wieder im Amt, SbZ Online vom 1. August 2019

Schlagwörter: Politik, Rumänien, Hermannstadt, Bürgermeisterin, Fodor, Justiz

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