7. Juni 2025

Anna-Sieglinde Brang: De Kuoih siälen de duotsch Autoindustrie ratten

Unsere heutige Autorin, Anna-Sieglinde Brang, erinnert sich an den Transport der hölzernen Kiste, die einst vorgeschrieben war, um die 70 kg Habseligkeiten, die man bei der Ausreise aus Rumänien mitnehmen durfte, aufzunehmen. Vor allem in Erinnerung geblieben ist ihr dabei ein skurriler Zwischenfall, der sich beim anschließenden Transport der dazu gehörenden Personen ereignete.
Woa ich äisgewäimdert bann, muoißte mer en griss Kist äis Heolz, vu minjem Vuter salwest gemaucht, matt olle Sochen, wuot ich ken Duotschläimd matbruonjen teurft, deteurscht kee Buckerischt* schoffen, wiu se off de Wiert kontrolleurt uch uwgewijjen warde seol. De Kist seol driun diuharr direkt ant Aufnahmelueģer ken Nürnberg witchergeschakt warden.
Am fouw seol der Zeach vum Rappeser Bahnhauf kee Buckerischt giuhen. Am äinjt an der Nuucht mauchte sich mi Vuter uch mi Breader matt asem gruoinlich-bliuen Trabant off de Wiech en bruuchten de Kist off de Bahnhauf. Am druoi, woa se zerock wiuren, fiahre mer driun olle matt. Ich sauß huonj am Auto matt minjem Sonn uch minjer Muoter.
Et waus staukdeankel uch niewelich. Mi Breader fiahr esi schnel, dott ich nichen Stajch veor Äojen mäih sauch. Ich kräisch: „Fuhr liser, suonst riäne mer nauch eurest annen!“ Häi locht en gauw nauch mäih Gas. Olls het ich et geahnt, drehte mer es boa Stiäner Häih kurtsch veor Rappes off äist amroink und der Trabant bliww um Räinj schief stiuhen, matt zwa Radern am Striußegruwen. Mer stijen veorsichtich äis, dann det Auto het sich jederzidch iwwerschliue kiänen. Weol wassend, dott mir daut elläinj niät heten eräisdouse kiänen, mauchte sich mi Vuter uch mi Breader ze Fiaß off de Wiech zerock kee Stäinj, am en Fruonjd mat dem Traktor am Half ze bidden.
Minj Muoter uch ich hoalten minje Sonn uufwießelnd an Ormen. Et waus en kault Septembernuucht. Mer friuren en ziäderten. Off äist hiurte mer äis dem Riuhr* off giäner Sriußesitj Geräuscher. Mir bliww der Iudem stiuen. Ich piäspert minjer Muoter: „Wuot dea mer, wunn daut der Bier* ass?“ Der Bier hott meemlich kurtsch beveor en Kiah äis der Hierd off der Wäidj veor dem Basch zerassen. Ich siut witcher: „Komm, mer krajchen häisch lis ant Autto, suonst frasst es nauch der Bier!“ Off de Gefaur, dott det Auto sich iwwerschliuen het kiänen, kriuche mer veorsichtich vun äiwen annen en mauchten de Dir zea. Mer ziäderten onj nauch, owwer nea veor Uoinzt. Ich hott uch Uoinzt, dott mi Sonn offwauchen uch matt sinjem Kreuschen de Bieren ulauke kuonjt. „Wunn der Bier det Auto iwwerdreht …“, siut ich lis. Minj Muoter äimpfert: „Loawer starwen ich am Auto, olls dott der Bier mich frasst!“
Et vergonje Stuonjden end mer hiurten onjde widdjer det Tompeln vum Bieren am sompije Riuhr. Et kumm uch nichen Auto verboa. Diu gauw et jea uch nuor wiänich Autos, wuote äimderersitjs gead waus feor de Umwalt.
Eurscht niu Siesen kumm der Meakendiärfer Autobus en fiahr unn eas verboa. Kurtsch deroff kummen uch doa Zwäinj widdjer, owwer niät matt dem Traktor, suondern matt aase Kuoihen am Gauch. De Teußelt hotte se uch mattbruucht. Doa mauchte se unt Auto unn end ruck, zuck, waus der Trabant widdjer off der Striuß.
Et fonj unn, lajcht ze warden. Driun hiurte mer huonjder eas en bekäimt Stam: „Hutt er mi Rauß niät gesoan?“ Mer drehten es am. Eas gonj e Lajcht off, dann der „Bier“, veor diäm mer stuonjdelung geziädert hotten, waus det Rauß vun em Stiäner Såchsen gewiest, wuote sinj Bouen äiwen off dem Reech hott. Mer muoißten olle lochen.
Am off de Rappeser Bahnhauf ze fuhren uch de Kist kee Buckerischt ze schoffen, waus et nea ze spet. Mer muoißten en äimderen Termin derfeor mauchen. Esi hotten as Kuoih det Auto geratt.
Nea siälen de Ronjder äis Südamerika de duotsch Autoindustrie ratten. De europäesch Autos warden dur exporteurt end mir bezoan diuharr Ronjdfläisch.
Na ja, de Fraa Ursula von der Leyen wäiß, woa wiertvel Gedoarer sinj. Ari Vuter, Ernst Albrecht, waus Schiufhirt, niudäm e offgehiurt hott Ministerpräsidant vun Niedersachsen ze sinj.
End beveor nea Donald Trump, däi sonjt dem 20.01.2025 an Amerika widdjer Präsidant ass, den Zoll vun europäeschen Autos boa der Afiahr a sinj Läimd erhöht, hutt de Fraa Ursula von der Leyen matt Kuoihen verseakt, de duotsch Autoindustrie ze ratten. Et bleuwt nuor nauch ze haufen, dott vill Südamerikaner Mercedes, BMW ar* Volkswagen käifen und de Duotschen niät olle Vegetarier ar Veganer warden.

