Gespräche über Eigentumsrückgabe und Rettung der Kirchenburgen in Rumänien
Rund tausend unerledigte Restitutionsfälle haben der Verband der Siebenbürger Sachsen und die Landsmannschaft der Banater Schwaben seit November 2015 erfasst. Vier Ordner mit den Erfassungsbögen der Verbandsmitglieder übergaben Verbandspräsident Dr. Bernd Fabritius, MdB, und Bundesvorsitzender Peter-Dietmar Leber am 22. Februar an den Botschafter Rumäniens Emil Hurezeanu in Berlin. Die Übergabe erfolgte anlässlich eines Empfangs im Deutschen Bundestag, bei dem Bernd Fabritius mit Bischof Reinhart Guib und einer Delegation der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien (EKR) dringende Maßnahmen zur Rettung der Kirchenburgen in Siebenbürgen erörterte.
Zwei mittelalterliche Kirchenburgen der Siebenbürger Sachsen sind innerhalb weniger Tage eingestürzt: am 14. Februar ein Teil des Kirchturms in Radeln und am 19. Februar der ganze Kirchturm und Teile des Kirchenschiffes in Rothbach, beide im Kreis Kronstadt (Brașov). Bischof Reinhart Guib erläuterte die anstehenden Herausforderungen und wies darauf hin, dass die Evangelische Kirche den Erhalt aller 160 Kirchenburgen nicht alleine bewältigen könne, vor allem nicht in kleineren Ortschaften, wo es keine evangelischen Kirchengemeinden mehr gebe. Deshalb sei die Kirche auf Hilfe angewiesen. Die Kirchenburgen in Rumänien seien nationale Denkmäler der Kategorie A und stünden somit auch in staatlicher Verantwortung. Als Reaktion auf die Einstürze in Radeln und Rothbach kündigte das rumänische Kulturministerium die Einrichtung eines Notfonds für Denkmäler in Höhe von 50 Millionen Lei (umgerechnet zwölf Millionen Euro) an.
Neben Notsicherungsmaßnahmen sei es auch wichtig, die Ursachen der beiden Einstürze wie Erdbeben, Straßenvibrationen, Natureinflüsse etc. zu erforschen, betonte Fabritius. Dazu seien geeignete Statiker nötig, die im ländlichen Bereich in Rumänien jedoch nur sehr eingeschränkt vorhanden wären. Die EKR habe einen Spendenaufruf gestartet und seit einiger Zeit auch EU-Mittel beantragt, doch die Genehmigungsverfahren seien recht langwierig.
Bernd Fabritius sicherte Bischof Reinhart Guib seine Unterstützung zu. Er werde abklären, ob deutsche Hilfe möglich sei. Dazu habe er bereits mit Prof. Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin im Auswärtigen Amt, und Staatsministerin Monika Grütters, Bundesbeauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, gesprochen. Des Weiteren wurden die Lehrerförderung und Probleme, die durch die Abwerbung des qualifizierten Pflegepersonals in Rumänien entstehen, thematisiert.
Übergabe der offenen Restitutionsfälle an den rumänischen Botschafter Emil Hurezeanu in Berlin, von links nach rechts: Pfarrer Dr. Stefan Cosoroabă, Peter-Dietmar Leber, Bischof Reinhart Guib, Emil Hurezeanu, Hauptanwalt Friedrich Gunesch und Dr. Bernd Fabritius. Foto: Jan Hini
Die tausend unerledigten Restitutionsfälle sollen nun vom rumänischen Botschafter an die Landesbehörde für die Rückgabe des Eigentums (Autoritatea Națională pentru Restituirea Propietății – ANRP) weitergegeben werden, „um Verfahrenshemmnisse zu klären und die Bearbeitung dieser Fälle zu einem möglichst zeitnahen Abschluss zu bringen“, erklärte Dr. Bernd Fabritius auf seiner Webseite www.berndfabritius.de.
Die Eigentumsrückgabe stünde „hoch auf der Agenda der rumänischen Regierung“, deshalb werde die Nationale Restitutionsbehörde seit 2012 direkt vom Premierminister koordiniert, schrieb Botschafter Emil Hurezeanu dem Bundestagsabgeordneten Fabritius nach dem Gespräch im Deutschen Bundestag. Außerdem sei Rumänien „das einzige Land aus dem ehemaligen Ostblock, welches das Prinzip restitutio in integrum anwendet“. Allerdings könne er als Botschafter keinen Einfluss auf die Klärung einzelner Restitutionsfälle nehmen. Wichtigster Ansprechpartner aller Antragsteller sei nach wie vor die Nationale Restitutionsbehörde (ANRP). Wie in dieser Zeitung berichtet, hatte der rumänische Außenminister die Vertreter der Siebenbürger Sachsen und der Banater Schwaben bei einem Treffen am 30. Oktober 2015 in München ermutigt, die ungelösten Restitutionsfälle zusammenzufassen und an die Botschaft von Rumänien in Berlin zu schicken.
Botschafter Emil Hurezeanu erklärte gegenüber der Siebenbürgischen Zeitung, dass er bei künftigen Gesprächen die Vertreter der Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben über die Fortschritte bei der Lösung der Restitutionsfälle informieren werde.
Siegbert Bruss
Der Artikel wurde am 7. März 2016 und 14:40 Uhr aktualisiert.
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