15. Juni 2020

Wichtiges Instrument zum Erhalt der Gemeinschaft: Die Siebenbürgische Zeitung wird 70

Die Siebenbürgische Zeitung (SbZ) steht auf einem breiten geschichtlichen Fundament, das die Siebenbürger Sachsen über die Jahrhunderte in Siebenbürgen sowie in den letzten sieben Jahrzehnten in Deutschland und Österreich gebaut haben. Das kleine Redaktionsteam führt das fort, was schon über Jahrzehnte erfolgreich geleistet wurde: im Dienste der Gemeinschaft zu wirken und sie publizistisch zu begleiten. Die SbZ ist Informationsblatt und Sprachrohr ihrer politischen und rechtlichen Interessen, sie trägt zur Kulturpflege bei, stiftet Identität und fördert den Zusammenhalt der Siebenbürger Sachsen in der ­Diaspora über alle Grenzen hinweg.
Die erste Ausgabe der Siebenbürgischen Zeitung erschien im Juni 1950 in München. Sie trug den Untertitel „Nachrichten für die Siebenbürger Sachsen in Deutschland“, umfasste vier Seiten etwa in Foliogröße und wurde im Auftrag des „Verbandes der Siebenbürger Sachsen e.V.“ herausgegeben. Es war ein Glücksfall, dass die Siebenbürger Sachsen, die es nach dem Krieg nach Deutschland verschlagen hatte, sich 1949 im Verband zusammenschlossen und kurz danach eine eigene Zeitung herausgaben. Verband und Zeitung waren der Rahmen, das Mittel, um die Kultur und Gemeinschaft zu pflegen, die eigenen Interessen zur Sprache zu bringen und teilzuhaben an der bewegten Geschichte, am gesellschaftlichen Umfeld in Deutschland, Österreich, Rumänien und anderen Ländern.

Interessenvertretung wurde von Anfang an großgeschrieben. Weil sie nicht einzeln, sondern gemeinsam als Verband auftraten, konnten die Siebenbürger Sachsen ihre Rechte artikulieren und den gesetzlichen Rahmen mit beeinflussen, der unerlässlich für ihre erfolgreiche Eingliederung war. Diesen Themenkomplex hat Hannes Schuster in einen pressegeschichtlichen Rückblick unter dem Titel „Gruppenspezifische Kommunikation und Selbstdarstellung“ in dem Jubiläumsband „60 Jahre Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland. Grundzüge seiner Geschichte“ (München, 2009) ausführlich behandelt.

Die SbZ habe sich in den frühen drei Jahren ihres Erscheinens, unter ihrem ersten Schriftleiter Hermann Otto Bolesch (1950-1952), „von Anfang an in der Interessenvertretung ihrer Leser gesehen“, indem sie sich beispielsweise sofort in die öffentlichen Debatten um das Vertriebenenrecht, speziell um das Gesetz über den Lastenausgleich mit dem Erfolg impliziert habe, dass auch die Rumäniendeutschen und mit ihnen die Siebenbürger Sachsen, die aus dem ursprünglichen Entwurf als „nicht aus den ehemaligen Reichsgebieten durch Flucht oder zwangsweise Umsiedlung Vertriebene“ zunächst ausgeklammert waren, doch noch in ihre legitimen Rechte eingesetzt wurden. Die wichtigen Funktionen der Interessenvertretung, der Kommunikation und Selbstdarstellung, die die Zeitung von Anfang an wahrnahm, habe dann Hans Hartl (1952-1957), der nächste Schriftleiter des Blattes, auf die Landsleute in Übersee und im Herkunftsgebiet ausgedehnt und sich konsequent für die Familienzusammenführung eingesetzt.

Moderatere Töne schlug hingegen sein Nachfolger Alfred Hönig (1957-1970) an, auch mit Rücksicht auf die Landsleute in Siebenbürgen, wo nach dem Ungarnaufstand von 1956 auch die deutsche Minderheit durch mehrere Politprozesse drangsaliert wurde. Hans Bergel (1971-1989) kannte als Erster in der Reihe der Verantwortlichen Redakteure die Nachkriegszustände in Rumänien aus eigener Erfahrung und nutzte als streitbarer Publizist die Zeitung als politisches Instrument. Ebenso ist es uns gelungen, Hannes Schuster, der diese Zeitung von 1989-2001 leitete, für einen persönlichen Rückblick auf die frühen Jahrzehnte nach der Wende zu gewinnen.

