31. Juli 2012

Siebenbürger Sachsen feiern stimmungsvollen Heimattag in Salem, Ohio (USA)

Salem, ein Ort mit 12 000 Einwohnern in Ohio, wurde 1806 gegründet. Der Name leitet sich von „Shalom“ und „Solaan“ ab und bedeutet „Frieden“. Welch ein wunderbarer Name für einen Ort des Treffens der Siebenbürger Sachsen, von denen viele durch die Folgen eines schrecklichen Krieges ihrer Heimat beraubt wurden und dort in weiter Ferne ihren Lebensmittelpunkt einrichteten. Die Alliance of Transylvanian Saxons (ATS) und die Mitveranstalter Branches 18 und 19 und das ATS Kulturkomitee hatten zum 49. Heimattag der Siebenbürger Sachsen in Nordamerika vom 20. bis 22. Juli in Salem eingeladen und viele kamen, Jung und Alt, mit Bussen, eigenen PKWs oder mit dem Flugzeug angereist, um alte Bekannte und Freunde oder Verwandte wieder zu treffen oder neue Freundschaften zu schließen.
Die Begrüßung der bereits am Freitag ankommenden Teilnehmer im Salem Saxon Club war außerordentlich herzlich. Die Wiedersehensfreude war jedem ins Gesicht geschrieben und Worte der Freude schwirrten in verschiedenen Sprachen fröhlich durch die Luft: deutsch, englisch und natürlich auch siebenbürgisch-sächsisch. Hier trafen sich alte Bekannte, über Jahrzehnte Vertraute. Auch wenn man das erste Mal dabei war, konnte man gar nicht anders, als sich vom ersten Moment an in dieser großen Familie wie zuhause zu fühlen. Die ergreifendsten Familienhistorien kamen in verschiedenen Sprachen zur Sprache: Erinnerungen an Erlebnisse, die bei Generationen unserer Landsleute prägende Wirkung hinterließen. Das entbehrungsreiche (Über)Leben nach der Ankunft der displaced people im gelobten Land, als deutsche Vertriebene stigmatisiert, allerdings ohne den - dank des Wirkens der Landsmannschaft in Deutschland vorhandenen - Vertriebenenausweis und den Status als Aussiedler mit all seinen Annehmlichkeiten, lässt sich nur erahnen. Es war selbstverständlich, dass Kinder kleine Jobs annahmen, um zum Familieneinkommen beizutragen.
Einzug der Fahnenträger beim Heimattag der ...
Einzug der Fahnenträger beim Heimattag der Siebenbürger Sachsen in Salem, Ohio (USA). Foto: Hanz Hermann
Eine tiefe Dankbarkeit ist zu spüren, dass das Leben es letztendlich gut mit einem gemeint hat, und ein berechtigter Stolz liegt in dem Satz, der nicht direkt ausgesprochen wird: „Wir haben es geschafft - trotzdem!“ Dieser Dankbarkeit dem eigenen Schicksal gegenüber gepaart mit der innigen Heimatverbundenheit zu Siebenbürgen und den Siebenbürger Sachsen ist es zuzuschreiben, dass die Spendenbereitschaft unserer in Amerika lebenden Landsleute groß ist. So konnte ATS-Präsident Thomas Manning der seitens des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland angereisten Stellvertretenden Bundesvorsitzenden Herta Daniel während der Kundgebung eine Spende für das Sozialwerk in der beeindruckenden Höhe von 18 000 US-Dollar überreichen.

Uns bleibt nur „Danke“ zu sagen für diese Großzügigkeit im Namen derjenigen, die in Siebenbürgen diese Hilfe dringend benötigen. Unsere Landsleute aus Übersee handeln offensichtlich getreu dem bekannten Zitat des ehemaligen amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy, in leicht abgewandelter Form, da die Mitmenschen im Fokus stehen: „Frage nicht, was deine Landsleute für dich tun können, sondern was du für sie tun kannst!“

