4. April 2023
„Sie sind wahre Brückenbauer“: Bundeskanzler Olaf Scholz sprach beim Jahresempfang des Bundes der Vertriebenen
„Wird er wirklich kommen? Und wenn ja: Was wird er sagen?“ Diese beiden Fragen werden sich Besucher und Beobachter des diesjährigen Jahresempfangs des Bundes der Vertriebenen (BdV), der am 28. März in der Katholischen Akademie Berlin – Hotel Aquino Tagungszentrum stattfand, in Erwartung des wichtigsten Ehrengastes und Festredners nicht nur einmal gestellt haben. Zum ersten Mal nämlich hatte Bundeskanzler Olaf Scholz MdB zu Jahresbeginn zugesagt, auf einer der wichtigsten Veranstaltungen des Verbandes zu sprechen.

Bundeskanzler bekennt sich zur Unterstützung des BdV

Fast 14 Millionen Ukrainer seien derzeit auf der Flucht und hätten sich im Heimatland, aber auch in der Europäischen Union in Sicherheit gebracht, rund eine Million davon in Deutschland. Für deren Not, deren Heimatverlust und deren Ankunft in der Fremde hätten gerade die Vertriebenen und Spätaussiedler großes Verständnis.
Mit großer Empathie würden sie den Betroffenen helfen – egal, ob in der Migrationsberatung oder über Spenden- und Hilfsaktionen „in enger Zusammenarbeit mit den deutschen Minderheiten in der Ukraine, Polen, der Slowakei, Ungarn und Rumänien“. „Sie sind wahre Brückenbauer“, so der Bundeskanzler an die Adresse der Selbstorganisationen der Minderheiten und den BdV gerichtet. „Dafür sage ich Ihnen von ganzem Herzen: Vielen Dank!“
Das heutige Engagement der Vertriebenen und ihrer Verbände zeige, dass sie schon früh „die richtigen Schlüsse aus der Geschichte gezogen“ hätten. Dafür stehe auch die „wegweisende Charta der Heimatvertriebenen“ mit ihrer Zielsetzung eines geeinten Europa, in dem die Völker ohne Furcht und Zwang leben können und somit der Basis „Ihrer Versöhnungsarbeit in Europa bis heute und in Zukunft“.
„Deshalb möchte ich mich hier ganz ausdrücklich zur Unterstützung des Bundes der Vertriebenen und seiner Versöhnungsarbeit bekennen. Dazu zählt, die Kultur und die Geschichte der Deutschen aus den ehemaligen Siedlungsgebieten im östlichen Europa lebendig zu halten“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz wörtlich und setzte damit das Maß, an dem der BdV und seine Gliederungen die Bundesregierung wohl zukünftig messen werden.
BdV-Präsident Fabritius: „Arbeiter der Verständigung mit den östlichen Nachbarn“
Wie wichtig aber die Ausgestaltung solcher politischen Botschaften ist, zeigte sich kurz in der Frage des im November 2022 durch die Bundesregierung aufgelegten Härtefallfonds auch für rentenrechtlich benachteiligte Spätaussiedler. Der Bundeskanzler bewertete diesen als „Lückenschluss“ im Rahmen einer empfundenen Ungerechtigkeit, wenngleich er auch Verständnis sowohl für das Schicksal der Betroffenen als auch für die Kritik an der Auszahlungshöhe äußerte. BdV-Präsident Fabritius hingegen hatte in seiner Begrüßungsrede deutlich erklärt, dieser Härtefallfonds sei „kein Beitrag zu sozialer Gerechtigkeit“, denn er schließe nur Spätaussiedler ein, lasse Aussiedler außen vor und halte „mit engen Stichtagsregelungen diese Zielgruppe klein“.
Diese Haltung beim Thema Rentengerechtigkeit deckte sich mit dem von Dr. Fabritius formulierten „Anspruch, mehr als nur sogenannte ‚Verbandspolitik‘ zu betreiben. Vielmehr vertrete der BdV „eine geschichtsbewusste Sicht auf die Zukunft“ und verstehe sich als „Arbeiter der Verständigung“ mit den östlichen Nachbarn, so der BdV-Präsident. Zentral sei dabei der Austausch mit den dortigen deutschen Minderheiten, das gemeinsame Engagement für ein friedliches und geeintes Europa, die – auch grenzüberschreitende – Arbeit an der Kultur- und Brauchtumspflege sowie die Aufnahme und Eingliederung von Spätaussiedlern in Deutschland.
Wie eng die Zusammenarbeit über Grenzen hinweg sei, zeigt sich auch in der Spendenaktion „Nothilfe für Deutsche aus der Ukraine“. Fabritius dankte für rund 80 000 Euro Spendenaufkommen beim BdV und den Mitgliedsorganisationen und erklärte, dass ein Großteil des Geldes bereits zielgerichtet eingesetzt worden sei. Im Rahmen der Veranstaltung überreichte er dem Vorsitzenden des Rates der Deutschen der Ukraine, Wolodymyr Leysle, einen symbolischen Scheck über weitere 10000 Euro für die vom Krieg betroffenen und notleidenden Landsleute.
Aktuell drängende Probleme gebe es in der Spätaussiedleraufnahme, betonte Dr. Fabritius. Seit etwa einem Jahr würden immer mehr Anträge auf Anerkennung abgelehnt, weil Antragsteller irgendwann in Zeiten des sowjetischen Unrechts nicht mehr der deutschen Minderheit, sondern der Mehrheitsgesellschaft zugeschrieben wurden. Dies werde nunmehr „massenhaft und schematisch vom BVA als Ablehnungsgrund bemüht“, obwohl es sich vielfach eindeutig um Landsleute handele. Daher sei es gut, dass die Bundesinnenministerin Nancy Faeser „im Deutschen Bundestag eine Gesetzesänderung zugunsten der Antragsteller so deutlich in Aussicht gestellt“ habe und dass auch die Bundesbeauftragte für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Natalie Pawlik MdB, sich dieser Bereitschaft angeschlossen habe. Pawlik war zum zweiten Mal persönlich beim BdV-Jahresempfang anwesend. Herzlich willkommen hieß der BdV-Präsident außerdem erstmals den Vorsitzenden der CDU Deutschlands und Vorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Friedrich Merz, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Andrea Lindholz, den Vorsitzenden der zuständigen soziologischen Gruppe der Fraktion, Christoph de Vries, sowie rund 30 Abgeordnete der Unions-Fraktion, denen Fabritius für dieses deutliche Zeichen der Verbundenheit mit dem BdV und seinen Anliegen dankte. Von der SPD begrüßte er insbesondere Rita Hagl-Kehl MdB, die auch Mitglied des BdV-Präsidiums ist. Aus den Landtagen waren etwa Andreas Hofmeister, Vorsitzender des Unterausschusses für Heimatvertriebene und Spätaussiedler im Hessischen Landtag, sowie der Sprecher der CDU-Landtagsfraktion in Niedersachsen für Vertriebene und Aussiedler, André Bock, anwesend.

Quelle: Bund der Vertriebenen
Schlagwörter: BdV, Bernd Fabritius, Bundeskanzler, Scholz, Merz, Rainer Lehni
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