Ein besonderes Augenmerk in den Jahren des Kalten Krieges galt den in Siebenbürgen verbliebenen Landsleuten. Auch sie sollten das Recht haben, in den freien Westen auszuwandern. Niemand ahnte damals, dass der Umbruch 1989/1990 kommen und Rumänien, ebenso wie die anderen Länder des Ostblocks, eine Wende hin zur freien Welt vollziehen würde. Wie in einem Dampfkessel hatte sich der Freiheitsdrang jahrzehntelang angestaut und als sich die Grenzen vor 30 Jahren öffneten, brachen mehr als hunderttausend Landsleute nach Deutschland auf. Ganze Dörfer und Städte leerten sich von ihren sächsischen Bewohnern. Dank des Beharrungsvermögens der Siebenbürger Sachsen, die in ihrer Heimat blieben und sich in der Evangelischen Kirche oder dem Deutschen Forum zusammenfanden, aber auch der Heimatliebe vieler ausgewanderten Siebenbürger Sachsen bestehen die Strukturen in Siebenbürgen mit ihren Menschen auch heute weiter, wenn sich auch vieles grundlegend geändert hat.

Öffentlichkeitsarbeit führt zu Imagegewinn

Die Rentenkürzungen von 1996 haben uns Siebenbürger Sachsen stark getroffen und zu einem Umdenken gezwungen. Der landsmannschaftliche Verband trägt seither seine Anliegen offensiver in die Politik und Öffentlichkeit hinein. Dank dieser Arbeit genießen die Siebenbürger Sachsen heute einen guten Ruf, werden immer wieder als Beispiel für gelungene Integration, als fleißige, loyale Bürger, als Träger und Vermittler einer jahrhundertealten Kultur, als Brückenbauer in einem vereinten Europa gesehen. Auf diese Erfolge bauend, die er mit bewirkt hatte, schaffte der Bundesvorsitzende Dr. Bernd Fabritius am 22. September 2013 erstmals als Vertreter der Siebenbürger Sachsen, der anderen Aussiedler und Vertriebenen den Sprung in den Bundestag. Als Beauftragter der Bundesregierung für Spätaussiedler und nationale Minderheiten setzt sich Fabritius auch heute für gerechte Renten für seine Zielgruppe ein.
Alle Ausgaben seit Juni 1950 können unter ...
Alle Ausgaben seit Juni 1950 können unter www.siebenbuerger.de/zeitung/pdfarchiv/ gelesen werden.
Die Öffnung der Siebenbürgischen Zeitung hin zur modernen Technik, die Mobilisierung der Jugend, aber auch der älteren Generation zur Teilnahme am Heimattag oder Sachsentreffen, für die Rettung von Schloss Horneck – das alles hat dem Verband viel Lob und einen Imagegewinn gebracht. Der Verband, der früher eher auf sich selbst konzentriert war, hat seinen Wirkungskreis im Laufe der Jahre erweitert. Öffentlichkeitsarbeit, bewusstes Werben in eigener Sache, Vernetzung mit siebenbürgischen Partnerorganisationen, Kooperation mit Behörden spielen eine immer größere Rolle. Die Siebenbürger Sachsen gestalten das gesellschaftliche Leben viel bewusster mit. Das zeigen, neben der Wiederwahl von Rumäniens Staatspräsident Klaus Johannis, auch die vielen Landsleute, die sich bei den Kommunalwahlen in Deutschland und Rumänien engagieren.