Alliance trifft Alliance

Politik wird auch bei unseren Landsleuten in den USA trotz oder gerade wegen des Heimattages nicht vergessen: Im Vorfeld des Heimattages fand am Freitagvormittag mit dem seit sechs Monaten amtierenden Bürgermeister von Alliance, einem Nachbarort von Salem, ein Gespräch mit Spitzenvertretern der Organisationen der Siebenbürger Sachsen statt.
Alliance trifft Alliance, von links: Director of ...
Alliance trifft Alliance, von links: Director of Public Safety and Service W. John Gross, Bürgermeister von Alliance Dr. Alan Andreani, stellvertretende Bundesvorsitzende Herta Daniel, ATS-Präsident Thomas J. Manning. Foto: Dr. John Boehm
Es war wirklich ein Treffen von Alliance und Alliance, als der Bürgermeister von Alliance, Dr. Alan Andreani, Vertreter der Siebenbürger Sachsen, Thomas J. Manning, Präsident der Alliance of Transylvanian Saxons, und dessen Stellvertreter Dr. John Boehm sowie die Stellvertretende Bundesvorsitzende Herta Daniel sehr herzlich im Bürgermeisteramt empfing. Das Gespräch mit ihm war von außerordentlicher Freundschaft geprägt. Er und „seine rechte Hand“, der ebenfalls anwesende Director of Public Safety and Service W. John Gross zeigten sich von den Leistungen der Auswanderer aus Siebenbürgen und deren Nachkommen sehr angetan. Diese hätten wesentlich am Aufbau von Ohio, speziell Alliance, mitgewirkt. Die beiden Politiker nahmen interessiert Anteil am Schicksal der weltweit verstreut lebenden Siebenbürger Sachsen. Beide wünschten dem Heimattag 2012 im Nachbarort Salem gutes Gelingen und freuten sich über die der vielen angemeldeten Teilnehmer.

Eröffnung und Festveranstaltungen

Dieses Jahr stand der Kameradschaftsabend am Freitag im Zeichen von Country-Themen, die Teilnehmer waren dementsprechend gekleidet und konnten sich unter fachmännischer Anleitung in Line Dance üben.

Nach dem feierlichen Einzug der Fahnen fand im großen Tanzpavillon des Salem Saxon Clubs am Samstagnachmittag die offizielle Eröffnung durch den ATS-Vizepräsidenten Robert Cunningham statt. Grußworte sprachen der Vizepräsident der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Kanada, John Penteker, und die Stellvertretende Bundesvorsitzende des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, Herta Daniel, die auch Grüße der Siebenbürger Sachsen in Österreich und in Siebenbürgen überbrachte.

Es folgten schwungvolle Auftritte der Aylmer Saxonia Dancers, der Kitchner Transylvania Dancers und der Cleveland Saxon Dance Group mit Tänzen, wie „Hochzeit“, „Tanz mit mir (Na, Na, Na)“, „Kipfel“, „Fliegen Tanz“, und „Gute Freunde“. Die Aylmer Saxonia Dancers hatten die gute Idee, beim Siebenschritt alle aufzufordern, mitzutanzen, so dass ein großer Tanzreigen entstand. Zu den Klängen des Deutschen Musik-Vereins wurde bis spät in die Nacht hinein gefeiert und Erinnerungen ausgetauscht. Da konnte man erfahren, dass eine Tracht, die an diesem Tag „mittanzte“, von der Urgroßmutter der jungen Tänzerin auf der Flucht aus Nordsiebenbürgen 1944 mitgenommen und einige Monate später im Rucksack („Mehr als wir auf dem Leib hatten und tragen konnten, durften wir nach Rumänien nicht zurückbringen.“) wieder nach Nordsiebenbürgen transportiert worden war, um dann Jahre später bei der Ausreise erneut den Weg in den Westen mitzumachen und schließlich in Kanada zu landen. Oder die Erinnerungen eines bei der Einreise in Kanada jungen Mannes, der im ersten Jahr so sehr an Heimweh litt, dass er gerne zu Fuß wieder nach Siebenbürgen gegangen wäre, hätte er die Möglichkeit gehabt - heute ist er froh, dass er es damals nicht getan hatte.

Festgottesdienst und Kundgebung

Am Sonntag begann das Heimattagprogramm in der Aula der Salem High School mit einem deutsch-englischen Gottesdienst, den Rev. Karin Himstedt hielt und den der Cleveland Eintracht-Saxonia Sachsenchor und die Youngstown Saxon Brass Band musikalisch umrahmten. Die Andacht hatte das Motiv aus dem Buch Genesis, Kapitel 12, zum Thema, das vom Verlassen des Vaterlandes in ein fremdes Land ausgeht und das bezeichnend sei für so viele von uns. Die Gründe für das Verlassen Siebenbürgens seien für jeden andere gewesen, gemeinsam wiedergefunden habe man sich in der Kirche.

Die Kundgebung begann mit einem wunderschönen Bild: der Fahneneinzug unter Beteiligung aller Trachtenträger in den Saal. Es folgten die Ansprachen der Vertreter der Verbände der Föderation der Siebenbürger Sachsen und des Ohio State Senators Michael J. Skindell.
Bei der Kundgebung, von links: Ohio State Senator ...
Bei der Kundgebung, von links: Ohio State Senator Michael J. Skindell, dessen Mutter Carol Skindell, die stellvertretende Bundesvorsitzende Herta Daniel und ATS-Präsident Thomas J. Manning. Foto: Reinhardt Linder
ATS-Präsident Thomas J. Manning erinnerte an die 1891 in Salem gegründete Versicherungsgesellschaft der Siebenbürger Sachsen. 1902 folgte die ATS. In den über 100 Jahren ihres Bestehens habe die ATS Kirchen und Clubhäuser gebaut und Gesangsvereine, Volkstanzgruppen und Blaskapellen in verschiedenen Orten gegründet. Und weil die Eltern ihren Kindern ihr Brauchtum stolz weitergaben, sei es möglich gewesen, unsere Traditionen zu bewahren. Er betonte, dass es unser aller Pflicht sei, unsere in Siebenbürgen verbliebenen Landsleute, die in schwierigen Umständen leben müssten, nicht zu vergessen, und überreichte Herta Daniel eine Spende von ATS-Mitgliedern und deren Freunden für das Sozialwerk der Siebenbürger Sachsen.