Zu Schreibweise und Wortlaut

Der Text ist in Steiner Ortsmundart geschrieben. Nach Aussage der Autorin wird hier das å derart kurz und dumpf ausgesprochen, dass es wie o klingt. Deshalb wurde ausnahmsweise die Schreibung mit o übernommen (außer beim Wort Såchs). Desgleichen werde das meist übliche ië wie ie ausgesprochen. Deshalb heißt der Bär hier: Bier, ein Wort mit dem in vielen andern Ortsmundarten das männliche Schwein, der Eber, bezeichnet wird.
Buckerischt = Bukarest
Riuhr = Schilf, Röhricht
Bier = Bär (s. o.)
ar = oder

Zur Autorin

Anna-Sieglinde Brang geb. Binder wurde am 21. März 1956 in Reps geboren. Aufgewachsen ist sie in ihrem Heimatdorf Stein bei Reps, dessen Mundart sie bis heute spricht und schreibt. Im Lehrerberuf unterrichtete sie Mathematik, in Siebenbürgen in Reps in den Klassen 6 bis 8. 1982 erfolgte die Aussiedlung nach Deutschland. Ihren Ruhestand verbringt sie in Köln. Gedichte in siebenbürgisch-sächsischer Mundart schreibt Frau Brang schon seit ihrer Schulzeit. Es sei ihr, sagt sie, ein großes Bedürfnis und inniger Herzenswunsch, unsere Muttersprache an die nächsten Generationen weiterzugeben, um auf diese Weise zur Erhaltung dieses wertvollen Kulturgutes beizutragen. Anne-Sieglinde Brang arbeitet an einem Wörterbuch der Steiner Ortsmundart und hat schon 20.000 Wörter gesammelt. Wir wünschen ihr Kraft, Ausdauer und Erfolg bei dieser Arbeit!
Herzlich grüßt Ihr/Euer

Bernddieter Schobel

Schlagwörter: Mundart, Stein

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