Friedrich Philippi zählte die Störche im Kreis Hermannstadt mit zahlreichen Helfern
Nachdem uns die Störche nun seit einigen Tagen wieder Richtung Afrika verlassen haben, soll doch noch über die diesjährige Storchzählung berichtet werden. Wenn man bis vor einigen Jahren gefragt wurde, wann denn der Abflug nach Süden erfolge, war die Antwort: am 23. August. Aber mit dem Klimawandel hat sich dieser Termin offenbar vorverlegt und es ist leicht möglich, dass die Störche diesmal das günstige Hochdruckwetter mit seinen Aufwinden ausnützten und ihre Reise früher begannen.
Unsere Storchzählung 2025 im Kreis Hermannstadt fand schon in der Woche nach dem 15. Juni statt, was für einige jüngere Teilnehmer gut war, da sie Ferien hatten. Teilgenommen an den täglichen Sternfahrten von Hermannstadt aus bis Boița im Süden, Bonnesdorf (Boian) im Norden, Dobring (Dobîrca) im Westen und Wossling (Țeline) im Osten haben wie in jedem Jahr unsere Freunde aus Brandenburg Anselm und Matthias Ewert mit zwei Freunden. Und dann je nach Möglichkeit unsere beiden Kinder mit drei unserer Enkelkinder. Dazu kam einmal auch Frau Irmele Philippi (fast 90!) mit Sohn Walter und seiner Frau auf eine der Fahrten mit. Sehr gefreut hat mich, dass uns auch in diesem Jahr auf einer der Fahrten Max Köber und seine Mutter mit seiner Drohne begleitet haben, was die Zählung der Jungstörche sehr erleichtert hat. Ebenso freuten wir uns, dass auch Frau Konsul Jahn und ihr Mann kurz vor ihrem Abschied aus Hermannstadt an der Fahrt ins Obere Harbachtal teilnehmen konnten. Neu dabei war der Schüler der Charlotte-Dietrich-Schule Finlay Trewby mit seinem an Naturschutz interessierten Vater. Hilfe hatte ich auch von mehreren storchliebenden Bekannten, die mir die Jungenzahlen aus ihren Orten meldeten, so dass wir dorthin nicht extra fahren mussten (z.B. Emanuel Drotleff aus Kirchberg, Christine Săvescu aus Sebeșul de Sus, Margit Kezdi aus Heltau und mehrere andere). Und da wir das relativ neue Storchennest in der Nähe des Bahnhofs von Podul Olt vergessen hatten, half mir Richard Reb mit einer Fahrt bis dahin. Ein herzlicher Dank sei all diese Helfern gesagt! Ebenso meiner Frau Ilse, die in der ganzen Woche der Storchzählung das volle Haus und die Storchenfreunde nicht nur bewirtete, sondern immer auch für gute Stimmung sorgte!
Dank ihrer Hilfe konnten wir auch in diesem Jahr die Storchzählung in 120 Ortschaften des Kreises Hermannstadt durchführen. Das Ergebnis war bei der Reproduktion der Störche leider diesmal ein ganz schlechtes. Wir zählten zwar mit 344 Nestern 16 mehr als im vergangenen Jahr, aber bei der Anzahl der heranwachsenden Jungstörche waren es nur noch 552, also 391 weniger als im Vorjahr!
Das ist wohl mit dem kalten und nassen Wetter im Mai zu erklären, als die Jungstörche schon geschlüpft waren, aber noch keine wärmenden Federn hatten und dadurch nass und unterkühlt starben. Ich hatte den Eindruck, dass die später angekommenen Störche diesmal im Vorteil waren, da ihre Jungen bei dem schlechten Wetter noch nicht geschlüpft waren und die Eltern die Eier besser besorgen konnten. Besonders in Gebirgsnähe, wo es entsprechend kälter war, blieben mehrere Nester ohne Nachwuchs (im Ganzen 101).
Storchzählung in Rothberg. Foto: privat
Seit Beginn unserer Zählung 1988 war damit das laufende Jahr das drittschlechteste in dieser Beziehung: nur 1,6 Jungstörche pro Horstpaar, beziehungsweise 2,27 pro erfolgreich brütenden Paaren. Damit sich die Population aber trägt, hätten diese Zahlen 2,0 beziehungsweise 2,4 sein müssen. Also ein Störungsjahr, wie die Biologen sagen. Es macht aber Hoffnung, dass wir in mehreren Ortschaften sogar neue Nester fanden. So in Henndorf, Kirchberg, Porumbacu de Jos, Schönberg, Alzen, Kleinscheuern, Leschkirch, Marpod, Mergeln und Salzburg. Dazu hat unser Andreas Zeck (Reutlingen) mit seinen Adleraugen wesentlich beigetragen. So sah er im Vorbeifahren von der Autobahn aus in der Nähe von Reußdörfchen ein ihm unbekanntes Nest, fand es dann auch auf der Google-Karte und führte uns im Gelände zielsicher dazu! Auf einer weiteren Fahrt durch den Kreis Hermannstadt sah er im August noch weitere Nester. Und wir freuten uns jedes Mal, wenn wir Horste mit 4 Jungen (17) oder 3 Jungen (71) fanden; Fünferbruten gab es diesmal nur in Alămor und Ludoș.