Kulturaustausch

Die Reise der Kulturgruppen der Siebenbürger Sachsen aus Kanada im Juli 2012 durch Österreich und Deutschland und die verschiedenen Auftritte thematisierte der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Kanada, John Werner, in seiner Ansprache. Er ging auf die einzelnen Stationen ein und unterstrich die Bedeutung dieses Kulturaustausches, der unerlässlich sei, um den künftigen Zusammenhalt der Siebenbürger Sachsen zu gewährleisten und die junge Generation über den Atlantischen Ozean hinweg miteinander bekannt zu machen. Er maß diesen gemeinsamen Treffen eine tragende Bedeutung in der zukünftigen Gestaltung der landsmannschaftlichen Arbeit bei. Sehr erfreut begrüßte er den Kreisvorsitzenden aus Ingolstadt, Willi Schenker, bei dessen Kreisgruppe er einige Tage vorher zu Gast war (diese Zeitung berichtete) und der privat zum Heimattag in Salem angereist war.

Globale Verbundenheit der Siebenbürger Sachsen

Herta Daniel unterstrich in ihrer Ansprache die Bedeutung der Föderation der Siebenbürger Sachsen und die dadurch erleichterte grenzüberschreitende Vernetzung der verschiedenen Organisationen unserer Landsleute, zwischen denen die Kommunikation sehr gut funktioniere. Wir alle könnten uns glücklich schätzen, dass diese bei der Gründung der Föderation erwünschten Grundvorstellungen Wirklichkeit geworden seien und dass wir auf eine junge Generation bauen könnten, die durch ihre bisherigen Aktivitäten den Willen zur Fortführung unserer Kultur und Traditionen, aber auch des weltweiten Zusammenhalts der Siebenbürger Sachsen bereits vielfach unter Beweis gestellt habe. All diese jungen Leute seien ein Garant für den Erhalt unseres kollektiven Selbstverständnisses, ganz gleich, wo jeder von uns seinen Lebensmittelpunkt festlege. Als Zeichen unserer globalen Verbundenheit überbrachte Herta Daniel Grüße von zwei Veranstaltungen, die am selben Tag in Deutschland stattfanden: vom Kronenfest in Augsburg und vom Urzeln-Sommerfest in Geretsried, während die stellvertretende Landesvorsitzende in Bayern, Ute Bako, und Urzelmeister Horst Wagner den Teilnehmern in Deutschland Grüße aus Salem übermittelten.

Senator Michael J. Skindell und Siebenbürgen

Sichtlich beeindruckt von dem Zusammenhalt der Siebenbürger Sachsen war Ohio State Senator Michael J. Skindell, der sich in seiner Ansprache stolz zu seinen siebenbürgisch-sächsischen Wurzeln bekannte. Einer seiner Vorfahren aus Maldorf wanderte vor 107 Jahren nach Amerika aus. Die Namen seiner Vorfahren lauten Konradt, Giersch, Zickeli und Eisenburger. Zu dem europäischen Teil seiner Familie pflege er Kontakt und bei einem Treffen der HOG Maldorf-Hohndorf sei er ebenfalls zugegen gewesen und freue sich auf das nächste. Um seine Wurzeln kennenzulernen, bereiste er Siebenbürgen und besuchte die Heimatgemeinden seiner Vorfahren und deren Gräber. Er überraschte den ATS-Präsidenten Thomas J. Mannings und die Stellvertretende Bundesvorsitzende Herta Daniel mit je einer Willkommensurkunde des Senates des US-Staates Ohio.

Den Abschluss der Kundgebung bildete der New Castle Männerchor unter der Leitung von Danual Forsberg. Nach einem hervorragenden Mittagessen klang der Nachmittag im Salem Saxon Club bei Musik der Youngstown Saxon Brass Band (Leitung W. Joseph Krauss) und einigen Tänzen stimmungsvoll aus.

Im Namen des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland danke ich den Organisatoren dieses Heimattages, unseren Landsleuten in den USA, für diese Festveranstaltung, für die Möglichkeit des Wiedersehens und des Kennenlernens sowie für deren wiederholt bekundete Solidarität mit uns Siebenbürger Sachsen in Europa.

Herta Daniel

Schlagwörter: Föderation, Heimattag, USA

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