Inhaltlich widerspiegelt die Siebenbürgische Zeitung die aktuellen Lebensbereiche und Wirkungsfelder der Siebenbürger Sachsen in Deutschland und anderen Ländern. Die SbZ versucht dabei, den Blick für die eigene Herkunft zu schärfen und bietet eine Fülle von siebenbürgischen Themen an, erinnert an Persönlichkeiten, an Krieg und Deportation, an kulturelle und geschichtliche Ereignisse, betreibt Mundartpflege in der eingerichteten Rubrik Sachsesch Wält, die seit 2005 ehrenamtlich von Bernddieter Schobel und Hanni Markel betreut wird. Auch andere Bausteine sollen den Lesern helfen, ihre Kultur, Geschichte und Traditionen besser kennenzulernen.

Neben der Gestaltung eines Blattes, das mit seinen Inhalten und seiner Aufmachung Jung und Alt ansprechen soll, liegt ein Hauptaugenmerk der Siebenbürgischen Zeitung auf der Wirtschaftlichkeit und den Sparmaßnahmen, die schrittweise durchgeführt wurden. Eine tiefgreifende Sparmaßnahme wurde 2002 durch die elektronische Umstellung eingeleitet. Durch die Optimierung der Arbeitsabläufe wird die gesamte Zeitung seit Januar 2007 am Bildschirm erstellt. So konnten die Druckkosten erheblich gesenkt werden. Nachdem die Zeitung jahrzehntelang in der Druckerei Jägerhuber in Starnberg hergestellt wurde, wechselte sie im September 2007 zur Druckerei Mayer & Söhne in Aichach. Sie erscheint in einer Auflage von 19800 Exemplaren und wird in 16 Ländern der Welt gelesen.

Sehr erfolgreich ist der im Oktober 2000 gestartete Internetauftritt des Verbands unter www.siebenbuerger.de, dessen Relaunch vor kurzem erfolgt ist. Die Inhalte werden maßgeblich von den Redakteuren gestaltet, die Innovation und technische Betreuung liegen in den Händen der vier Webmaster. Täglich werden drei Artikel in der Siebenbürgischen Zeitung Online, dem Herzstück des Internetauftritts, veröffentlicht, täglich wird der deutsch-rumänische Pressespiegel aktualisiert und monatlich wird der Newsletter SiebenbuergeR.de redigiert.

Das 70. Jubiläum der Siebenbürgischen Zeitung fällt mitten in die Corona-Krise, die zwar still daherkommt, aber unser Leben einschneidend verändern wird. Wichtig ist es, die bewährten siebenbürgisch-sächsischen Werte zu erhalten und weiter zu pflegen. Dabei wäre es hilfreich, Polarisierungen aus dem äußeren Umfeld nicht in den Verband hineinzutragen. Dass in den 1930er Jahren politische Spannungen bis in die Familien eingedrungen waren, war ein grober Fehler, den es heute zu vermeiden gilt.

„Gerade in unserer vernetzten, digitalisierten und damit scheinbar grenzenlos gewordenen Welt, in einer Zeit, da sich vieles beschleunigt, brauchen wir Orientierungspunkte.“ Genau solche Orientierungspunkte biete die siebenbürgisch-sächsische Kultur und Tradition, die auch heute von vielen jungen Menschen gepflegt wird. Das sagte André Kuper, Präsident des nordrhein-westfälischen Landtags, am 10. November 2017 im Landtag in Düsseldorf bei der Feier 60 Jahre Patenschaft des Landes NRW für den Verband der Siebenbürger Sachsen.

Unser Verband und unsere Zeitung sind in guten Händen und werden von der Begeisterung von hunderten Ehrenamtlichen getragen. Ihnen allen und den Hauptamtlichen sei dafür herzlich gedankt. Möge die Siebenbürgische Zeitung auch künftig ihre Leser dazu bewegen, sich auf ihre Geschichte und Kultur zu besinnen und ihre Gemeinschaft weiterzuleben.

Siegbert Bruss

Schlagwörter: Siebenbürgische Zeitung, Jubiläum, Geschichte, Siebenbuerger.de, Gemeinschaft, Verband

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Neueste Kommentare

  • 16.06.2020, 22:56 Uhr von Doris Hutter: Herzlichen Glückwunsch zum 70. Geburtstag, Siebenbürgische Zeitung! Danke allen einstigen und ... [weiter]

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