Storchzählung in Mergeln. Foto: Volkmar Jahn
In diesem Jahr führte Frau Miruna Pripoianu in Großau zum ersten Mal eine Beringungsaktion der Jungstörche durch. Auch hier zählte sie wieder mehr Nester (73), aber viel weniger Jungstörche (rund 100, im Vorjahr 181). Der Anzahl der Nester nach folgen dann Orlat (24), Leschkirch (19), Mergeln (16), Porumbacu de Jos (10) usw. In Hermannstadt wurden in den vier Nestern sieben Jungstörche groß, eines der Nester blieb kinderlos.
Leider hat die im vergangenen Jahr durch Konsulin Jahn organisierte Begegnung in Großau mit Vertretern des Stromverteilungs-Unternehmens keine Ergebnisse in Bezug auf die Sicherung der Mittelspannungsleitungen durch Abdeckhauben und die Anbringung von Nisthilfen auf die Masten gebracht. Im Gegenteil. Es gibt Ortschaften, wo die alten Masten, auf denen die Störche zwar schwer, aber doch ihre Nester bauen konnten, durch neue runde Masten ersetzt wurden, auf welchen ein Nestbau kaum möglich ist. So verschwand z.B. das einzige Storchennest in Bogatu Român. Was in anderen Kreisen möglich ist, scheitert bei uns an der fehlenden Einsicht der dafür Verantwortlichen!
Inzwischen trafen wir in den Tagen um den 23. August in Wolkendorf unsere alten Storchenfreunde Helmut Eggers und Gert Dahms aus Stade in Norddeutschland wieder, die zwei ihrer besenderten Störche auf ihrem Flug bis nach Burgas (Bulgarien) begleiteten. Andreas Zeck hatte dann Gelegenheit, sie auf die riesige aktive Mülldeponie in Kronstadt zu begleiten (siehe separater Bericht). An der Mittelspannungsleitung neben der Mülldeponie sind zwar inzwischen an mehreren Masten Abdeckhauben montiert worden, aber leider nicht an allen. So fanden die Storchenfreunde unter den nicht isolierten Masten wieder mehrere tote Störche, darunter zwei beringte. Auch da gibt es noch Nachholbedarf.
Friedrich Philippi
Ringablesung auf der Mülldeponie Kronstadt
Montag, 26. August 2025: Am Mittag erhielt mein Großvater Friedrich Philippi einen Anruf von unserem Storchenfreund Helmut Eggers. Dieser informierte ihn darüber, dass sein besenderter Storch am Morgen die Mülldeponie Kronstadt verlassen habe und sich nun in der Nähe von Bukarest befinde. Der Storch hatte somit den gesamten Karpatenbogen an nur einem Vormittag überflogen. Zudem berichtete Eggers, dass sich am Nachmittag die Gelegenheit ergäbe, auf der Mülldeponie Ringe abzulesen. Diese Ringe, meist aus Kunststoff, werden den Störchen am Bein befestigt und tragen eine Kennung aus Buchstaben und Zahlen. Durch das Ablesen dieser Kennungen können die Informationen an die zuständigen Vogelwarten weitergeleitet werden, die damit die Zugrouten der Störche nachvollziehen können.
Natürlich fragte mein Großvater sofort, ob für mich noch ein Platz im Auto frei sei. Nachdem Eggers dies bejahte, musste nur noch eine Uhrzeit vereinbart werden – und schon konnte es losgehen. Gut ausgerüstet trafen wir uns, wenn auch nicht ganz pünktlich, vor der Mülldeponie. Dank einer Begleitperson der Deponie durften wir mit dem Wohnwagen bis auf die Müllberge fahren. Leider aber nicht fotografieren. Dort bot sich mir ein beinahe surrealer Anblick: Rund tausend Störche standen dicht gedrängt auf den Müllbergen, fast in Reih und Glied.
Das Ablesen der Ringe gestaltete sich dadurch recht einfach – wir mussten die Störche lediglich nacheinander betrachten. Sobald ich einen Ring am Bein eines Storches entdeckte, half mir Gert Dahms, der Begleiter von Herrn Eggers, beim Entziffern. Herr Dahms war viele Jahre Storchenbetreuer im Kreis Stade, Niedersachsen, und verfügt über enorme Erfahrung. Unter den abgelesenen Störchen befanden sich auch drei aus Deutschland. Darüber hinaus gelang es uns, einen Metallring zu entziffern – eine Seltenheit, da die Ziffern in das Metall eingraviert und schwer zu erkennen sind.
Insgesamt konnten wir an diesem Nachmittag rund dreißig Ringe aus Deutschland, Polen, der Slowakei und Ungarn ablesen. Für mich war es ein äußerst lehrreicher Tag, an dem ich als junger Ornithologe meine ersten Ringe ablesen durfte.
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